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Vor aller Augen

Titel: Vor aller Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patterson James
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nicht vorstellen.«
    Ich nickte. »Sind Ihnen irgendwelche Männer oder Frauen hier aus der Gegend aufgefallen, die ein ungewöhnliches Interesse an Ihrer Frau gezeigt haben? Ein langjähriger Verehrer? Jemand, der möglicherweise besessen war? An diesem Bereich der Privatsphäre bin ich interessiert. Ferner an jedem scheinbar unwichtigen Detail, das Ihnen aufgefallen ist. Haben Sie bemerkt, dass jemand Ihre Frau beobachtet hat? Haben Sie irgendwelche Gesichter häufiger als sonst gesehen? Lieferanten? Paketboten oder sonstige Dienstleister? Nachbarn, die aus irgendeinem Grund verdächtig sind? Arbeitskollegen? Sogar Freunde, Bekannte, die Mrs. Connolly verehrten?«
    Brendan Connolly nickte. »Ich verstehe, worauf Sie hinauswollen.«
    Ich blickte ihm in die Augen. »Hatten Sie in letzter Zeit Streit mit Ihrer Frau?«, fragte ich. »Wenn ja, muss ich das wissen.«
    Plötzlich wurden Brendan Connollys Augenwinkel feucht. »Ich habe Lizzie in Washington kennen gelernt, als sie noch bei der Post und ich Teilhaber in der Kanzlei von Tate Schilling war. Es war Liebe auf den ersten Blick. Wir haben fast nie gestritten, kaum je die Stimme erhoben. Das ist wirklich so. Agent Cross, ich liebe meine Frau. Und ihre Töchter lieben sie auch. Bitte, helfen Sie uns, sie heimzubringen. Sie müssen Lizzie finden.«

15
    Der moderne Pate. Ein siebenundvierzigjähriger Russe, der jetzt in Amerika lebte und als der Wolf bekannt war. Man erzählte sich, dass er keinerlei Angst kenne und die Finger in allem habe, von Waffenhandel, Erpressung und Drogen bis hin zu legalen Geschäften wie Banken und Spekulationsobjekten. Niemand schien seine wahre Identität oder seinen amerikanischen Namen zu kennen. Niemand wusste, wo er lebte. Clever. Unsichtbar. Sicher vor dem FBI – und vor jedem, der nach ihm suchte.
    Er war Mitte zwanzig gewesen, als er den KGB verlassen hatte und zu einem der skrupellosesten Führer der russischen Mafia geworden war. Sein Namensvetter, der sibirische Wolf, war ein erfahrener Jäger, der allerdings auch gnadenlos gejagt wurde. Der Sibirier war ein schneller Läufer und vermochte selbst deutlich größere Tiere zur Strecke zu bringen – aber man jagte ihn wegen seines Bluts und seiner Knochen. Der menschliche Wolf war ebenfalls ein Jäger, der gejagt wurde – abgesehen davon, dass die Polizei keinen blassen Schimmer hatte, wo sie ihn jagen sollte.
    Unsichtbar. Tatsächlich versteckte er sich, wo ihn jeder sehen konnte. An einem schwülen Abend veranstaltete der Mann, der sich Wolf nannte, eine Riesenparty in seiner über zweitausend Quadratmeter großen Villa am Meeresufer in Fort Lauderdale, Florida. Anlass war der Start seiner neuen Männerzeitschrift Instinkt , die Maxim und Stun Konkurrenz machen sollte.
    In Lauderdale kannte man den Wolf als Ari Manning, einen reichen Geschäftsmann, der ursprünglich aus Tel Aviv stammte. In anderen Städten bediente er sich anderer Namen. Viele Namen, viele Städte.

    Er schlenderte gerade durch sein Herrenzimmer, wo sich ungefähr zwanzig seiner Gäste auf mehreren Fernsehschirmen ein Footballspiel anschauten. Einige Footballfans beugten sich über einen Computer mit einer statistischen Datensammlung. In einem Eisblock stand eine Flasche Stolichnaya. Der Wodka im Eis war das einzige russische Versatzstück, das er sich gestattete.
    Mit einsfünfundachtzig und hundertacht Kilo bewegte sich dieser Wolf so geschmeidig wie ein großes, starkes Raubtier. Er ging zwischen seinen Gästen umher, immer lächelnd und scherzend. Dabei war er sich bewusst, dass niemand im Raum begriff, weshalb er lächelte. Keiner dieser so genannten Freunde oder Geschäftspartner hatte eine Ahnung, wer er war.
    Sie kannten ihn als Ari, nicht als Pasha Sorokin – und schon gar nicht als den Wolf. Sie hatten keinen blassen Schimmer von den illegalen Diamanten, die er in Sierra Leone kaufte, und auch nicht von den Tonnen Heroin aus Asien, den Waffen und den Jets, die er den Kolumbianern verkaufte, oder den weißen Frauen, welche die Saudis oder Japaner kauften. Im Süden Floridas war er dafür bekannt, gesellschaftlich und geschäftlich ein Einzelgänger zu sein. Heute waren über hundertfünfzig Gäste bei ihm, aber er hatte Essen und Getränke für die doppelte Menge bestellt. Er hatte den Chef vom Le Cirque 2000 in New York einfliegen lassen, dazu einen Sushi-Koch aus

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