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Voodoo

Voodoo

Titel: Voodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stone
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angeführt von Verité, die von ihrem Vater gestützt wurde. Die anderen Steinewerfer kamen aus der Dunkelheit und stellten sich im Kreis um die am Boden liegenden Männer auf.
    Sekunden später drangen die Geräusche von Schlägen und Tritten, Hieben und Stichen aus dem Kreis. Max hörte einige wenige Schmerzensschreie, doch nach Vejas Geheul, das noch klar und deutlich in seinem Kopf widerhallte, kamen ihm die eher belanglos vor.
    Die Menge stürzte sich auf die Männer, alle ließen ihrem Hass freien Lauf, ergingen sich in blanker Rache, bis sie nicht mehr konnten.
    Als sie davontaumelten, ließen sie eine zerstampfte, blutrote Masse zurück, einen glänzenden, zähflüssigen See der Rache.
    Einer von Pauls Leuten ging herum und jagte Kugeln in die Köpfe, die noch intakt waren.
    Paul wandte sich an den Fahrer.
    »Jetzt zu dir. Ich will, dass du in deine Kaserne in Port-au-Prince zurückkehrst und allen erzählst, was hier passiert ist. Fang mit deinen Freunden und Kollegen an, dann geh zu eurem höchsten Offizier. Sag ihnen, dass ich dafür verantwortlich bin, Vincent Paul. Kapiert?«
    Der Mann nickte, seine Zähne klapperten.
    »Und wenn du ihnen erzählst, was passiert ist, richte ihnen das von mir aus: Wenn irgendwer von euch jemals wieder auch nur eine einzige unserer Frauen und Kinder vergewaltigt oder ihnen Schaden zufügt, werden wir euch töten – und zwar genau so«, sagte er und zeigte auf die blutigen Leichenteile. »Und wenn einer von euch auf Rache aus ist und unseren Leuten auflauert, wird es zu einem Volksaufstand kommen, und wir werden jeden Einzelnen von euch massakrieren. Und das ist keine Drohung – es ist ein Versprechen. Und jetzt verpiss dich.«
    Sehr langsam ging der Fahrer los, mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern, er war unsicher auf den Beinen, als hätte er seit sehr langer Zeit keinen Schritt mehr getan und rechnete damit, dass seine Knie einfach nachgaben. Er legte einige Meter zwischen sich und den Ort des Geschehens, dann sprintete er los und verschwand in der Dunkelheit wie ein Mann, der Feuer gefangen und gerade voraus einen See entdeckt hatte.
    Paul gesellte sich zu der Familie.
    Max konnte sich nicht von der Stelle rühren. Er war starr vor Schock und Entsetzen, sein Verstand von inneren Konflikten paralysiert. Vergewaltiger konnte er nur verachten, und theoretisch – bis zu dem Moment, als es tatsächlich passiert war – wäre er mit allem einverstanden gewesen, was Paul getan hatte.
    Natürlich war die Tat der Soldaten schrecklich und ihre offizielle »Bestrafung« ein Witz, eine Beleidigung des Opfers, aber der Gerechtigkeit war mit Pauls Tun auch nicht gedient. Das Mädchen hatte ihre Unversehrtheit und ihre Unschuld nicht zurück, nur die Genugtuung zu wissen, dass die Vergewaltiger bestraft worden waren und dass sie vor ihrem Tod gelitten hatten. Aber was würde ihr das in einem Jahr noch nützen, oder ein Jahr später? Was nützte es ihr jetzt?
    Und natürlich würde Pauls Strafaktion ihre abschreckende Wirkung nicht verfehlen, zumindest hier in Haiti. Aber wenn die UN-Truppen an den nächsten Ort zogen, würden sie dort genauso weitermachen, in einem anderen Land, in dem sie den Frieden sichern sollten.
    Besser und verantwortungsvoller wäre es gewesen, wäre Paul mit der Sache an die Medien gegangen, hätte einen großen Skandal daraus gemacht und die UN gezwungen, die Soldaten zur Verantwortung zu ziehen und deutlich zu machen, dass solche Vorgänge inakzeptabel waren.
    Doch dann dachte Max an Sandra und fragte sich, was er an Pauls Stelle getan hätte. Die Kerle festnehmen und ein Jahr darauf warten, dass ein Richter sie vielleicht zu fünfzehn Jahren bis lebenslänglich verurteilte, wenn die Beweise ausreichten? Nein, natürlich nicht. Er hätte die Schweine mit bloßen Händen kastriert, genau wie Paul es getan hatte.
    Worüber zerbrach er sich da eigentlich den Kopf? Paul hatte recht. Was kümmerte es ihn, was die UN-Soldaten anderswo trieben? Das hier war sein Land, es waren seine Leute. Das war alles, was ihn interessierte.
    Fair Play . Scheiß auf die Dreckschweine.
    Max schlich zurück zum Wagen und fuhr davon.

29
    Das Nachtleben von Pétionville, sofern man es so nennen wollte, war in vollem Gange, als Max auf der Hauptstraße Richtung Marktplatz fuhr. Die Türen einiger Bars und Restaurants standen weit offen, und die Schilder waren beleuchtet, um zu zeigen, dass geöffnet war. Drinnen saß kaum jemand.
    Max brauchte etwas zu trinken und Menschen

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