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Vor der Flagge des Vaterlands

Vor der Flagge des Vaterlands

Titel: Vor der Flagge des Vaterlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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schießen ließen, die
    Hißtaue zurichteten und die Boote emporzogen, was auf
    eine kurz bevorstehende Abfahrt deutete.
    Um 8 Uhr morgens war Graf d’Artigas noch nicht er-
    schienen. Sein Begleiter, der Ingenieur Serkö – so bezeich-
    nete man ihn an Bord – hatte seine Kabine noch nicht ver-
    lassen. Nur Kapitän Spade erteilte den Matrosen schon
    seine Anordnungen für die sofortige Abreise.
    Die ›Ebba‹ war eine Yacht, die zum Schnellsegeln gebaut
    war, obgleich sie nie an einem Wettsegeln in Nordamerika
    oder dem Vereinigten Königreich teilgenommen hatte. Ihre
    hohen Masten, die große Segelfläche, die Stellung ihrer Ra-
    hen, ihr Wasserzug, der eine große Stabilität sicherte, sogar
    wenn sie unter vollem Segeldruck stand, ihre am Bug weit
    vorspringende, am Heck scharf zulaufende Form, ihre wun-
    derbar fein ausgearbeitete Wasserlinie . . . alles deutete auf
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    ein sehr schnelles, seetüchtiges Fahrzeug, das auch schwe-
    rerem Wetter leicht zu widerstehen vermochte.
    Bei starker Brise legte die ›Ebba‹, selbst sehr scharf am
    Wind gehalten, doch bequem 12 Seemeilen in der Stunde
    zurück.
    Segelschiffe sind freilich stets den Launen von Wind
    und Wetter unterworfen. Tritt Windstille ein, ist es mit dem
    Vorwärtskommen aus. Sie besitzen zwar den Dampfyach-
    ten überlegene nautische Eigenschaften, es fehlt ihnen je-
    doch die Sicherheit der Fahrt, die der Dampf den letzteren
    verleiht.
    Alles in allem genommen scheint es also, daß der Vor-
    rang demjenigen Schiff gebührt, das die Vorteile des Segels
    und der Schraube in sich vereinigt. Das war aber keinesfalls
    die Ansicht von Graf d’Artigas, da er sich für seine Seerei-
    sen, selbst wenn sie über die Grenzen des Atlantischen Oze-
    ans hinausgingen, mit einer einfachen Goélette begnügte.
    Am heutigen Morgen wehte ein schwacher Wind aus
    Westen. Die ›Ebba‹ hätte also bequem das Becken der Neuze
    durchfahren können, um, den Pamplico-Sund durchque-
    rend, nach einem jener ›Inlets‹ – das sind enge Wasserstra-
    ßen – zu kommen, die die Verbindung zwischen dem Bin-
    nensee und dem Meer bilden.
    2 Stunden später schaukelte die ›Ebba‹ noch immer vor
    ihren Ankern, deren Ketten sich mit einsetzender Ebbe
    zu spannen anfingen. Die Goélette hatte sich gedreht und
    stand jetzt mit dem Heck der Neuze-Mündung zugewen-
    det. Die kleine Bake, die am Vorabend noch an ihrer Back-
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    bordseite schwamm, mußte in der Nacht eingeholt worden
    sein, denn man gewahrte sie nicht mehr im Plätschern der
    Strömung.
    Plötzlich donnerte in einer Entfernung von einer Meile
    ein Kanonenschuß. Eine leichte Rauchwolke schwebte über
    den Batterien am Strand. Ihm antworteten einige Detonati-
    onen von den Geschützen, die auf den Lidos der schmalen
    Inseln an der Seeseite aufgestellt waren.
    In diesem Augenblick erschienen Graf d’Artigas und
    Serkö auf dem Verdeck.
    Kapitän Spade trat auf sie zu.
    »Ein Kanonenschuß . . .«, sagte er.
    »Den haben wir erwartet«, erwiderte Ingenieur Serkö
    leicht die Achseln zuckend.
    »Das bedeutet, daß unsere Tat in Healthful House ent-
    deckt worden ist«, fuhr Kapitän Spade fort.
    »Gewiß«, antwortete Ingenieur Serkö, »und jene Schüsse
    bedeuten den Befehl, die Durchfahrten zu schließen.«
    »Doch was geht das alles uns an?« fragte Graf d’Artigas
    ganz ruhig.
    »Oh, nicht das geringste«, versicherte Ingenieur Serkö.
    Kapitän Spade hatte recht gehabt mit seiner Ansicht, daß
    das Verschwinden Thomas Rochs und seines Pflegers dem
    Personal von Healthful House zur Stunde bekannt gewor-
    den sei.
    Der Arzt, der sich am Morgen zur normalen Visite zum
    Pavillon Nr. 17 begab, hatte das Zimmer leer gefunden. Von
    der Sachlage sofort informiert, hatte der Direktor genaue

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    Nachforschungen innerhalb der Einfriedigung anstellen
    lassen. Diese ergaben, daß die Pforte in der Umfassungs-
    mauer, und zwar des Teils, der sich am Hügelfuß hinzog,
    zwar verschlossen, der Schlüssel aber nicht im Schloß war
    und daß irgend jemand auch die Riegel zurückgeschoben
    hatte.
    So unterlag es keinem Zweifel, daß im Lauf des Abends
    oder der Nacht eine Entführung durch diese Pforte statt-
    gefunden hatte. Wer diese ins Werk gesetzt haben mochte,
    davon hatte man vorläufig noch keine Ahnung und noch
    weniger einen Verdacht auf eine bestimmte Person. Man
    wußte nur, daß gegen halb 8 am Vorabend einer der An-
    staltsärzte Thomas Roch unter einem heftigen Anfall

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