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Vor dem Regen - Roman

Vor dem Regen - Roman

Titel: Vor dem Regen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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höhere Macht. Und wenn sein Gott auch ein zürnender Gott war - der einen zu Staub zermalmte, wenn Ihm danach war -, so war Er doch auch ein zugänglicher Gott, einer, mit dem sich ein Deal machen ließ. Der Deal war denkbar schlicht: Wenn Er ihm wegen jener Nacht keinen Ärger machte - und bislang hatte Er das nicht getan -, dann würde Trigger Tregenza sich dem Pfad der Tugend zumindest annähern. Irgendwie war auch das Schwimmen Teil der Abmachung. Seit er an jenem ersten Morgen ins Wasser gesprungen war, um sich die Strapazen der Reise vom Leib zu waschen, hatte er nicht mehr aufgehört zu schwimmen. Bahn um Bahn zog er durch Wylies Baths.
    Am Anfang hatte er für den Kilometer noch eine halbe Stunde gebraucht. Jetzt schaffte er es in zwanzig Minuten. Das Ziel für Ende des Jahres lag bei achtzehn.
    Trigger stellte die Stoppuhr auf null und hechtete hinein.

42
    Dusty hatte angeboten, ihn zu Hause abzuholen, aber das hatte er abgelehnt. Und wer wollte es ihm verdenken, wenn er keinen Wert darauf legte, dass die Cops seinen Wohnort kannten?
    »Um acht am Einkaufszentrum Rapid Creek?«, hatte Dusty dann am Telefon vorgeschlagen.
    »Um sechs«, hatte Jamarra gekontert.
    Sechs passte Dusty gut: Je früher sie am Billabong waren, desto besser. Allerdings konnte sie nicht einschätzen, inwieweit Jamarra es ernst meinte.
    »Im Ernst?«, hatte sie noch gefragt, aber da hatte er schon aufgelegt.
    Dusty hatte für die Fahrt einen Subaru Forester gemietet - es wäre für beide Seiten würdelos gewesen, hätte sie als Weiße den Aborigine in einem Aborigineauto abgeholt. Jetzt aber hockte Dusty vor dem verwaisten Einkaufszentrum von Rapid Creek und wünschte, sie hätte sich die Mühe gespart. Es war halb sieben und weit und breit kein Jamarra. Und womöglich, überlegte Dusty, ist kein Jamarra genau das, was ich verdiene.
    Es hatte so einleuchtend ausgesehen - sie brauchte einen Spurenleser und war bereit, praktisch alles zu tun, um einen zu bekommen, und wenn sie dafür zu schmutzigen Tricks greifen musste, dann bitte. Auch Erpressung, schließlich heiligte das Ziel die Mittel: die Leiche zu finden und damit letztlich den Mörder.
    Mein Gott, sie hatte ihm schließlich keine Drogen untergeschoben, hatte ihm kein gefälschtes Geständnis angehängt
oder ihm einen Schlag aufs Ohr gegeben - sie hatte keine dieser äußerst effektiven, aber moralisch fragwürdigen Methoden, derer man sich in den südlichen Bundesstaaten so gern bediente, eingesetzt. Sie hatte ihm schlicht und ergreifend nahegelegt, wenn er ihr helfen würde, könne sie ihm helfen.
    Ein stürmisches »Constable!« schreckte Dusty aus ihren Gedanken.
    Jamarra stieg ein, und Dusty roch Bier, sie roch Yarndi , sie roch eine richtig gute Partynacht. Außerdem roch sie Sex, aber darüber wollte sie nicht allzu intensiv nachdenken. Kaum hatte Dusty den Parkplatz verlassen, schlief Jamarra auch schon ein.
    Da sie niemanden hatte, mit dem sie sich unterhalten konnte, konzentrierte Dusty sich auf die Fahrt. Nicht, dass die ihr Probleme gemacht hätte, es gab kaum Verkehr, und dank Klimaanlage, Servolenkung, Tempomat und ABS war der Subaru gar kein Vergleich zu Beastie Boy.
    Auf der langen Fahrt nach Süden hielt Dusty zweimal an. Erst am Ort des Unfalls, wo die gelb aufgemalten Hieroglyphen der Unfallaufnahme noch auf dem Asphalt zu sehen waren. Inzwischen ging man davon aus, dass John sich »gut erholen« werde. Es hieß sogar, er könne eher früher als später den Dienst wieder aufnehmen.
    Der zweite Stopp war in Noonamah. Nicht um zu tanken, das hatte sie vor der Abfahrt erledigt. Auch nicht, um auf die Toilette zu gehen. Und erst recht nicht, um Chips, Schokolade oder Kaugummi zu bunkern. Es war wegen Tomasz. Mit dem Foto war die Existenz des toten Mädchens amtlich geworden und damit zugleich auch Tomasz. Er war wieder Körper geworden. Beziehungsweise die Erinnerung
eines Körpers. Dusty durchstreifte die Raststätte, dann den Pub. Das Locard’sche Prinzip - jeder Kontakt hinterlässt eine Spur -, Grundlage aller Forensik, galt auch für jede Art von Beziehung, wie flüchtig sie auch sein mochte. Sie erinnerte sich, wie er nach dem Namen des Getränks gefragt hatte, das sie ihm gebracht hatte.
    »Soda, Lime und Bitter.«
    Sie lächelte, als sie an seine Reaktion dachte: »Das ist fucking Schimpfwort gut.«
    Lächelte, als sie daran dachte, dass er die ganze Zeit mit diesem Oberst-Klink-Akzent gesprochen hatte. Dusty wusste nicht recht, ob sie an den »Einen«

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