Voodoo Holmes Romane (German Edition)
morgens um halb vier auf der Bühne befand, und deshalb auch zu jenen Zeiten, als der Mörder zugeschlagen hatte. Also wandte sich, wie Maddox auf dem Weg hierher erzählt hatte, die Aufmerksamkeit der Ermittler bald der Frage eines Komplizen zu. Es wurden alle Hausparteien verhört, und dabei fiel immer die Frage: „Eine junge Frau wie diese erhält doch Herrenbesuch, nicht wahr?“ Sie wurde von allen verneint. Und auch sonst gab es keine Hinweise auf einen Täter. Die Auskünfte zerfielen in zweierlei Kategorien: Die einen hatten nichts gehört und interessierten sich nicht für die Vorfälle, weil sie selbst schon scheintot waren. Die anderen aber hatten nichts anderes im Kopf, als baldmöglichst aus dem Haus auszuziehen. In letztere Kategorie fielen ausnahmslos auch die Opfer. Alle waren jung gewesen, lebenskräftige Naturen, die nun tragischerweise Tag für Tag bleich und entseelt von aufgebrachten weiteren hellhörigen Jungen gefunden werden mußten hinter eingetretenen Türen. Der erste, ein burschikoser Buchhalter, hatte eben noch gegen Mitternacht mit kreischender Stimme höchste Beunruhigung im hohl tönenden Wabenbau des alten Gemäuers verlauten lassen, da fand man ihn auch schon mit durchgebissener Kehle. Scharfe Zähne mochten das sein, und man nahm automatisch an, es müsse sich beim Mordwerkzeug um ein Tier gehandelt haben, das ihm mit einem wohlgezielten Biss die Halsschlagadern zerfetzte. Aber wenn es so war, wo befand sich dieses Tier nun? Die Polizeibeamten, die mit Schlagstöcken gekommen waren, zogen ihre Pistolen und arbeiteten sich vorsichtig und stückweise unter gegenseitigem Freihalten des Rückens bis in die entlegensten Winkel der Wohnung vor, ohne das Monster zu finden. Man stellte sich einerseits etwas schwarzes Kauerndes, andererseits etwa eine riesige Fledermaus, lauernd zwischen den Kristallen eines Lüsters, vor, aber da war nichts. Die Wohnung war leer. Geschlossene Fenster, versperrte Türen, aufgebrochen von tollkühnen Nachbarn, die immer zu spät kamen, versetzten die Polizeibeamten in fragendes Rätseln. So auch bei jener Dame, die irgendwo als Kellnerin gearbeitet hatte. Man fand sie vor dem Schminktisch auf dem Boden liegend mit schreckverzerrtem Gesicht und aufgerissenen gebrochenen Augen. Erst bei genauerer Betrachtung entdeckte man dann das kleine Doppelloch eines Schlangenbisses im Ausschnitt ihres Kleides auf ihrem weißen Busen. Wie sollte das geschehen sein? fragten sich die Beamten. War die Viper oder irgendein anderes Wesen aus der Mitte des Spiegels hervorgebrochen wie in einem Albtraum, nur um sich in ihrem Rumpf tödlich festzuhaken? Und nun erst jener kleine Vertreter, den man wenige Tage später kopflos auf seinem Bett liegend fand! Welche Kiefer mußten das sein, die sein Haupt glattweg abgebissen hatte! Aber wie konnte ein derartiges Ungeheuer nach dieser schrecklichen Tat spurlos verschwinden durch meterdicke Mauern und doppelt verriegelte Türen? .
Inspektor Maddox, ein nüchterner Charakter, dessen spirituelle Tiefe ans Steinsteirische grenzte, hatte früh einen Schuldigen ausgemacht: Das Mietrecht. Wir hatten uns von der Tierpräparatorin verabschiedet und es mochte eine leichte Ungehaltenheit in die Geste eingeflossen sein, als ich dem jungen Holmes das Zeichen gab, uns zu folgen, jedenfalls schloss er rasch zu uns auf, als wir die Treppe hoch ins erste Stockwerk stiegen und fragte: „Das Mietrecht? Gibt es da eine verborgene Klausel, die dem Vermieter die Ermordung seines Vertragspartners erlaubt?“
Maddox errötete: „Damit wollte ich nur andeuten, daß hier offenbar jemand versucht, mit Brachialmethoden
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