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Vor dem Frost

Vor dem Frost

Titel: Vor dem Frost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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stummen Volksstamm, es gab solche, die über alles lachten, und es gab andere, die alles in ihrem großen Schweigen versinken ließen. Die meisten waren Mitglieder der größten Familie, des redenden und lärmenden Volksstamms, der die Kunst, die Klappe zu halten, nicht beherrschte.
    Sie kamen an der Rückseite des Krankenhauses heraus. Er zeigte auf einen rostigen Ford. Als er die Wagentür aufschloß, trat der Fahrer eines Krankenwagens auf ihn zu und fragte, was ihm einfiele, mit seinem Wagen den Eingang der Unfallambulanz zu blockieren.
    »Ich hole eine verletzte Polizistin ab«, sagte Stefan und zeigte auf Linda.
    Der Krankenwagenfahrer nickte und ging. Linda fühlte, wie die unsichtbare Uniform ihr wieder paßte. Sie manövrierte sich auf den Beifahrersitz.
    »Mariagatan«, hat dein Vater gesagt. »Wo liegt die?«
    Linda erklärte es. Im Wagen roch es kräftig nach Farbe.
    »Ich bin dabei, draußen in Knickarp ein Haus zu renovieren«, sagte Stefan Lindman.
    Sie bogen in die Mariagata ein. Linda zeigte auf die Tür. Er stieg aus und öffnete ihr.
    »Bis bald«, sagte er. »Ich habe Krebs gehabt. Ich weiß, was es heißt, Schmerzen zu haben. Ob man nun einen Tumor hat oder eine Eisenkralle ums Bein.«
    Linda sah ihm nach, als er wegfuhr. Ihr kam in den Sinn, daß sie nicht einmal nach seinem Nachnamen gefragt hatte.
    Als sie in die Wohnung kam, spürte sie die Müdigkeit. Als sie sich aufs Sofa im Wohnzimmer legen wollte, klingelte das Telefon. Es war ihr Vater. »Ich habe gehört, daß du jetzt zu Hause bist.«
    »Wie heißt der Mann, der mich nach Hause gefahren hat?«
    »Stefan.«
    »Hat er keinen Nachnamen?«
    »Lindman. Er kommt aus Boras, glaube ich. Oder war es Skövde? Ruh dich jetzt aus.« »Ich will wissen, was Henrietta gesagt hat. Ich nehme an, du hast mit ihr gesprochen.«
    »Ich habe jetzt keine Zeit.«
    »So viel Zeit mußt du haben. Nur das Wichtigste.«
    »Warte einen Moment.«
    Seine Stimme verschwand. Linda ahnte, daß er im Präsidium war, aber auf dem Weg nach draußen. Türen schlugen, Telefonklingeln mischte sich mit dem Geräusch startender Autos.
    Er kam wieder, seine Stimme war gepreßt. »Bist du noch da?«
    »Ja, ich bin noch da.«
    »Ganz kurz. Manchmal wünschte ich, es gäbe eine Art Stenographie für Stimmen. Henrietta sagte, sie wüßte nicht, wo Anna sei. Sie hatte nichts von ihr gehört, nichts deutete darauf hin, daß sie deprimiert war. Anna hatte nichts von ihrem Vater gesagt, aber Henrietta besteht darauf, es sei immer wieder vorgekommen, daß ihre Tochter meinte, ihn auf der Straße gesehen zu haben. Da steht Aussage gegen Aussage.
    Sie konnte uns keine Hinweise geben. Sie wußte auch nichts von Birgitta Medberg. Es hat also nicht viel gebracht.«
    »Hast du gemerkt, daß sie log?«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Du sagst doch immer, daß du Menschen nur anzuhauchen brauchst, um zu merken, ob sie die Wahrheit sagen oder lügen.«
    »Ich glaube nicht, daß sie die Unwahrheit gesagt hat.«
    »Sie lügt.«
    »Ich kann jetzt nicht weiterreden. Aber Stefan, der dich nach Hause gefahren hat, konzentriert sich darauf, eine Verbindung zwischen Birgitta Medberg und Anna zu finden. Wir haben auch eine Suchmeldung nach ihr herausgegeben. Mehr können wir nicht tun.«
    »Und wie geht es draußen im Wald?«
    »Langsam. Da finden wir jetzt nichts mehr.«
    Das Gespräch war zu Ende. Linda, die nicht allein sein wollte, rief Zebra an. Sie hatte Glück. Zebras Sohn war bei ihrer Kusine Titchka, und Zebra selbst saß zu Hause und langweilte sich. Sie versprach, sofort zu kommen.
    »Bring von unterwegs was zu essen mit«, sagte Linda. »Ich habe Hunger. Aus dem Chinarestaurant am Torg. Es ist ein Umweg für dich, aber ich verspreche dir, daß ich es auch für dich tue, wenn du einmal in eine Tierfalle getreten bist.«
    Nachdem sie gegessen hatten, erzählte Linda, was passiert war. Zebra hatte im Radio von dem makabren Leichenfund gehört. Aber es fiel ihr trotzdem schwer, Lindas Befürchtung, Anna könne etwas zugestoßen sein, zu teilen.
    »Wenn ich ein mieser Typ wäre und eine Frau überfallen wollte, würde ich mich vor Anna in acht nehmen. Weißt du nicht, daß sie einen Kurs in einer Kampfsportart gemacht hat? Ich weiß nicht, wie es heißt. Aber ich glaube, daß alles erlaubt ist. Außer vielleicht, Menschen zu töten. Keiner wagt sich ungestraft an Anna heran.«
    Linda bereute es, Zebra gegenüber von Anna angefangen zu haben. Zebra blieb noch eine Stunde, bevor es Zeit wurde daß

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