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Vor der Flagge des Vaterlands

Vor der Flagge des Vaterlands

Titel: Vor der Flagge des Vaterlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Entführung noch schwieri-
    ger machen.
    Thomas Roch lag völlig angekleidet auf einer Art Sofa.
    Augenblicklich schien er ziemlich beruhigt. Der Anfall ließ
    allmählich nach und ihm sollten einige Stunden der Er-
    schöpfung und Betäubung folgen.
    Gerade als Kapitän Spade sich am Fenster in die Höhe
    streckte, machte der Arzt Anstalt, sich zurückzuziehen. Bei
    scharfem Lauschen konnte der Kapitän verstehen, wie der
    Arzt Gaydon versicherte, daß die Nacht ohne weitere Stö-
    rung vergehen und er nicht nötig haben werde, ein zweites
    Mal einzugreifen.
    Nach dieser Diagnose wandte sich der Arzt zur Tür, die
    sich, wie wir wissen, neben dem Fenster befand, vor dem
    Kapitän Spade mit seinen vier Leuten wartete. Wenn sie
    sich jetzt nicht versteckten, sich hinter den Sträuchern in
    der Nähe des Pavillons niederbückten, konnten sie nicht
    nur vom Arzt bemerkt werden, sondern auch von dem Pfle-
    ger, der sich anschickte, ihn hinauszubegleiten.
    Ehe die beiden noch in den Vorraum traten, gab Kapi-
    tän Spade ein Zeichen, worauf sich seine Leute zurückzo-
    gen und er sich an der Mauer niederließ.
    Zum Glück war die Lampe im Zimmer zurückgelassen
    worden, und die Matrosen von der ›Ebba‹ liefen nicht Ge-
    fahr, durch einen auf sie treffenden Lichtschein verraten zu
    werden.
    Bei der Verabschiedung von Gaydon blieb der Arzt noch
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    auf der ersten Stufe der Treppe vor der Tür stehen und
    sagte:
    »Das war einer der schlimmsten Anfälle, die unser Kran-
    ker je gehabt hat! Noch zwei oder drei solche und er wird
    auch noch das letzte Restchen Verstand verlieren!«
    »Warum verbietet der Direktor auch nicht jedem Besu-
    cher den Zutritt zum Pavillon Nr. 17?« erwiderte Gaydon.
    »Diesmal verdanken wir einem gewissen Grafen d’Artigas
    und dem Thema, worüber er mit Thomas Roch gesprochen
    hat, den Zustand, in dem Sie unsern Kranken angetroffen
    haben.«
    »Ich werde den Direktor darauf aufmerksam machen«,
    versicherte der Arzt.
    Er stieg dann vollends die Stufen hinab und Gaydon be-
    gleitete ihn bis ein Stück in eine Seitenallee hinein, während
    die Tür des Pavillons halb offen geblieben war.
    Als sich beide etwa 20 Schritte weit entfernt hatten, er-
    hob sich Kapitän Spade und seine Leute traten wieder an
    ihn heran.
    Jetzt lag es nahe, die Gelegenheit zu benutzen, die sich
    zufällig bot, um in das Zimmer des im Halbschlummer
    liegenden Thomas Roch einzudringen, sich seiner zu be-
    mächtigen und ihn fortzuschleppen, ehe Gaydon wieder
    zur Stelle war.
    Der Pfleger mußte aber sehr bald zurückkehren und
    wenn er das Verschwinden seines Pflegebefohlenen be-
    merkte, würde er ihn natürlich suchen, würde rufen und
    Alarm schlagen. Dann kam jedenfalls auch der Arzt zurück
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    und das ganze Personal von Healthful House wäre herbei-
    gelaufen. Kapitän Spade blieb dann schwerlich Zeit, die Tür
    in der Mauer zu erreichen und sie hinter sich und seinen
    Leuten wieder abzuschließen.
    Er fand übrigens gar nicht die Muße, darüber nachzu-
    denken. Ein Geräusch von Tritten auf dem Sand verriet
    ihm, daß Gaydon schon zum Pavillon zurückkehrte. Es
    schien nun das Beste, sich auf ihn zu stürzen, seine Rufe
    zu ersticken, ehe er Alarm schlagen konnte, und ihn völ-
    lig wehrlos zu machen. Zu vier, schlimmstenfalls zu fünf
    Mann mußte sein Widerstand leicht zu brechen sein. Da-
    nach konnte Kapitän Spade unter weit günstigeren Bedin-
    gungen die Entführung Thomas Rochs bewerkstelligen, da
    der unglückliche Geisteskranke keine Vorstellung von dem
    haben würde, was mit ihm vorging.
    Eben trat Gaydon aus den Bäumen hervor und wandte
    sich nach der Vortreppe. Als er aber den Fuß auf die erste
    Stufe setzte, stürzten sich die vier Männer auf ihn und rissen
    ihn zu Boden, ehe er noch einen Schrei ausstoßen konnte.
    Dann schlossen sie ihm den Mund mit einem Tuch, legten
    ihm eine Binde über die Augen und fesselten seine Arme
    und Beine, aber so scharf, daß er fast nur noch ein lebloser
    Körper zu nennen war.
    Zwei von den Matrosen blieben an seiner Seite, während
    Kapitän Spade mit den andern beiden in das Zimmer ein-
    drang.
    Wie der Kapitän angenommen hatte, befand sich Tho-
    mas Roch in einem Zustand, bei dem ihn auch ein starkes

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    Geräusch nicht aus seiner Betäubung aufwecken konnte.
    Man hätte ihn, wie er so mit geschlossenen Augen auf dem
    Sofa lag, für tot halten können, wenn er nicht so keuchend
    geatmet hätte. Es schien also nicht

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