Vor dem Regen - Roman

Titel: Vor dem Regen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>

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Herzbereich - war ihr wirklich bewusst, was ihr bevorstand, hatte Noi es ihr klar und deutlich erklärt? Diese Anwandlungen verschwanden aber ebenso schnell, wie sie gekommen waren - es war eben eine raue Welt, und Trigger Tregenza konnte daran nun wirklich nichts ändern. Schließlich treffen wir alle unsere Entscheidungen selbst und müssen dann wohl oder übel mit den Konsequenzen leben.
    Nach einer Stunde Fahrtzeit, sie hatten gerade den Pub von Noonamah passiert, klingelte sein Handy. Es war Noi, und sie war noch eine Spur hysterischer als sonst.
    »Trig. Kommen zurück jetzt. Bringen Noi zurück jetzt.«
    »Immer mit der Ruhe, was ist das Problem?«

    »Großes Boss sagen zu mir, Noi gehören ihm. Du bringen Noi zurück jetzt.«
    Und schon wieder hatte Trigs Gesetz zugeschlagen. Was tun? Wenn der Große Boss wirklich so hart war, wie er ihn sich vorstellte, dann war es kaum empfehlenswert, sich zu widersetzen. Andererseits war Trigger überzeugt, dass ein Boss zu einem nicht zu unterschätzenden Teil immer auch aus den Muckis bestand, mit denen er sich umgab, und dieser Große Boss umgab sich mit Ned Maleski; und da hätte Trigger nun wirklich keinen Moment gezögert, sein ganzes Geld auf sich selbst zu setzen. Offen gestanden würde ihm eine Neuauflage dieses »Titanenkampfes zweier Titanen« sogar richtig Spaß machen.
    »Tank, ich hoffe, du hast genug Viagra gebunkert«, sagte Trigger, als er auflegte und das Gaspedal durchdrückte.
    Zweieinhalb Stunden später erreichte er das Lager. Die Beleuchtung war eine Überraschung - er hatte sich auf etwas eher Tristes eingestellt, ein paar trübe Gasfunzeln, doch stattdessen war das ganze Lager illuminiert wie die Hafenbrücke von Sydney an Silvester. Die zweite Überraschung war die gewaltige Menge an Leuten. Trigger hätte es sich natürlich denken können - ein Aussie braucht keinen großen Anlass, um Party zu machen, vor allem, wenn er Territorianer ist und fernab von allem lebt. Aus der ganzen weiteren Umgebung waren die Leute zusammengekommen. Aborigines aus Pandanus Springs.Viehtreiber von den Rinderfarmen. Edelsteinsucher aus den Schürfgebieten. Und natürlich Veteranen. Nicht wenige davon in Uniform oder Teiluniform, die Brust vor Orden funkelnd.
    »Du bleibst hier«, befahl er Noi, doch das hätte er sich sparen können - sie schlief noch immer.

    Er stieg aus und sperrte den Wagen ab. Die schwere Nachtluft roch nach Eukalyptus und verkokelter Bratwurst, und aus den Lautsprechern dröhnte Jimmy Barnes’ »Khe Sahn«.
    Trigger wusste genau, wie und wo er Tank zuletzt gesehen hatte. Es war im Fox and Lion Hotel in Fox Studios gewesen, gleich neben dem Sydney Cricket Ground, dem Stadion, in dem die Swans ihre Heimspiele austrugen. Die Swans hatten ihn eben gefeuert, und er kippte ein paar Gläser zum Trost - wenn er seine Sorgen damit auch nicht ertränkte, so stellte er ihnen doch ausreichend Flüssigkeit zur Verfügung, um nach Herzenslust darin herumzuplanschen. Tank, der als Trainer für den Verein arbeitete, nahm ihn sich zur Brust und schlug vor, er solle es oben im Norden noch einmal versuchen. Er hatte ihm ein paar Telefonnummern gegeben, wo er sich melden sollte. Na schön, nach Darwin zu gehen war das Verkehrteste, was er je getan hatte, aber das war nicht Tanks Schuld, der hatte sich nur bemüht, einem Kumpel wieder auf die Beine zu helfen. Trigger war ihm einen Gefallen schuldig.
    Tank zu finden war leicht. Trigger brauchte dieses unverkennbare Kookaburra-Lachen nur einmal zu hören, und er wusste, er hatte seinen Mann. Er hatte sich auch kaum verändert. Immer noch trug er die dichten weißen Haare zurückgekämmt, immer noch hatte er sein breites, fröhliches Gesicht, den dicken, festen Bauch. Nur zum Gehen brauchte er inzwischen einen Stock. Das war, wie Trigger später erfuhr, Folge einer kürzlich erfolgten Hüftoperation.
    »Maaaaann!«, strahlte Tank, als er Trigger entdeckte.
    Er löste sich von seinen Mitveteranen und humpelte zu
Trigger, um ihm die Hand abzuquetschen. Es folgte das übliche Gelaber - keinen Tag älter siehst du aus, kannst immer noch jeden in die Tasche stecken -, bis Tank dann die Stimme senkte und fragte: »Und, wie sieht’s aus?«
    »Alles in Butter.«
    »Wusst ich’s doch, dass ich auf dich zählen kann, Champ.«
    Dabei war das erst Triggers dritter Versuch als Vermittler, und das hier schien ihm denn doch eine Nummer zu groß. Aber Tank hatte sich alles genauestens überlegt. Als Erstes führte er ihn kurz