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Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Titel: Voodoo Holmes Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Rieger
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auf die Straße hin­aus­lief, mach­te ich mei­ner Em­pörung mit halb­lau­ten Schimpf­wor­ten Luft. „Kön­nen mir doch ge­stoh­len blei­ben!“ rief ich, und en­ter­te eine Drosch­ke um mich nach Hau­se fah­ren zu las­sen.
    Zwei Tage lang hör­te ich nichts von der Sa­che. Der All­tag kehr­te zu­rück. Als ich ei­nes Nach­mit­tags am La­den vor­bei kam, sah ich die Tier­präpa­ra­to­rin, die, als kön­nen sie kein Wäs­ser­chen trü­ben, tote Tie­re kämm­te. Ich ver­sorg­te mei­ne Pa­ti­en­ten. Ob Sher­lock vom al­ber­nen Be­neh­men sei­nes Bru­ders er­fah­ren hat­te und ob er sich um den Fort­gang der Er­mitt­lun­gen küm­mer­te, wuss­te ich nicht, und es war mir auch gleich­gül­tig. Umso mehr er­schüt­ter­te mich ein An­ruf in den frühen Mor­gen­stun­den zum fol­gen­den Sams­tag. Ich eil­te in Nacht­hemd und Man­tel in die Es­sex Road. Das schwar­ze Ge­bäu­de war un­üb­lich für die Ta­ges­zeit hell er­leuch­tet, und als ich vor­bei an der Men­schen­mas­se Neu­gie­ri­ger, die müh­sam von ei­nem Po­li­zei­kor­don von den obe­ren Stock­wer­ken zu­rück­ge­hal­ten wur­de, ins Trep­pen­haus stürz­te, ver­nahm ich schon in der Höhe ein ent­setz­li­ches Krei­schen nebst pa­ni­schen Flat­ter­ge­räuschen, die von Vö­geln zu stam­men schie­nen. Die be­tref­fen­de Woh­nung, aus der die­se Un­lau­te dran­gen, lag im sieb­ten Ge­schoss und ge­hör­te ei­ner jun­gen Künst­le­rin, die eben erst am Vor­tag in die­sel­be ein­ge­zogen war. Vor­her hat­te hier ein Herr ge­wohnt, des­sen Lei­bes­mit­te von un­be­kann­ten Kräf­ten in die Form ei­nes Uhr­gla­ses zer­quetscht wor­den war. Schon pol­ter­ten die Vor­schlaghäm­mer des Ein­satz­trupps ge­gen die be­fes­tig­te Ein­gangs­tür des Ap­par­te­ments, in dem es längst ru­hig ge­wor­den war. Auch der jun­ge Hol­mes war da, wie ich mit ei­nem Sei­ten­blick re­gis­trier­te. Er lehn­te un­be­rührt von dem Ge­tüm­mel an ei­ner Mau­er und rauch­te eine Zi­ga­ret­te, was ir­gend­wie franzö­sisch wirk­te, beim Jung­volk aber auch in un­se­ren Brei­ten zu­neh­mend üb­lich wird. „Mor­gen, Wat­son“, sag­te er, als ich bei ihm an­ge­kom­men war, atem­los und leicht schwin­delnd, „ma­chen Sie lang­sam, als Arzt kön­nen Sie hier nichts mehr aus­rich­ten.“ Und es stimm­te: Die blut­über­ström­te, un­kennt­lich ge­wor­de­ne Lei­che mit den von un­zäh­li­gen Schna­bel­bis­sen durch­löcher­ten Klei­dern war of­fen­sicht­lich tot. Kein Mensch hät­te die­se Qua­len über­lebt. Der Kopf war nichts mehr als ein blick­lo­ses, flei­schi­ges Et­was, ein haar­lo­ser Schä­del, leer­ge­pickt bis auf die Kno­chen. Ich wand­te mich von dem grau­si­gen An­blick ab, über­kom­men von Übel­keit, und wag­te nicht, durch die Tür in das In­ne­re der Woh­nung zu tre­ten, in der be­helm­te Be­am­te mit über­ge­stülp­ten Ma­schen­draht­kä­fi­gen die Win­kel ab­such­ten wie schon da­mals, als ähn­li­ches Picken von Schnä­beln und Tram­peln wie von Strau­ßen­bei­nen ein ähn­li­ches Fias­ko ne­ben­an in Ap­par­te­ment 723 ver­ur­sacht hat­te. Und wie­der be­wahr­hei­te­te sich auch dies­mal das grau­si­ge Phäno­men: Man fand nicht die ge­rings­te Spur wild­ge­wor­de­ner Tie­re.
Ich stand wie be­täubt da, während mir Hol­mes den Man­tel auf­knöpf­te. Ich blick­te an mir her­un­ter und merk­te, daß ich den obers­ten Knopf mit dem zwei­ten Knopf­loch ver­bun­den und so Rockaufschlä­ge und der gan­ze Man­tel schräg wirk­te. Hol­mes schloss den Man­tel wie­der, als sei ich ein Kind, und bog den Kra­gen mei­nes Nacht­hem­des zu­recht. In sei­nen Au­gen las ich leich­ten Spott, aber es war da auch et­was An­de­res. Ich war über die Ges­te mit dem Man­tel ge­rührt. Er war sei­nem Bru­der gar nicht so un­ähn­lich. Ich merk­te, daß ich mit ihm lang­sam warm wur­de und mein­te: „Ent­schul­di­gen Sie mei­nen Auf­tritt von vor­ges­tern. Ich lag mir fern, Sie be­leh­ren zu wol­len. Ich war auf dem falschen Damp­fer.“
    Er lach­te und gab zu­rück: „Scha­de, daß Sie sich jetzt da­für ent­schul­di­gen. Es mach­te so schön Spaß, Sie ein bis­schen auf­zu­zie­hen, Wat­son, aber wenn Sie so

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