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Vor dem Sturm

Vor dem Sturm

Titel: Vor dem Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Zettel waren gedruckt, und das Stück mußte wohl oder übel gespielt werden«.
    Er hatte seine Ruhe wieder, aber freilich nicht sein Behagen. Denn so groß sein Selbstbewußtsein war, so groß war auch, selbst unter gewöhnlichen Verhältnissen, seine Selbsterkenntnis. Und nun gar heute! Er fühlte sich der ihm zugefallenen Aufgabe nicht recht gewachsen und gestand sich unverhohlen, daß er alles, was er an Gaben besaß, nicht recht brauchen und alles, was er
nicht
besaß, in der Eile weder beschaffen noch durch Eifer und guten Willen ersetzen konnte.
    Zur Abhaltung der Revue war ein großes Brachfeld ausgewählt worden, das zwischen dem Fichtenwäldchen und der Chaussee lag, dicht neben dem Pflugacker, über den hin, am dritten oder vierten Weihnachtstage, die von ihrem Kirch-Göritzer Besuche heimkehrenden Freunde ihren Wettlauf zur Rettung Hoppenmariekens gemacht hatten. Aber bis zwölf Uhr war noch eine lange Zeit, und jeder suchte sie zu kürzen. Tubal und Lewin fuhren nach Reitwein hinüber, um sich ein Grabmonument anzusehen, das daselbst aufgestellt werden sollte, der alte Vitzewitz traf »auf alle Fälle hin« einige Anordnungen, und Grell ging in die Pfarre; so schien es in der Tat, als ob Bamme, der allein blieb, die ganze Pein des Abwartens und Stundenzählens am vollsten und ausschließlichsten durchkosten solle. Aber Kniehase half ihm aus der Verlegenheit, ihm meldend, daß von den Nachbargütern her einige Reitpferde zur Auswahl für den »Herrn General und seinen Adjutanten« gestellt worden seien. Sie ständen am Spritzenhause, zwischen dem Krug und dem Schulzenhof.
    Unter diesen Pferden war auch eine Fuchsstute, die Drosselstein geschickt hatte, ein schönes Tier, beinahe brandrot, das dem Alten außerordentlich gefiel. Dennoch war er in Zweifel, ob er sich dafür entscheiden sollte.
    »Die Fuchsstute gefällt mir«, sagte er, »aber es hat sein Mißliches damit. Eigentlich halt ich es mit meinem kleinen Isabellfarbenen, den Sie ja kennen; wir haben dasselbe Maß und passen zusammen. Was meinen Sie, Kniehase, nehm ich den Shetländer, oder nehm ich die Fuchsstute?«
    »Mit Permission, Herr General«, sagte Kniehase, »wenn der Herr General mich fragen, der kleine Shetländer geht nicht. Ein General muß hoch sitzen, höher als alle anderen; man muß ihn sehen können wie die Fahne.
Dies
hier ist das Generalspferd!« und damit gab er der Fuchsstute einen Schlag auf die Kruppe.
    »Gut, Kniehase, Sie sind ein verständiger Mann. Also die Fuchsstute für mich. Und festgesattelt und die Steigbügel hochgeschnallt, daß sie nicht bloß so nebenher läuten. Und nun noch eins, Kniehase; muß ich zu den Leuten sprechen, muß ich ihnen eine Rede halten?«
    »Ja, Herr General, das müssen Sie schon, das geht nicht anders. Und immer scharf ins Gewissen, das haben sie gern, und die Alten sagen dann: ›
Der
versteht's.‹ Und wer's versteht, dem gehorchen sie und dem folgen sie, und wenn's ihnen auch an Kopf und Kragen ginge. So kenn ich unsere Leute, gut Beispiel ist alles, gut Beispiel und Mut.«
    Bamme nickte.
    »Und, Herr General«, fuhr Kniehase fort, »eines wollt ich mit Permission noch gefragt haben: Wollen der Herr General nicht eine Uniform anlegen? Es ist immer gut, so zweierlei Tuch.«
    »Nein, Kniehase, Uniform und Uniform ist ein Unterschied. Ein alter Husarenrock ist nur gut unter seinesgleichen, jeder drückt dann ein Auge zu. Aber allein ist er gefährlich und hat dann so seine Beinamen. Mantel und Pelzmütze, das muß ausreichen, und meine Karbatsche hier.« Und dabei fuchtelte er mit einem dicken Fischbein, das ihm je nach Bedürfnis als Stock und Gerte diente, in der Luft umher.
    Während dieser Worte war die Fuchsstute beiseite geführt worden, mit ihr auch ein schöner Grauschimmel, den man als Reservepferd für Hirschfeldt ausgesucht hatte. So vergingen einige Minuten, dann sagte Bamme, der mit dem Schulzen auf und ab geschritten war: »Wie spät ist es, Kniehase?«
    »Halb zwölf.«
    »Da haben wir noch eine halbe Stunde; wo bleib ich so lange?«
    »Der Herr Pastor steht am Fenster. Wollen der Herr General nicht bei ihm eintreten?«
    »Nein, Kniehase, mir ist nicht nach Seidentopf. Und die Totentöpfe hab ich gestern erst gesehen. Es ist Schlackerwetter, und drüben ist ja der Krug; wem gehört er doch?«
    »Den Scharwenkas.«
    »Richtig, den Scharwenkas, böhmische Kolonisten.«
    »Ja, Herr General; aber alle Stuben sind voll, von wegen der Revue, Bauern und Knechte. Wenn der Herr

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