Voodoo Holmes Romane (German Edition)
verständig sind, geht das natürlich nicht mehr. Und Sie hatten Recht in der Sache. Diese Morde sind real, und wir müssen alles daran setzen, einen weiteren Mord zu verhindern.“
Mit diesen Worten erkannte ich meinen Freund in seinem jüngeren Bruder. Er mochte noch grün hinter den Ohren sein, aber er hatte sein Herz am rechten Fleck, wie ich am entschlossenen Zug um seinen Mund erkannte. Holmes zog seine Uhr aus der Tasche. „Es ist viertel vor Vier. Ausreichend Zeit, uns um unsere Hauptverdächtige zu kümmern.“
Wenige Minuten später saßen wir im Nachtclub, der wenige Minuten entfernt war und sahen der Präparatorin beim Geigenspiel zu. Sie saß inmitten ihrer Musikerkollegen, als könne sie kein Wässerchen trüben, zugegebenermaßen eine Schönheit mit ihrem glänzenden hüftlangen schwarzen Haar und den feinen Gesichtszügen.
“Wie alt schätzen Sie sie?“ fragte ich Holmes, der gerade mit großem Appetit ein Schnitzel verspeiste.
“Dreißig?“ mampfte er.
“Was sie wohl darüber denken mag, was in ihrem Gebäude so vor sich geht?“
fragte ich. „Ob sie Angst hat?“
“Glaube ich nicht“, gab er kauend bekannt.
“Aber sie wohnt doch dort, nicht wahr? Und sie ist jung. Die Ungeheuer könnten es doch auch auf sie abgesehen haben.“
Holmes schwieg und speiste.
“Vielleicht hält sie sich deshalb nachts auch hier im Club auf und spielt. Aus Angst. Tagsüber fühlt sie sich im Laden sicher, macht ein Nickerchen auf der Pritsche. Sie ist ein Nachtmensch, oder sollte man besser sagen: Ein Tier der Nacht? Sie hat so etwas Animalisches, meinen Sie nicht?“
Da Holmes keine Antwort gab, fuhr ich fort: „Ich könnte dort nicht schlafen, wenn mich die ganzen Viecher anglotzen, das gestehe ich Ihnen ganz offen.“
Holmes schob den Teller weg. „Sie sollen dort auch nicht schlafen, Watson, sondern wachen. Und das werden wir morgen auch tun. Um Mitternacht.“
Und so geschah es, und in aller Heimlichkeit. Kaum hatte die Präparatorin sich gehen zehn Uhr abends auf den Weg gemacht, verschafften wir uns mithilfe eines Dittrichs Eintritt in das muffige Gelass in der Esse Road. Es war hier dunkel, roch nach Schwarte, Fett und Fleisch. Zwischen den Tierkörpern konnte man auf das Zwielicht der Gasse hinausblicken. Kaum hatten sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnt, erkannte man auch im Inneren des Ladens erste Konturen. Das Herz schlug mir bald bis in den Hals, denn hatte es anfangs hier im Inneren geräuschlos geschienen, vernahm man bald mit zunehmender Nacht Anzeichen von Leben, ein Huschen hier, einen Flügelschlag da. Wir saßen mit gezückten Pistolen auf einem alten staubigen Diwan und starrten in die schwarzen Zwischenräume des Sichtbaren.
“Holmes?“ fragte ich nach einer Weile.
“Watson?“
“Sind das Mäuse, oder Fledermäuse oder was?“
“Harmlose Tiere verursachen Geräusche, Watson“, meinte er, und ich glaubte den Schalk in seine Stimme schleichen zu hören, als er hinzufügte: „Das zählt nicht. Lauschen sollten Sie eher auf die Geräuschlosigkeit eines Raubtieres.“
“Und wie macht man das?“ stammelte ich. Es war da etwas in dem Raum, das mich so beunruhigte, daß ich auf seinen Scherz nicht eingehen konnte.
“Nun, es hat was vom Ballen von Sprungmuskeln“, fuhr er fort. „Eine Form der Vibration im langwelligen Bereich“, sagte er, „wenn du so etwas spürst, dann schieß.“
Wir verbrachten die nächste Zeit bis Mitternacht unter größter Anspannung. Die Minuten tickten dahin. Fern scholl es dann von Big Ben und mir stockte der Atem, als es wie als Antwort darauf völlig lautlos in dem Laden wurde. Das Trippeln verlosch, etwas schien den Atem anzuhalten, und dann fuhr ich zusammen, als dreimal kurz aufeinander die Peitschenschläge von Schüssen aus nächster Nähe erschallten. Kurz
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