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Vor dem Abgrund: Historischer Roman (German Edition)

Vor dem Abgrund: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Vor dem Abgrund: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Finnek
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noch doppelt so viel ist wie im Raum nebenan.« Sie machte eine Kopfbewegung in Richtung der Tür mit der Aufschrift »Kleine Bühne«.
    »Glück im Unglück«, meinte Celia schmunzelnd. »Und die Bezahlung? War das auch ein Missverständnis?«
    Maureen schüttelte den Kopf. »Zum Glück nicht. Allerdings muss ich für Kost und Logis selbst aufkommen. Sie haben mir zwar eine Wohnung in der Nähe besorgt, aber die Miete und Verköstigung wird mir von der Gage abgezogen. Da bleibt leider nicht mehr so viel übrig.«
    In diesem Augenblick öffnete sich die rechte Tür, weil ein Besucher den Saal verließ, und Celia konnte einen Blick in den Raum werfen. Natürlich konnte sich die Große Bühne nicht mit der Queen’s Hall im Erdgeschoss messen, weder was die Größe noch was den Prunk betraf, aber wenn man den kleinen Saal mit dem schäbigen Hinterzimmer in der Curtain Tavern verglich, so stellte er doch eine deutliche Verbesserung dar. Auf der Bühne sah Celia einen Mann im Frack am Klavier, der alte Volksweisen zum Besten gab, begleitet von einer dicken Frau mit einer unfassbar hohen Stimme. Celia fragte sich unwillkürlich, ob die Frau versuchte, mit ihrem Gesang Glas zu zersplittern.
    »Willst du hinein?«, fragte Maureen flüsternd. »Oder wieso bist du hier?«
    Celia schüttelte heftig den Kopf. »Eigentlich wollte ich in die Bibliothek, aber die ist bereits geschlossen«, antwortete sie und schloss schnell die Tür. »Ich wollte in den alten Zeitungen blättern. Du weißt schon, wegen meinem Vater.«
    »Oh ja, richtig«, sagte Maureen und tippte sich plötzlich an die Stirn. »Gut, dass du deinen Vater erwähnst. Beinahe hätte ich was vergessen. Luisa ist nämlich gestern noch etwas eingefallen. Wegen diesem Menschenfresser, von dem sie gesprochen hat.«
    »Dem Kannibalen des Meeres?«, fragte Celia mit banger Stimme.
    Maureen nickte und sagte: »Sie hat sich an den Namen des gesunkenen Schiffes erinnert. Irgendwas Französisches. Marionette oder Maisonette . Ich weiß es leider nicht mehr genau.«
    »Mignonette?« , fragte Celia.
    »Genau«, antwortete Maureen und ging zurück zur Treppe. »Komischer Name für ein Schiff, oder? Wahrscheinlich ein Fantasiename.«
    Celia schüttelte unmerklich den Kopf, nahm allen Mut zusammen und fragte: »Gilt dein Angebot eigentlich noch?«
    »Welches Angebot?«
    »Du hast gestern gesagt, du brauchst eine Assistentin.«
    »Hat Heather es sich etwa anders überlegt?«
    »Gott bewahre!«, antwortete Celia und lachte erschrocken. »Lieber würde sie sterben, glaube ich. Nein, ich rede nicht von Heather.«
    Maureen verstand nicht und schüttelte irritiert den Kopf.
    »Vielleicht kann ich deine Assistentin sein?«, fragte Celia, und das Blut schoss ihr in den Kopf, dass ihr ganz heiß und mulmig wurde. Weil sie ahnte, was Maureen darauf antworten würde, setzte sie hastig hinzu: »Ich brauch auch nicht viel. Und ich bin eine gute Näherin. Kochen kann ich auch.«
    Maureen zog die Augenbrauen zusammen, lächelte gequält und ging eilig die Treppe hinunter. Celia hatte den Eindruck, als wollte sie vor allem ihren Blick meiden. Am Fuß der Treppe wandte sich Maureen jedoch plötzlich um und sagte: »Nimm’s mir nicht übel, Kindchen, aber dieses Angebot … nun ja, es war nicht so ganz ernst gemeint.«
    »Du wolltest Heather nur ärgern, nicht wahr?«
    »Sie wollte mich ärgern«, antwortete Maureen bestimmt.
    Celia nickte traurig und sagte: »Ihr wart mal gute Freundinnen.«
    »Die besten«, meinte Maureen achselzuckend. »Ist aber lange her.«
    »Schade.«
    Maureen umarmte Celia, klopfte ihr etwas ungelenk auf den Rücken und sagte: »Sei nicht traurig, Kindchen.«
    »Ich bin kein Kindchen.«
    »Tut mir leid, Celia«, verbesserte sich Maureen und streichelte ihre Wange. »Kommst du noch mit? Ich treff mich mit den neuen Kollegen vom Palace in einem Pub am Kanal. Es ist gleich um die Ecke und nicht sehr teuer. Es wird bestimmt lustig. Und es könnte ja sein, dass von den Kollegen jemand deinen Vater kennt. Oder zu der damaligen Zeit für Tom Norman gearbeitet hat.«
    Doch Celia schüttelte den Kopf und verabschiedete sich. Sie blieb am Fuß der Treppe stehen, während Maureen gemächlich in Richtung Ausgang ging. Einerseits war sie enttäuscht wegen der Abfuhr, obwohl sie sie eigentlich erwartet hatte, zum anderen stand ihr nicht der Sinn nach einer geselligen und lustigen Kneipenrunde. Nicht einmal die Erwähnung ihres Vaters konnte sie aus der Reserve locken. Celia wollte nur

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