Voodoo Holmes Romane (German Edition)
Mieter zu vertreiben. Schock und Terror, das sind auch im Wirtschaftskrieg die geeigneten Waffen. Cui bono, nicht wahr?“
„ Ja gewiss“, sagte der junge Holmes beflissen.
Ich war mir sicher, daß er diesen Begriff nicht kannte und erklärte: „Cui bono ist Lateinisch und heißt: Wem nützt es? Es ist in der Kriminologie die uralte Frage nach den Interessen des Täters, den Mord zu begehen.“
„ Ah ja“, sagte er und lächelte. Ich verdrehte innerlich die Augen.
Wem nützte es, das war sicherlich die Frage. Den Mietern sicherlich nicht. Wer von ihnen noch nicht tot war, floh, oder war so alt, daß die Natur bald das Werk von selbst vollenden würde. Dann würde ein Mogul hier die Wohnungsparteien vierteln, eine Mietkaserne mit zahlreichen lärmenden Familien errichten und damit seine Gewinne vervielfachen.
“Ja, cui bono, ich verstehe“, sagte Master Holmes, mit Schwung die Treppen nehmend, die wir Älteren mit schwerem Atem hoch krochen, „cui bono auch da unten, eine scharfe Kanaille, die Frau. Die schmeißt den ganzen Landen. Und die hat es auch faustdick hinter den Ohren, ein Cui bono auf jeder Seite und im Doppelpack im Mieder. Ah, prächtig, die Kleine. Und der alte Knacker dem all das gehört, der versucht, ihr zu gefallen. Das kostet natürlich Geld. Und am meisten leiden die anderen darunter.“ Der Tonfall, mit dem er das sagte, war der eines Gassenjungen. Ich glaubte meinen Ohren nicht trauen zu können. Auch Maddox blieb stehen und runzelte die Augenbrauen. „Sie sind also auch der Ansicht, Master Holmes, daß eine Verbindung zwischen jener Dame und dem Eigentümer bestehen könnte, und daß diese Liaison dafür verantwortlich sein könnte ...“
„ Nun, cui bono, nicht wahr?“ unterbrach er. „Die uralte Frage der Kriminologie. Ist doch klar.“
„ Es gibt noch andere Möglichkeiten, Holmes“, versuchte ich, meine Kritik in milde Worte zu fassen.
„ Es sind gewissermaßen Cui-Bono-Tiere, die im lebenden Zustand die Menschen zerfleischen, danach getötet und ausgestopft werden, und keiner merkt was davon“, führte Holmes aus. „Ist doch klar.“
Ein merkwürdiges, etwas depressives Gefühl stieg in mir hoch. Konnte es sein, daß mein Freund, der große Sherlock Holmes, einen behinderten Bruder hatte? Er schien sich des Ernstes der Lage nicht bewusst zu sein. Andererseits hatte ich Sherlock versprochen, meine Erfahrung zur Verfügung zu stellen und den jungen Holmes auszubilden. Also wandte ich mich an den Inspektor: „Gut, Maddox, tatsächlich scheinen hier Raubtiere ihr Unwesen zu treiben, und wir haben unten tote Raubtiere, die ausgestopft werden. Wenn der Mörder sie zuvor in den oberen Stockwerken losgelassen haben sollte, stellte sich vor allem die Frage, wie er sie nach vollbrachter Tat wieder einfängt.“
“Das kriegen wir auch noch aus ihm heraus“, meinte Maddox mit einem Grinsen in die Richtung des jungen Holmes. „Sie kennen unsere Verhörmethoden. Mit Flötenspiel, vermute ich. Eine hypnotisierende Melodie, unter der sie sich zusammenrollen, um dann bequem eingesammelt zu werden.“
Hatte er schon von dem Vorfall in Sherlocks Räumen, von meiner Ohnmacht gehört? Ich merkte, wie mir die Ohren zu summen begannen im Gedanken, daß er sich über mich belustigte. Hinzu kam nun, daß der junge Holmes unverhohlen grinste, und Maddox wie ein Verschwörer zuzwinkerte. Und diesem schien das noch zu gefallen, er solidarisierte sich mit ihm sogleich und blies die Backen auf, als er sich ungesehen glaubte, während ich irritiert zwischen beiden hin und her schaute.
„ Wenn das so ist, dann habe ich Besseres zu tun, als mich an Orten aufzuhalten, an denen ich unterwünscht bin“, stieß ich hervor, drehte mich um und lief die Treppe hinab. Als ich
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