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Vor dem Regen - Roman

Vor dem Regen - Roman

Titel: Vor dem Regen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Uhrkette eingetauscht hatte.
    »Was ist das?«, fragte Flick.
    Dusty deutete auf die Leiche. »Das hat seine Tochter getragen.«

    Flick zuckte die Achseln. Und?
    Dusty zeigte ein Foto. Die Frischvermählten beim Aufbruch zur Reise ihres Lebens. Flick nahm das Foto und sah es sich genau an. Die Kette um Dianna McVeighs Hals. Sie nahm den Beutel mit der Kette. Sah sie sich genau an. Es war dieselbe.
    »Das beweist nicht, dass er sie umgebracht hat«, sagte Flick.
    »Klar hat er sie umgebracht«, platzte es aus Gardner heraus, Worte, auf die Dusty mehr als zwei Jahre gewartet hatte.
    »Mein Mandant hat nichts weiter zu sagen«, erklärte Stan Lavery, womit er aber ziemlich danebenlag, denn sein Mandant hatte noch eine ganze Menge zu sagen.
    Dusty war derart an Gardners Schweigen gewöhnt, dass sie anfangs beinahe an eine Bauchrednernummer glauben wollte, als er zu sprechen anfing und seinem Mund ein wahrer Strom an Worten, Ausdrücken, Sätzen entsprang. Aber das legte sich rasch, und sie fand Gefallen an dieser neuen, geschwätzigen Version des Mannes, an dem sie so oft verzweifelt war - und sie war ihm dankbar.
    »Jonno war wieder mal echt scheiße drauf. Seine Alte ist durchgebrannt, hat ihn mit dem Kind sitzenlassen. Normalerweise haben wir uns’ne schöne Mischung reingezogen, wenn wir auf Arbeit waren: paar Bier, paar Tüten und dazu’n bisschen Ecstasy. Aber Jonno hat eine Line Speed nach der anderen durchgezogen. Ich sag ihm: ›Alter, der ganze Chemiescheiß brennt dir noch das Hirn raus. Du musst auch mal’n Bier dazwischenschieben.‹ Aber das hat ihn überhaupt nicht interessiert. Hat nur davon gelabert, dass er sie finden wird. Dass er sie jagen wird. Und ausweiden. Dann fällt ihm auf einmal ein, er will jetzt zu dem Lagerplatz rüber, an dem wir zuvor vorbeigekommen waren.
Wir sollen uns da vorstellen. ›Hau dich aufs Ohr, du blöder Hund‹, sag ich ihm. Ich hab noch zwei Tütchen geraucht, dann hat’s mir gereicht. Bin hinten in den Land Cruiser reingekrochen und war schlagartig weg. Und als ich wieder aufwach, liegt die tote Puppe neben mir. Hat einfach dagelegen. Ich natürlich total durchgedreht. Ich will mit dem Scheiß nichts zu tun haben. Aber Jonno ist aufm komplett anderen Trip. Fuchtelt mit der Knarre rum. Ich soll ihm gefälligst helfen, sie loszuwerden, sonst knallt er mir die Rübe weg. Blieb mir natürlich gar nichts anderes übrig.«
    Als er geendet hatte, war kein Geräusch zu hören außer dem Brummen der Klimaanlage, dann Fontana, der sich räusperte. Dusty sah das Entsetzen in Bethanys Gesicht. Mit dem Tod war sie vertraut, nicht aber mit der Lockerheit, mit der er bisweilen daherkam. Gardner hatte so emotionslos gesprochen, als hätte er von einem Picknick erzählt. Dusty war eigentümlich aufgekratzt. Wie lange hatte sie sich wieder und wieder ausgemalt, was sich in dieser Nacht in der Wüste zugetragen hatte, und nun endlich wusste sie es. Und die Wahrheit - sie zweifelte nicht im Geringsten, dass es sich exakt so abgespielt hatte, wie Gardner gesagt hatte - unterschied sich kaum von ihren Vermutungen.
    Stan Lavery brach das Schweigen. »Mein Mandant hat nichts weiter zu sagen.«
    Bethany rollte Jonsberg zurück in den Kühlraum. Flick und Fontana brachten Stan Lavery und seinen Mandanten für eine förmliche Aussage aufs Revier. Dusty ging in den Schuppen.
    Zwar gab es den einen oder anderen, der ihr telefonisch gratulierte, aber niemand schlug vor, gemeinsam in ein Lokal zu gehen, wie es nach der Aufklärung eines großen
Falles üblich war. Man zog in den Pub, schüttete literweise Bier in sich hinein, schlug sich angeschickert auf die Schulter, was für ein tolles Team man doch sei und dass niemand sonst diesen verdammten Fall hätte knacken können.
    Also lud Dusty stattdessen Trace und Gerard auf einen Schluck in den Jachtklub ein.
    Sie saßen im Freien und sahen die Sonne über Fannie Bay versinken. Nicht weit entfernt standen zahlreiche Touristen, die wie verrückt ein Foto nach dem anderen schossen und das unaufhaltsame Niedergehen der Sonne mit ihren Videokameras festhielten.
    Das mit dem Sonnenuntergang hatte Dusty nie begriffen. Also schön, am Ende des Tages ging die Sonne unter, und dieser Untergang ging oft, so wie heute, mit einem prächtigen Farbspektakel einher, aber hatten diese Leute denn keinen eigenen Sonnenuntergang, den sie anhimmeln konnten? Gab es das in Korea nicht? Und war Japan nicht sogar das Land der aufgehenden Sonne?
    »Dann wirst du dem

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