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Vor dem Sturm

Vor dem Sturm

Titel: Vor dem Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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sich en ligne mit Drosselstein, der mittlerweile schon das Gassengewirr der Innenstadt erreicht hatte.
    »Links schwenkt!« Die Führer wiederholten das Kommando, und ohne daß irgendeine Stockung oder Unordnung stattgefunden hätte, defilierten alle drei Compagnien auf den öden Kirchplatz, an dessen einer Ecke das Turganysche Haus gelegen war. Diesseits war noch alles in Halbdunkel; kaum aber daß unsere Landsturmmänner, an beiden Seiten der Kirche vorbei, den abwärtsgelegenen Teil des Platzes erreicht hatten, als sich ihren Blicken ein völlig verändertes Bild entgegenstellte. Vor dem Gasthofe mit den verschnittenen Linden standen zahlreiche Bürgerwehren, in allen Etagen schimmerte Licht, und ehe Bamme noch Zeit zu Überblick und Orientierung gefunden hatte, meldete Othegraven, daß General Girard und sein Stab gefangengenommen und auf Ehrenwort in ihren Zimmern belassen worden seien. Nur eine schwache Abteilung unter Major Rudelius habe die Bewachung des Hauses und der Gefangenen übernommen.
    Bamme nickte, lobte das Verhalten der Bürger und führte dann seine Compagnien in die breite, aber kurze Straße hinein, die, wie schon bei früherer Gelegenheit hervorgehoben, vom Kirchplatze her auf den Flußquai mündete. Und jetzt war dieser Quai erreicht, und ein Ausruf allgemeinen Erstaunens wurde laut. An der anderen Seite des Flusses standen der Holzhof und das Bohlenlager in Flammen, während nach rechts hin die Brücke brannte. Das Feuer drüben stieg hoch und hell in den Nachthimmel hinein, über der Brücke aber, die, des nassen Holzes halber, mehr schwelte als brannte, lagen Rauch und Qualm in dichten Wolken, aus denen nur dann und wann eine dunkele Glut auflohte.
    Der alte General kommandierte: »Halt!« und ließ seinen rechten Flügel, die Drosselsteinschen, unmittelbar am Brückenaufgange Stellung nehmen. Hier hielt er auch in Person. Als er aber wahrnahm, daß er von dieser Position aus nicht Umblick genug habe, ritt er auf die Brücke selbst hinauf und postierte sich in Nähe des Feuers, das ihm zugleich eine Art Deckung gewährte. Und nun übersah er die langen Linien von Freund und Feind.
    Nach links hin die
Seinen;
ein Bild, das ein altes Soldatenherz wohl erfreuen konnte. Erst die berittenen Mannschaften von Hohen-Ziesar, dann die Komtureifahne von Lietzen-Dolgelin (achtspitziges Kreuz im roten Feld), dann Rutze mit niedergesenktem Sponton und hinter diesem die schmucken Uniformen der Frankfurter Bürgerschützen, grün und goldbordiert – alles sichtbar im hellen Feuerschein des brennenden Holzhofes. In Front der langen Aufstellung aber Drosselstein und Vitzewitz, als Unterbefehlshaber an beiden Flügeln.
    Und ebenso klar sah er drüben den
Feind
. In Trupps von zehn und zwanzig Mann standen die Voltigeurs am Ufer hin, ersichtlich ohne Führung. Aber diese sollte nicht lange mehr auf sich warten lassen; Offiziere zu Pferde jagten am Quai hin auf und ab, aus dem Gassengewirr der Dammvorstadt lärmten Trommeln und Hörner, und ehe zehn Minuten um waren, erschienen geschlossene Grenadiercompagnien, an ihren hohen Bärenmützen deutlich erkennbar, und nahmen Stellung zwischen der Brücke und dem brennenden Holzhof, während die Voltigeurs allmählich die Böschung hinabzusteigen und einen Weg über das Eis hin zu gewinnen suchten. Mit vielem Geschick avancierten sie, je nach den Signalen sich sammelnd oder wieder trennend, und stutzten erst, als sie mitten auf dem Fluß der breiten Rinne gewahr wurden, die die Kietzer Fischer in das Eis gehauen hatten. An Überspringen war nicht zu denken, dazu war die Rinne zu breit; so mußten sie wieder zurück, um entweder Bretter herbeizuschaffen oder weiter flußabwärts, wo das Aufeisen mutmaßlich ein Ende hatte, den Übergang zu versuchen.
    Bamme sah diese Rückwärtsbewegung und freute sich ihrer. Aber soviel sie für den Augenblick bedeutete, so bedeutungslos war sie, wenn die Hilfe ausblieb, auf die diesseitig gerechnet war. Waren die Russen in die Dammvorstadt eingedrungen? Hatten sich die Barnimschen Bataillone der beiden andern Stadttore bemächtigt? Bammes scharfes Ohr horchte nach rechts und links, aber kein Ton wurde laut, der ihm diese Frage bejaht hätte. Immer gewisser wurd es ihm, daß er, wenn Tschernitscheff ausblieb, in diesem ungleichen Kampfe unterliegen müsse.
    Das Bild, das sich ihm mittlerweile darstellte, konnte dieser trüben Erwartung nur als Bestätigung dienen. Die bis an die Rinne vorgedrungenen Voltigeurs waren kaum wieder am

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