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Voodoo

Voodoo

Titel: Voodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stone
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Haupthauses statt, mit Blick in den Garten und die dichten Baumreihen dahinter. Bis auf den Tisch und die Stühle für Chantale und ihn war der Raum leer. Max dämmerte ziemlich schnell, dass die Einrichtung bewusst gewählt war, damit der im Haus herrschende gesellschaftliche Kodex nicht ins Wanken geriet: Dienstboten hatten zu stehen, wenn sie angesprochen wurden. Und so verlegte sich Max darauf, jedem einzelnen Befragten seinen Stuhl anzubieten. Alle, von den ganz Alten bis zu den ganz Jungen, lehnten höflich ab und dankten ihm für seine Freundlichkeit, und alle schickten sie einen kurzen ängstlichen Blick hinauf zu dem einzigen Gemälde im Raum: einem aktuellen Ölgemälde von Gustav, der in beigefarbenem Anzug mit schwarzer Krawatte über Max’ Schulter hinweg finster auf sie herabschaute. An seiner Seite saß an einer dicken Lederleine eine Bulldogge von der gleichen Farbe wie Gustavs Anzug, ihr Kopf und ihre Miene zeigten mehr als eine flüchtige Ähnlichkeit mit dem fratzenhaften Antlitz ihres Herrchens.
    Die Dienstbotenschaft der Carvers ließ sich grob in die Bereiche Küche, Putzen, Handwerkliches, Garten und Wachdienst aufteilen. Die allermeisten arbeiteten direkt für Gustav. Allain und Francesca hatten ihren eigenen Hofstaat.
    Alle Gespräche verliefen nach dem gleichen Muster. Als Erstes nahm sich Max die Angestellten des Alten vor. Er fragte sie nach ihrem Namen, was genau sie taten, mit wem sie zusammenarbeiteten, wie lange sie schon im Haus waren, wo sie am Tag der Entführung gewesen waren und ob sie in den Wochen vor der Entführung irgendetwas Verdächtiges gehört oder gesehen hatten. Bis auf die Namen, Aufgabenbereiche und Dienstzeiten bekam er weitgehend ähnliche Antworten. Am 4. September 1994 waren sie alle mit mehreren anderen zusammen oder in Sichtweite anderer in Haus oder Garten beschäftigt gewesen.
    Auf seine Fragen nach Eddie Faustin erfuhr er, dass der Leibwächter augenscheinlich als vollkommen Fremder ihr Leben durchwandert hatte. Alle erinnerten sich sehr gut an ihn, aber keiner wusste viel über ihn zu berichten. Sie kannten ihn nur vom Sehen. Gustav Carver hatte verboten, dass die Hausangestellten irgendwelche persönlichen Kontakte zu den Sicherheitskräften unterhielten. Und selbst wenn sie sich mit Faustin hätten anfreunden wollen, hätte es dazu so gut wie keine Gelegenheit gegeben, weil er praktisch den ganzen Tag außer Haus verbracht hatte. Auch nach Beendigung seiner Schichten hatten sie ihn kaum gesehen, weil er nicht wie die anderen in den Dienstbotenunterkünften gewohnt hatte, sondern in den ehemaligen Stallungen, die dem wichtigsten Personal vorbehalten waren.
    Die Angestellten waren einander so ähnlich – ihr Lächeln, ihr gutwilliges, respektvolles Auftreten –, dass sich Max nur schwer an sie erinnern konnte, sobald sie den Raum verlassen hatten und der nächste vor ihm stand.
    Um die Mittagszeit legten sie eine Pause ein, und man brachte ihnen Essen: gegrillten Fisch, der so frisch war, dass er nach Meer schmeckte, und Salat aus Tomaten, roten Bohnen und roten und grünen Paprika.
    Als sie fertig waren, läutete Chantale die Glocke, die man ihnen mit dem Essen gebracht hatte. Die Dienstmädchen kamen herein und räumten ab.
    »Ich wollte Sie noch nach der Arche Noah fragen«, sagte Max zu Chantale, als er sein Notizbuch nach einer freien Seite durchblätterte und dabei auf den Namen stieß.
    »Fragen Sie die nächste Person, die reinkommt«, antwortete sie schroff. »Die wissen mehr darüber als ich. Sie kommen alle von da.«
    Und genau das tat er. Als Nächstes waren die Angestellten von Allain und Francesca an der Reihe. Die Arche Noah, erfuhr er, war eine Waisenschule in Port-au-Prince, die von den Carvers betrieben wurde. Die Familie rekrutierte dort nicht nur ihre Hausangestellten, sondern praktisch alle, die für sie arbeiteten.
    Max’ neue Gesprächspartner waren auffallend anders als Gustavs Angestellte: Sie verfügten über eine klar erkennbare Persönlichkeit.
    Und sie redeten über Faustin. Sie berichteten, ihn dabei beobachtet zu haben, wie er Francescas Müll durchwühlt und Sachen aus den Abfalleimern an sich genommen und in sein Zimmer gebracht hatte. Als das Zimmer nach seinem Verschwinden ausgeräumt worden war, hatte man dort eine Voodoo-Puppe gefunden, die er aus ihrem Haar, ihren Fingernägeln, Kosmetiktüchern, alten Lippenstifthülsen und Tampons gemacht hatte. Einige erzählten Max, sie hätten gerüchteweise gehört, der

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