Vor aller Augen
waren. Sie standen im Verdacht, russische und andere osteuropäische
Frauen zum Zweck der Prostitution ins Land zu schleusen, und dass diese darüberhinaus Kinder zur Welt brachten, welche dann an reiche Paare verkauft wurden.
Agenten aus dem New Yorker Büro waren überall am Tatort auf Long Island. Fotos der beiden Opfer wurden den Studenten gezeigt, welche die Connolly-Entführung gesehen hatten, und auch den Kindern von Audrey Meek. Sie hatten das Paar als die Entführer identifiziert. Ich fragte mich, weshalb die Leichen einfach so im Haus liegen gelassen worden waren. Als abschreckendes Beispiel? Für wen?
Ich traf mich mit Monnie Donnelley regelmäÃig um sieben vor meinem täglichen Orientierungsunterricht. Wir analysierten die Long-Island-Morde. Monnie trug alles zusammen, was sie über das Ehepaar finden konnte, ebenso über andere russische Kriminelle, die in den Vereinigten Staaten arbeiteten, die so genannte Russenmafia. Sie hatte einen heiÃen Draht zur Abteilung Organisiertes Verbrechen im Hoover Building und zur Russenmafia-Einheit im New Yorker Büro des FBI.
»Ich habe wunderbare Bagels aus Washington mitgebracht«, sagte ich, als ich am Montag um zehn nach sieben ihr Büro betrat. »Die besten der Stadt, jedenfalls laut Zagat. Sie scheinen nicht übermäÃig begeistert zu sein.«
»Sie sind zu spät«, erwiderte Monnie kühl, ohne vom Bildschirm aufzublicken.
»Diese Bagels sind es wert«, sagte ich. »Glauben Sie mir.«
SchlieÃlich schaute sie mich an und lächelte. Ein liebenswertes Lächeln, das es wert war, darauf zu warten. »Sie wissen, dass ich das nicht ernst meine, oder? Ich spiele nur die toughe Agentin, Alex. Her mit den Bagels.«
Ich lachte. »An den Humor von Cops bin ich gewöhnt.«
»Oh, ich fühle mich geehrt«, murmelte sie und blickte wieder auf den Bildschirm. »Er hält mich für einen Cop,
nicht nur für eine Bürostute. Wissen Sie, dass man mich bei den Fingerabdrücken hat anfangen lassen? Absoluter Tiefpunkt.«
Ich mochte Monnie, aber ich hatte das Gefühl, dass sie eine Menge Unterstützung brauchte. Ich wusste, dass sie seit zwei Jahren geschieden war und an der Maryland Kriminologie studiert hatte. Dort hatte sie auch noch einer anderen interessanten Leidenschaft gefrönt: Kunst. Monnie nahm immer noch Unterricht im Zeichnen und Malen und selbstverständlich war da die Collage in ihrem Büro.
Sie gähnte. »Entschuldigung. Ich habe mit den Jungs gestern Abend Alias angeschaut. GroÃmutter wird Probleme haben, sie heute zu wecken.«
Monnies Familienleben war eine weitere Gemeinsamkeit. Sie war allein erziehende Mutter mit zwei kleinen Kindern und einer GroÃmutter, welche die Kinder abgöttisch liebte und nur einen Block weiter wohnte. Die GroÃmutter war die Mutter ihres Ex-Manns, was einiges über diese Ehe aussagte. Jack Donnelley hatte an der Maryland University Basketball gespielt. Dort hatten er und Monnie sich kennen gelernt. Er war auf dem College ein starker Trinker gewesen, und nach der Graduierung war es sogar noch schlimmer geworden. Monnie sagte, er habe sich nie davon erholt, dass er in der Highschool der Champion und bei den Maryland Terrapins nur irgendein Verteidiger war. Monnie war einsfünfzig groà und meinte scherzhaft, sie hätte am College überhaupt nicht Ball gespielt. Sie gestand mir, ihr Spitzname in der Schule sei »Spatz« gewesen.
»Ich habe von Frauen gelesen, die von Tokio nach Riad verkauft wurden«, sagte sie. »Das bricht mir das Herz und macht mich furchtbar wütend. Alex, wir sprechen hier von barbarischem Menschenhandel. Was ist mit euch Männern los?«
Ich schaute sie an. »Ich kaufe keine Frauen und verkaufe sie auch nicht, Monnie. Und keiner meiner Freunde.«
»Tut mir Leid. Wegen der Ratte Jack und einiger anderer Ehemänner, die ich kenne, trage ich ein extraschweres Päckchen mit mir rum.« Sie blickte auf den Bildschirm. »Hier haben wir ein tolles Zitat. Wissen Sie, was der thailändische Premierminister über die Tausenden von Frauen gesagt hat, die von seinem Land aus in die Prostitution verkauft wurden? âºThai-Mädchen sind einfach so hübsch.â¹ Und das meint der Premierminister über den Verkauf von zehnjährigen Mädchen: âºAber ich bitte Sie. Mögen Sie nicht auch junge Mädchen?â¹ Ich schwöre bei Gott, das hat
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