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Vor dem Sturm

Vor dem Sturm

Titel: Vor dem Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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sonst sie bestehen mochten, mit Puscheln und Quasten reich geschmückt, während einige Rheinweinflaschen und neben ihnen der in dünnstem Silberblech getriebene Kastaliabecher in einer Ecke des Fensterbrettes ihrer Zeit warteten.
    Frau Hulens Schwarzwälder Uhr, deren Ticktack man auch in Lewins Zimmer hörte, hatte kaum sieben ausgeschlagen, als es klingelte. Es waren Rabatzki und Himmerlich, die sich auf der dritten Treppe getroffen und trotz der herrschenden Dunkelheit erkannt oder doch auf gut Glück hin begrüßt hatten.
    Waren sie doch, nach einer Art von stillschweigendem Übereinkommen, immer die ersten und benutzten die Minuten, die ihnen bis zum Eintreffen der anderen Mitglieder blieben, zur Erledigung von redaktionellen Fragen. Rabatzki gab nämlich ein kleines Sonntagsblatt heraus, und ohne Übertreibung durfte gesagt werden, daß der lyrisch-novellistische Teil desselben jedesmal vor Beginn der letzten Kastaliasitzung endgültig festgestellt wurde.
    Nur heute nicht. Rabatzki hatte kaum Zeit gefunden, an »seine rechte Hand«, wie er Himmerlich gerne nannte, eine erste Frage zu richten, als das Erscheinen des Rittmeisters alle weiteren Unterhandlungen unmöglich machte. Mit Jürgaß waren die beiden angekündigten Gäste, von Hirschfeldt und von Meerheimb, erschienen, von denen der letztere den linken Arm noch in der Binde trug. Lewin sprach ihnen aus, wie sehr erfreut er sei, sie zu sehen, doppelt, wenn, wie Herr von Jürgaß in Aussicht gestellt habe, sie sich bereit zeigen sollten, durch Mitteilungen aus ihren Tagebuch- und Erinnerungsblättern zu dem gelegentlich etwas matt sprudelnden Quell der Kastalia beizusteuern. Beide Herren verneigten sich, während Jürgaß zwei Manuskripte, deren er sich schon vorher zu versichern gewußt hatte, an Lewin überreichte.
    Dieser hoffte, noch vor Beginn der Sitzung zu einem einigermaßen eingehenden Gespräche mit den ihm bis dahin persönlich unbekannt gebliebenen Gästen Gelegenheit zu finden; er war aber kaum über die erste Begrüßung hinaus, als ein abermaliges Klingeln die eben begonnene Unterhaltung unterbrach. Es waren Tubal und Bninski, die eintraten. Lewin erwartete, zwischen dem Grafen und Hirschfeldt, die beide in Spanien, aber auf verschiedenen Seiten gefochten hatten, von Anfang an ein gespanntes Verhältnis eintreten zu sehen; aber gerade das Unerwartete geschah. Bninski, durch Tubal vorbereitet, wandte sich mit einer Politesse, in der fast mehr noch ein Ton der Herzlichkeit als der bloßer Artigkeit klang, sofort an Hirschfeldt, und wenn auch allerhand Fragen und Unterbrechungen, wie sie namentlich Jürgaß liebte, ein andauerndes Gespräch nicht aufkommen ließen, so verfehlte der Graf doch nicht, durch kleine Aufmerksamkeiten die besonderen Sympathien auszudrücken, die er für seinen Gegner empfand.
    Infanteriekapitän von Bummcke war der letzte. Jürgaß konnte ihm das nicht schenken und hielt ihm die Uhr entgegen.
    »Militärs, lieber Bummcke, kennen keine akademischen Viertel. In Sommerzeiten möcht es, in Anbetracht Ihrer besonderen Verhältnisse, hingegangen sein; aber bei zwölf Grad Kälte kann ich keinem Embonpoint der Welt eine Unpünktlichkeit von beinahe zwanzig Minuten zugute halten.«
    »Anfangen, anfangen!« riefen mehrere Stimmen, unter denen die von Rabatzki und Himmerlich deutlich erkennbar waren. Lewin, während Mitglieder und Gäste sich, so gut es ging, um die zwei Tische her gruppierten, klopfte mit einem Zuckerhammer auf und nahm dann selber auf seinem durch ein aufgelegtes Sofakissen zu einer Art Präsidentenstuhl umgewandelten Lehnsessel Platz. Er war kein Meister in der Rede, aber Amt und Situation ließen ihm keine Wahl.
    »Meine Herren«, hob er an, »ich heiße Sie willkommen. Wir sind leider nicht vollzählig. Unsere beste kritische Kraft ist ausgeblieben: Doktor Saßnitz hat sich brieflich entschuldigt. Dagegen freue ich mich, Ihre Aufmerksamkeit auf eine stattliche Reihe von Vorlagen, darunter auch Drucksachen, hinlenken zu können. Unter diesen Drucksachen stehen diejenigen Publikationen obenan, die von früheren Mitgliedern der Kastalia herrühren. Es sind dies ›Die Ahnen von Brandenburg‹, ein epischer Hymnus von Friedrich Graf Kalckreuth, und die vor wenig Tagen erst bei J. E. Hitzig hierselbst erschienenen ›Dramatischen Dichtungen‹ von Friedrich Baron de la Motte-Fouqué, unter denen sich, neben altnordischen Sachen, auch ›Die Familie Hallersee‹ und ›Die Heimkehr des Großen Kurfürsten‹

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