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Vor dem Regen - Roman

Vor dem Regen - Roman

Titel: Vor dem Regen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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sofort wieder. Als »Kämpferin« hätte ein früheres Australien sie bezeichnet, als »Verliererin« das neue. Sie sah aus wie sechzig und war bestimmt noch keine fünfzig.

    Fontana witzelte immer, Leute wie sie würden alle aus derselben Familie stammen: Enner. Und bei allen fing der Vorname mit demselben Buchstaben an: P. - P. Enner .
    »Was sucht ihr hier?« Man sah den Argwohn in ihrem Gesicht - diese Frau traute niemandem.
    Gerard stellte sich vor Dusty, vor das Mädchen. »Ich bin Detective Bevan, und dies ist Detective Buchanon.«
    »Hast du’nen Durchsuchungsbefehl, Bulle?«
    »Nein.«
    »Dann runter von meinem Land.«
    »Wir wollten nur kurz fragen -«
    »Runter von meinem Land!«
    »Nana, die nette Lady hat mir ihre -«, setzte Chantay an.
    »Chantay, sofort ins Haus!«
    Chantay grinste. Von Nana angeblafft zu werden war offenbar nichts Neues, aber sie gehorchte und verzog sich hinters Haus, Dustys Uhrkette fest in der Hand.
    »Nur ein paar kurze -«, versuchte Gerard es noch einmal, aber wieder wurde ihm das Wort abgeschnitten.
    »Verzieh dich, und zwar schnell !«, befahl Nana.
    »Gehen wir«, sagte Dusty.
    »Detective Bevan?«, hakte Dusty beim Einsteigen nach.
    »Jezza?«, hielt Gerard dagegen. »Hast du sie?«
    Dusty nickte.
    »Was ist -«
    »Das erklär ich dir später. Jetzt lass uns unsere Sachen holen und schnellstens hier verschwinden.«

49
    Dusty hatte oft gedacht, dass Julien das Leichenschauhaus gefallen müsste. Er, der unablässig etwas an der Architektur Darwins auszusetzen fand und ihr praktisch durchweg Tropenuntauglichkeit attestierte, müsste diese kühlen, ungebrochenen Oberflächen und diese klaren, durchgehenden Linien doch zu schätzen wissen.
    »Ich habe Kaffee mitgebracht«, sagte Dusty zu Bethany, der Leichenschauhausangestellten, die mit Mitte dreißig eine geradezu legendäre Griesgrämigkeit an den Tag legte. Ursprünglich hatte Dusty das ihrer Tätigkeit zugeschrieben - der ständige Umgang mit Toten hatte sich unschön auf ihre Psyche ausgewirkt. Ja, eine Zeitlang hatte Dusty in Bethany gar ein mahnendes Beispiel gesehen: So wären wir alle, wenn wir uns den Tod nicht rigoros vom Leib halten würden. Neuerdings aber hatte sie ihre Ansicht geändert - Bethany war einfach eine dieser mürrischen Lesben.
    »Wie viel Zucker ist drin?«, wollte sie mit einem skeptischen Blick auf den dargebotenen Becher wissen.
    Damit war Dusty schon einmal auf die Nase gefallen. »Keiner«, erwiderte sie und kramte in der Tasche nach den Zuckertütchen. »Ich weiß doch, dass Sie ihn am liebsten selber reinrühren.«
    »Aha, gut. Na dann, danke«, sagte Bethany und griff zögerlich nach dem Kaffee, als wäre im wahrsten Sinne des Wortes ein Haken daran.
    »Und das ist also unser Mann?«, fragte Dusty und deutete auf die von einem Tuch bedeckte Leiche auf der Stahlbahre.
    Bethany nickte. »Es ist mir echt ein Rätsel, wie Sie das
wieder angestellt haben«, sagte sie, und man konnte ihr die Erleichterung förmlich anhören - sie hatte einen triftigen Grund, um wieder mürrisch zu sein.
    Dusty wusste natürlich genau, was ihr so missfiel. Zur Vorführung der Leichen gab es den Raum, in dem Objekt und Betrachter durch eine Scheibe getrennt waren. Dafür gab es eine reiche Palette an Gründen - hygienische, rechtliche, moralische. Allerdings hätte eine Glasscheibe zwischen Objekt und Betrachter Dustys Vorhaben fundamental entgegengestanden. Es hatte zwei schweißtreibende Tage am Telefon gebraucht - an denen sie wie eine Wall-Street-Brokerin Gefallen verscherbeln, drohen und betteln musste -, bis sie es endlich, zumindest theoretisch, geregelt hatte. Dusty sah auf die Uhr - noch fünfzehn Minuten bis zehn, der mit Flick verabredeten Zeit.
    »Ist Singhie da?«
    Bethany zuckte die Achseln. Woher soll ich das wissen? Ich arbeite bloß hier.
    Seine Bürotür stand offen. Dr. Singh saß am Schreibtisch.
    »Klopf, klopf«, grüßte Dusty.
    »Wer da?«, fragte der Doktor, ohne von dem Bericht aufzublicken, in den er vertieft war.
    »Nein, ich meine wirklich: ›Klopf, klopf‹.«
    »Dann tritt um Gottes willen ein.«
    Trotz der Umgebung war Singhies Büro alles in allem recht gemütlich. Es roch nach dem Chai, den er zu jeder Tages- und Nachtzeit trank, nach Kardamom und Zimt.
    »Hast du da mal reingeschaut?«, fragte er und wedelte mit dem Bericht vor Dustys Nase herum.
    »Nein.«
    »Ballistik.«

    Anders als die übrigen Rechtsmediziner, deren Interesse automatisch erlosch, sobald die Innereien wieder

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