Voodoo Holmes Romane (German Edition)
Häscher des Strein zur Sünnitz“, spuckte ich aus.
„ Das ist möglich. Es ist ja schon ziemlich verdächtig, daß er ein Empfehlungsschreiben vorlegt, in dem mich der englische Botschafter, der mich persönlich gar nicht kennt, mit cher ami anspricht. Ein blaublütiger Brite benutzt doch keine französischen Floskeln. Andererseits sollte man kein primitiven Vorurteile gegen Briten hegen, noch gegen Österreicher. Selbst so ein Graf Ueberdank könnte ein wirklich guter Mensch sein. So ist das manchmal. Aber ich glaube, er erzählte zumindest zwei Lügen. Die eine war die, nichts Näheres über Lord Cumberton zu wissen, der vielleicht stärker in das Ganze verwickelt war als vermutet. Und die zweite jene, daß er den Eismann nicht kennen will. Beides sind Figuren, die in irgendeiner Weise mit dem Strein zusammenhängen.“
„ Und wie wollen Sie nun weiter verfahren, Holmes?“
„ Wir werden beobachtet, soviel ist klar. Das heißt, daß wir das Lockvogelspiel mit Elin, die wir meinetwegen auch ruhig fortan Fräulein Bleibtreu nennen können, aufgeben müssen. Ich hoffte, daß sie Ihnen Intimkenntnisse jenes Ungeheuers vermitteln könnte, den sie einen Gott nennt, und daß unser Zauberspiel mit den Puppen uns über kurz oder lang diesen Gott in die Fänge lockt. Eifersucht ist ein starkes Moment. Über den Erfolg unserer Mission wird entscheiden, ob es uns gelingt, zu beobachten, ohne beobachtet zu werden. Das heißt, wir müssen uns verkleiden.“
Als wir in das Hotel zurückkehrten, erwartete uns eine Überraschung. Auf dem Tisch des Salons stand ein Gefäß, das mich in seiner Form sogleich an etwas erinnerte. Holmes schien den gleichen Gedanken zu haben. Er nahm es in die Hand und strich vorsichtig über die Oberfläche. Das Gefäß hatte die Größe und die Form der Amphore, doch es war weit kostbarer, nicht aus Ton gebrannt, sondern offenbar aus Gold getrieben. Ein konischer Deckel bildete den oberen Teil. Es schien sich um einen jener Becher zu handeln, wie er in der christlichen Kirche benutzt wird für den Wein, das „Blut Christi“.
„ Zwei Gefäße“, sagte Holmes ratlos. „sollte dieses auch hier ägyptischer Herkunft sein?“
„ Dann hat es Elin gebracht“, konstatierte ich.
„ Nachdem wir wissen, daß die Amphore einen besonderen Inhalt hatte“, spekulierte Holmes, „von großem Alter war und mit geheimnisvollen Kräften behaftet, würde ich auch diesem Kelch eine ähnliche Bedeutung zumessen. Es könnte sich zum Beispiel um den Heiligen Gral handeln“, meinte Holmes.
Mich überkam Schwindel. „Ein Kultgegenstand aus der Frühzeit unserer europäischen Kultur? Ein uralter, womöglich Jahrtausende alter, bedeutsamer Kelch? Der Kelch von Thule?“
„ Ja, oder eben der heilige Gral aus der christlichen Überlieferung“, meinte Holmes. „Das wäre auch wahrscheinlicher, denn die Gleichheit der Form deutet doch auf eine räumliche Nahebeziehung zum Orient oder Afrika. Die Frage wäre also: Aus welcher Epoche stammt er? Und zweitens: Welche Bedeutung hatte er damals? Was wurde daraus getrunken? Ist es ein Kultgegenstand oder ein Gebrauchsgegenstand? Welche Kräfte wohnen in ihm? All das wird uns Samuel B. Heerwald beantworten können. Wir werden dieses Gefäß mit nach London nehmen.“
Wir klingelten nach der Bedienung. Es war ein älterer Stubendiener, der kurz darauf im Salon erschien. Nach der Herkunft des Kelchs befragt, gab er an, ihn zwischen den Kissen in meinem Bett aufgefunden zu haben. Während ich errötete, schickte ihn Holmes weg und schwieg erst diskret, bis ich das Wort aussprach: „Also war es Elin.“
„ Ja. Und warum hat sie Sie mit diesem Kelch bedacht, Watson? War es so etwas wie der Preis für die Nacht, die sie mit Ihnen verbringen
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