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Voodoo

Voodoo

Titel: Voodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stone
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zurück in die Luft.
    In Haiti war der Regen mehr wie ein Überfall.
    Der Himmel wurde praktisch schwarz, während dicke Gewitterwolken ihre Regenlast über Port-au-Prince niedergehen ließen. Die Stadt wurde bis auf die Grundmauern durchnässt und die knochentrockene Erde in wenigen Sekunden in fließenden Schlamm verwandelt.
    Nach kürzester Zeit waren die Gullys übergelaufen und rülpsten Abfall zurück auf die Straßen, auf denen das schwarzbraune Wasser strömte. Die Wasserbehälter auf den Dächern der Häuser liefen bis obenhin voll und flossen über oder brachen ganz einfach aus ihren rostigen Verankerungen heraus und stürzten zu Boden. Der Strom fiel aus, kam wieder und fiel wieder aus, Rohre platzten, Blätter, Früchte und sogar Rinde wurden von den Bäumen gepeitscht, ein Dach knickte ein. Hilflos und in Panik stießen die Menschen mit nicht minder verwirrten und verängstigten Haustieren, Vieh und streunenden Hunden und Katzen zusammen. Dann kamen die Ratten. Zu Hunderten wurden sie aus ihren Löchern geschwemmt und in einer großen, stinkenden, krankheitsverseuchten Welle Richtung Hafen gespült. Sie quiekten vor Angst und Panik. Gewaltige Donnerschläge rissen krachend Löcher in die Atmosphäre, Blitze erhellten die überschwemmten Straßen voller Schlamm und Kot und Ratten für einen kurzen Moment, bevor sie alles wieder in Dunkelheit tauchten, als wäre es nur Illusion gewesen.
    Dann war es vorbei. Max beobachtete, wie der Sturm aufs Meer hinauszog.
    Eloise Krolak verließ die Arche Noah erst nach 18:30 Uhr, sie wurde von einem silbernen Mercedes-Geländewagen mit getönten Scheiben abgeholt.
    Max folgte dem Wagen durch die Stadt und den Berg hinauf nach Pétionville. Inzwischen war es dunkel, und es herrschte dichter Verkehr.
    Sie reihten sich in einen langen Neonstreifen aus roten Rücklichtern ein und kamen nur noch im Schritttempo voran, Max lag vier Wagen zurück.
    Die Gegenspur war praktisch frei. Kaum jemand schien um diese Uhrzeit in die Hauptstadt zu fahren.
    Nur die UN-Truppen.
    Ein Konvoi patrouillierte aus der Gegenrichtung an dem Stau vorbei: zwei Jeeps, gefolgt von einem LKW, danach, etwas langsamer, noch ein Jeep, dessen Insasse mit einer Taschenlampe in die stehenden Autos leuchtete.
    Der Lichtstrahl traf Max. Er blickte stur geradeaus, die Hände auf dem Lenkrad.
    Er hörte, wie der Jeep anhielt.
    Dann klopfte jemand an seine Scheibe.
    Max hatte seinen Pass nicht dabei, nur die American-Express-Karte in der Brieftasche.
    » Bonsoir , Monsieur «, sagte der UN-Soldat. Blauer Helm, Uniform, junges, weißes Gesicht. Er hatte Max auf Französisch angeredet.
    »Sprechen Sie Englisch?«, fragte Max.
    Der Soldat hielt den Atem an.
    »Name?«, fragte er.
    Max nannte seinen Namen. Er hatte den Nachnamen kaum zu Ende gesagt, da hatte der Soldat schon die Waffe gezogen und auf seinen Kopf gerichtet.
    Er musste aussteigen. Kaum war er draußen, wurde er von einem halben Dutzend Männer umringt, die mit ihren Gewehren auf seinen Kopf zielten. Er hob die Hände. Er wurde durchsucht, sie nahmen ihm die Waffe ab und führten ihn im Polizeigriff an den Straßenrand, wo die drei Jeeps und der LKW standen. Max bekundete lautstark seine Unschuld und schrie, sie sollten Allain Carver anrufen oder die amerikanische Botschaft.
    Dann spürte er einen Stich im linken Unterarm und sah dort eine Spritze stecken. Der Kolben wurde nach unten gedrückt, eine klare Flüssigkeit in seinen Arm gepresst, an seinem Ohr zählte jemand von zehn bis null.
    Dann begriff er: Endlich würde er Vincent Paul begegnen.
    Er fragte sich, welchen Körperteil Paul ihm wegnehmen oder so manipulieren würde, dass er nicht mehr so funktionierte wie zuvor.
    Eigentlich hätte er sich Sorgen machen müssen. Aber das Zeug, das sie ihm verabreicht hatten, hatte eine segensreiche Wirkung. Er hatte keine Angst. Was immer es sein mochte, es war ein wunderbarer Stoff.

Vierter Teil

44
    »Wie geht es Ihnen?«, fragte Vincent Paul, nachdem er ihm mit einer Geste bedeutet hatte, im Sessel vor seinem Schreibtisch Platz zu nehmen. Sie waren in Pauls Arbeitszimmer: angenehm klimatisiert, an den Wänden Bücherregale, gerahmte Fotografien und Flaggen.
    »Wo bin ich?«, fragte Max mit krächzender Stimme zurück.
    Zwei Tage hatte er in dem fensterlosen Raum verbracht, in dem er aufgewacht war, nachdem die Wirkung der Droge nachgelassen hatte. Sein erstes Gefühl war Panik gewesen: Er hatte seinen ganzen Körper nach fehlenden Teilen, Narben oder

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