Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Voodoo

Voodoo

Titel: Voodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stone
Vom Netzwerk:
für einen Elefantenspielplatz.
    Keiner von beiden sagte ein Wort. Sie musterten einander, Paul lehnte sich in seinem Stuhl zurück, sodass kein Licht mehr in seine Augen fiel.
    Die Stille dehnte sich aus und verfestigte sich. Von draußen war kein einziger Laut zu hören. Vermutlich war der Raum schalldicht. An einer Wand stand ein langes Sofa mit einem Haufen Kissen, daneben auf dem Fußboden ein Buch, aufgeschlagen und mit den Seiten nach unten. Das Sofa war so breit wie ein Bett. Im Geiste sah er Paul dort liegen und lesen, ganz vertieft in eines der vielen gebundenen Bücher aus seinem Regal.
    Das Zimmer hatte mehr Ähnlichkeit mit einem Museum als mit einem Büro oder Arbeitszimmer. An einer Wand hing eine gerahmte haitianische Flagge, sie war zerfleddert und dreckig, im weißen Zentrum war ein Brandloch zu sehen. Gegenüber ein vergrößertes Schwarzweißfoto von einem großen, kahlköpfigen Mann im dunklen Nadelstreifenanzug, der einen kleinen Jungen an der Hand hielt. Beide schauten mit geradem, fragendem Blick in die Welt, besonders der Junge. Hinter ihnen, unscharf, der Präsidentenpalast.
    »Ihr Vater?« Max zeigte auf das Foto. An den Augen erkannte er, dass sie verwandt waren, auch wenn der Vater sehr viel heller war als sein Sohn. Er hätte auch für einen Italiener durchgehen können.
    »Ja. Ein bemerkenswerter Mann. Er hatte Visionen für dieses Land«, sagte Paul und fixierte Max mit einem Blick, den dieser mehr spüren als sehen konnte.
    Max stand auf und trat vor das Bild, um es von Nahem zu betrachten. Das Gesicht des Vaters hatte etwas sehr, sehr Vertrautes. Vater und Sohn waren gleich gekleidet. Keiner von beiden lächelte. Sie sahen aus, als seien sie gerade eilig zu einem wichtigen Termin unterwegs und hätten nur aus Freundlichkeit angehalten, um fürs Foto zu posieren.
    Max war sich sicher, Perry Paul schon einmal gesehen zu haben, ganz sicher. Nur wo?
    Er ging zurück zu seinem Platz. Ein Gedanke setzte sich in seinem Kopf fest, den er als unmöglich verwarf, der aber sofort wiederkam.
    Vincent Paul beugte sich vor, er lächelte, als hätte er Max’ Gedanken gelesen. Endlich fiel ihm das Licht in die Augen, die von einem hellen Haselnussbraun mit einem Hauch Orange darin waren – überraschend sensible, schöne Augen.
    »Ich werde Ihnen jetzt etwas erzählen, was ich Ihren Vorgängern nicht erzählt habe«, sagte Vincent ruhig.
    »Was?«, fragte Max, und ein kalter Schauer der Erwartung lief ihm über den Rücken.
    »Ich bin Charlie Carvers Vater.«

45
    »Die Frau, die Sie als Francesca Carver kennen, hieß früher einmal Josephine Latimer«, sagte Vincent. »Francesca ist ihr zweiter Vorname. Der Rest kam später. Ich habe sie in England kennengelernt, in Cambridge, das war Anfang der Siebziger. Ich habe damals in Cambridge studiert. Josie lebte dort mit ihren Eltern. Ich habe sie eines Nachts in einem Pub kennengelernt. Ich habe sie zuerst gehört und dann erst gesehen: Sie hat gelacht, ihr Gelächter hat den ganzen Laden ausgefüllt. Ich habe mich umgeschaut, von wem das Lachen kam, und da hat sie mich direkt angesehen. Sie sah umwerfend aus.«
    Vincent lächelte, als er aus seinen Erinnerungen erzählte. Er hatte den Kopf leicht nach hinten gelehnt und schaute mehr zur Decke als zu Max.
    »Und Sie haben ihr geholfen, das Land zu verlassen, damit sie nicht wegen fahrlässiger Tötung und Fahrerflucht in den Knast musste. Ich weiß«, fiel Max ihm ins Wort. »Die Frage ist nur: Wo ist er hin? Der Retter der Dame in Not? Der Mann, der der Liebe wegen sein Leben weggeworfen hat?«
    Mit dieser Frage hatte Paul nicht gerechnet.
    »Ich habe mein Leben nicht weggeworfen«, entgegnete er.
    »Sie würden das Gleiche noch mal machen?«
    »Sie etwa nicht?« Paul lächelte.
    »Ein klein bisschen Reue ist ganz gesund«, sagte Max. »Warum hassen Sie die Carvers?«
    »Nur Gustav.«
    »Was macht Allain besser?«
    »Er ist nicht sein Vater«, sagte Paul. »Nachdem Josie und ich in Haiti angekommen waren, sind wir zum Haus meiner Familie in Pétionville gefahren. Wir lebten in einem großen Anwesen oben in den Bergen. Ich hatte niemandem erzählt, dass ich kommen würde, sicherheitshalber.
    Als wir ankamen, war alles auf Anweisung von Gustav Carver mit dem Bulldozer dem Erdboden gleichgemacht worden: fünf große Häuser, eines von meinem Vater praktisch mit den eigenen Händen erbaut. Mein Vater schuldete ihm Geld. Gustav hat seine Schulden eingetrieben – und wie.«
    »Ganz schön extrem«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher