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Vor dem Regen - Roman

Vor dem Regen - Roman

Titel: Vor dem Regen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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ganz schön rum«, sagte Dusty.
    »Na ja, ich hab’ne Familie zu ernähren«, erwiderte der Tongaer.
    »Noch mal über die Bewerbung nachgedacht?«
    »Hab mir jedenfalls das Formular besorgt.«
    »Und was hält dich ab?«
    Der Tongaer zuckte die Achseln.
    »Wir brauchen Leute wie dich. Wie heißt du eigentlich?«
    »Samisoni«, sagte der Tongaer und ließ Dusty eine Abart des Verbrüderungs-Handschlags angedeihen, den Knöchelbrecher mit verschränkten Daumen. »Aber alle nennen mich nur Sam.«
    »Ich heiße Dusty«, sagte sie und schüttelte sich etwas Gefühl in die Hand. »Und das ist meine Freundin Trace.«
    »Schwester«, sagte Sam.
    »Bruder«, sagte Trace.

    »Hör mal, wir müssen unbedingt da rein«, erklärte Dusty, während Bruder und Schwester einander taxierten.
    »Kein Problem«, erwiderte Sam.
    »Außerdem müsste ich nach dem Konzert hinter die Bühne.«
    »Ich werde sehen, was sich tun lässt«, sagte Sam, der sich umschaute und vergewisserte, dass niemand dieses streng vertrauliche Gespräch belauschte.
    »Süß«, sagte Trace, als sie den Saal betraten.
    »Verheiratet«, sagte Dusty.
    »Trotzdem süß.«
    Drinnen war es rappelvoll - Weiße und Aborigines, Einheimische und Touristen, die übliche Darwiner Mischung -, und dann kam auch schon die Band auf die Bühne und stöpselte die Instrumente ein. Sie legten los, und die Menge schob sich nach vorn, kaum dass das Ba-do, ba-do, ba-do der Bassgitarre durch den Saal dröhnte. Schlagzeuger und Keyboarder waren Weiße, der Bassist sah indonesisch aus, aber die übrigen Musiker - der Didge-Spieler, der Sänger und der Gitarrist, dessentwegen Dusty hier war - waren Aborigines.
    In einer geschmacklosen gelb-blauen Trainingshose, einem Tupac-T-Shirt, einer Piloten-Sonnenbrille und mit wüsten Klunkern behängt, sah Teddys Sohn schwer nach Zuhälter aus. Wenn auch nicht nach der Art Zuhälter, mit der Dusty bisher zu tun gehabt hatte, denn die sah mehr nach Immobilienmakler aus. Wenn auch, zugegebenermaßen, nicht nach den echten Immobilienmaklern in ihrer Bekanntschaft, die mehr nach Arzt aussahen. Und immer so weiter. Aber das war eben typisch Top End, wo niemand so aussah oder sich benahm, wie man es erwartete. Seinem Vater allerdings sah er
sehr ähnlich, nur dass der alte Teddy einen struppigen grauen Bart trug, während der junge Teddy mit wild fliegenden Dreadlocks über die Bühne fegte und dabei auf die tief hängende Telecaster eindrosch.
    Es war nicht gerade Dustys Musik, aber dafür zog Trace voll die Beyoncé-Tour ab: Hey, ich bin schwarz, ich bin’n Babe, ich hab’n Mörderarsch. Ein bisschen sehr offensichtlich, fand Dusty, obwohl sie zugeben musste, dass Trace für eine dreifache Mutter noch immer ein paar wirklich beeindruckende Moves aufs Parkett legte. Die nächste Nummer war ein Coversong - »Get Up, Stand Up«, von Bob Marley -, und nicht einmal ein Country-Fan wie Dusty kam umhin, sich sanft im Takt zu wiegen.
    »Verdammt!«, sagte Trace und erstarrte mitten im Lied.
    »Was ist?«
    Trace zeigte auf eine Gruppe Aborigines auf der anderen Seite des Saals.
    »Lonnies Horde.«
    Lonnie war Trace’ Exmann. Seine »Horde« war seine erweiterte Familie, sein Clan, sein Stamm.
    »Ignorier sie«, riet Dusty.
    »Ich geh ins Duck’s Nuts«, entschied Trace. »Ruf mich an, wenn du mich brauchst.«
    Dusty kannte sich mit Aborigine-Händeln nicht aus, ja sie war sich nicht einmal sicher, ob die Aborigines sich mit Aborigine-Händeln auskannten - aber sie wusste, es war aussichtslos, Trace zum Bleiben überreden zu wollen. Als die Band nach der letzten Nummer von der Bühne ging, brandete das obligatorische »Zugabe! Zugabe!«-Geschrei auf. Wie üblich hatte es Erfolg, und schon war die Band für einen Nachschlag zurück. Die Musiker traten an die
Rampe, die drei Aborigines mit je einem Didgeridoo, der Rest mit Schlaghölzern. Sie spielten ein simples Da-da da-da da-da , in das die Didgeridoos mit einem gleichförmigen tiefen Brummen einstimmten, bis die drei Stimmen sich beständig auf- und abschwellend umkreisten und ineinander verschlangen. In der Troppo Lounge herrschte Stille; selbst die Homies hatten aufgehört, die Moves zu üben, die sie sich auf MTV abgeschaut hatten. Dusty schloss die Augen und überließ sich der Musik. Wie in einem schlechten 80er-Jahre-Video lief sie die roten Strände des Top Ends entlang, bis sie schließlich am schlammigen Ufer des von Kajeputbäumen gesäumten Billabongs stand.
    »He, Dusty, alles in

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