Vor dem Sturm (German Edition)
nichts.«
Junior jammert und zieht flehend die Mundwinkel nach unten.
»Nein.«
»Hier.« Big Henry greift in seine Hosentasche, holt eine Handvoll Kleingeld heraus und lässt es wie Murmeln in die aufgehaltene Hand fallen, die Junior ihm entgegenstreckt. Junior rennt mit großen Schritten die Stufen hinunter. Sein T-Shirt weht wie eine schlappe Fahne hinter ihm her.
»Sagt nicht mal Danke.« Marquise streicht sich über seine Zopffrisur.
»Danke!«, schreit Junior.
Big Henry legt die Ellbogen auf die Knie und schüttelt den Kopf. In dieser vorgebeugten Haltung ragt sein Gesicht wie eine Überraschung aus der breiten Rundung seines Rückens heraus. Er schaut zu mir herüber, und es ist so, als hätte er mir das Geld gegeben, als hätte er es in meine Hand fallen lassen wie blasse Pekannuss-Süßigkeiten, wie mehlige Pekannüsse oder sonnengeschwärzte Brombeeren. Skeetah schaut mit hängenden Augenlidern auf das Spielfeld, wo Randall und seine Mannschaftskameraden im düsteren Licht jetzt schon vor Schweiß glänzen wie die dunklen, regennassen Steine, die den schlammigen Strand der Grube bedecken. Big Henry fragt die Luft vor sich, aber alle wissen, mit wem er spricht.
»Willst du irgendwas?«
Seine Hände sind so ganz anders als Mannys, groß und breit, und sie bewegen sich so bedächtig wie die Wedel der verkümmerten Palmen, die als fremdartige Gewächse im Golf von Mexiko unregelmäßig verteilt am Strand gepflanzt wurden, wenn der schleppende, von den Düneninseln ausgebremste Wind sie streift.
»Nein«, sage ich. Ich muss auf die Toilette.
Ich schlängele mich durch Grüppchen von Mädchen und Jungs, die zum Teil mit mir zur Schule gehen, zum Teil aus Bois Sauvage oder St. Catherine kommen, bis ich die unterste Stufe derTribüne erreiche. Die Halle ist immer noch halb leer. Alle Eltern, sechs oder sieben insgesamt, sitzen mit ihren Kleinkindern in der ersten Reihe. Kleine Mädchen rutschen taumelnd und patschend auf den Bänken herum; die Jungs tragen weiße T-Shirts, ärmellose Hemden, Basecaps, Basketballshorts. Man hört Gelächter und schrille Rufe. Alle flirten oder bringen durch Knuffe, Witze und Erröten zum Ausdruck, was sie insgeheim gerne tun würden.
Auf dem Feld blinzelt Randall heftig gegen den Schweiß an, der ihn blendet. Sein T-Shirt klebt an seiner Taille, so eng wie eine geschlossene Knospe. Er springt hoch, um einen Rebound zu holen, erhebt sich aus der Gruppe von Spielern, aber die anderen umschwirren ihn ärgerlich, und er fällt hin. Der Schiedsrichter pfeift, und Randall geht mit federnden Schritten an die Freiwurflinie. Nichts an ihm scheint irgendetwas anderes zu berühren: weder das Feld, noch den Ball noch das Hemd, an dem er mit den Fingerspitzen zieht, damit seine Haut atmen kann. Er ist ein Bayou-Kranich, der sich leicht macht, um nicht in den dunklen, sumpfigen Boden einzusinken, wenn er zum Flug abhebt.
»Entschuldigung angenommen.«
Mit ihm zusammenzustoßen ist ein Schock. Er ist solide, gedrungen, hat die Art von Brust, die Männer kriegen, wenn ihre Muskelpakete schlaff werden. Seine frische Blässe verleiht dem Braunton seiner Haut einen Rotstich, der heller wird, als er bei meinem Anblick den Kopf schief legt und das Licht, das durch die Tür fällt, auf sein Gesicht trifft. Er trägt einen goldenen Grill, denselben, den er getragen hat, als Skeetah und er China und Kilo zusammengebracht haben, um sich zu paaren. Er öffnet den Mund ein Stück weiter, und man sieht die Buchstaben, die mit speichelpolierten Edelsteinen in das Gold eingelassen sind, auf jedem Zahn einer: R-I-C-O.
»’tschuldigung.«
Manny steht seitlich hinter ihm. Er trägt blau, und er und Shaliyah und Rico müssen gerade beim Friseur gewesen sein, denn seine Locken sind so kurz geschnitten, dass nur noch schwarze Wellen übrig sind, aber sein Gesicht fällt auch ohne die Umrahmung der Haare auf; es ist wunderschön: die starke Nase, das Kinn, das in eine Mulde mündet, wo ein frischer blauer Fleck ist, die glänzende Narbe im Gesicht, durch die seine restliche Haut nur noch lebendiger wirkt. Er wirft den Kopf zurück und verzieht das Gesicht auf die lässige Was-geht-Art, mit der Jungs sich begrüßen. Zu mir. Shaliyah steht in Sandalen und Minirock neben ihm, ihr ganzer Körper ist sanft gewellt wie eine Straße mit tiefen Spurrillen, die vom Regen geglättet wurden. Selbst hier, wo wir nicht mal Eintritt bezahlen müssen, trägt sie goldene Ohrringe, Armband und Halskette.
»Was
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