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Vor der Flagge des Vaterlands

Vor der Flagge des Vaterlands

Titel: Vor der Flagge des Vaterlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Meer jetzt vor Sonnenaufgang noch so ruhig
    zu sein wie am Abend vorher. Wäre die ›Ebba‹ auch in den
    Stunden, wo ich schlief, weiter gefahren, so liegt sie jetzt we-
    nigstens wieder still.
    Das Geräusch, wovon ich spreche, kommt vom Hin-
    und Herlaufen von Menschen, die schwere Lasten zu tragen
    scheinen. Gleichzeitig macht sich derselbe Lärm im Lade-
    raum unter dem Fußboden meiner Kabine bemerkbar, zu
    dem die große Luke hinter dem Fockmast den Eingang bil-
    det. Ich überzeuge mich auch, daß die Goélette äußerlich
    längs ihrer Flanken an dem die Schwimmlinie überragen-
    den Teil ihres Rumpfs von irgend etwas gestreift wird. Viel-
    leicht sind Boote an sie herangekommen und die Leute be-
    schäftigt, Waren zu löschen oder zu laden . . .
    Und doch ist es gar nicht möglich, daß wir schon an un-
    serm Bestimmungsort sind. Graf d’Artigas hat gesagt, daß
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    die ›Ebba‹ dort erst nach 24 Stunden eintreffen wird, und,
    ich wiederhole, gestern abend befand sie sich noch 50 bis
    60 Seemeilen vor dem nächstgelegenen Land, den Bermu-
    das-Inseln. Daß sie nach Westen umgekehrt ist und in der
    Nähe der amerikanischen Küste liegt, ist ebensowenig an-
    zunehmen, da die Entfernung bis dahin viel zu groß ist.
    Ferner hab’ ich Ursache zu glauben, daß die Goélette die
    Nacht über an Ort und Stelle liegengeblieben ist. Vor dem
    Einschlafen hatt’ ich mich überzeugt, daß sie anhielt, und in
    diesem Augenblick weiß ich ebenso bestimmt, daß sie nicht
    in Fahrt ist.
    Ich warte also, daß man mir gestattet, wieder zum Ver-
    deck hinaufzugehen. Meine Kabinentür ist, wie ich finde,
    noch immer von außen verschlossen. Es ist jedoch kaum
    anzunehmen, daß man mich hindern wird, die Kabine zu
    verlassen, wenn erst heller Tag ist.
    So verrinnt 1 Stunde. Das frühe Morgenlicht dringt
    durch das runde Fenster. Ich sehe hinaus. Ein leichter Nebel
    bedeckt das Meer, er muß sich aber in den ersten Sonnen-
    strahlen bald auflösen.
    Da ich jedoch auf eine halbe Seemeile hinaus alles er-
    kennen kann und doch den Dreimaster nicht sehe, muß das
    daran liegen, daß dieser sich backbord von der ›Ebba‹ be-
    findet, wohin ich keinen Ausblick habe.
    Eben läßt sich ein knarrendes Geräusch hören; der
    Schlüssel dreht sich im Schloß. Ich stoße an die Tür, die
    nun aufgeht, klettere die eiserne Leiter hinauf und betrete
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    das Verdeck, als die Leute die Luke am Bug gerade wieder
    schließen.
    Ich suche nach Graf d’Artigas. Er ist nicht da und hat
    seine Kabine wohl noch nicht verlassen.
    Kapitän Spade und Ingenieur Serkö überwachen die si-
    chere Lagerung einiger Ballen, die augenscheinlich aus dem
    Laderaum heraufgeholt und nach dem Hinterdeck geschafft
    worden waren. Das würde das geräuschvolle Hin- und Her-
    gehen erklären, das ich beim Erwachen hörte. Wenn die
    Mannschaft aber schon begonnen hat, Frachtstücke herauf-
    zuschaffen, dann müssen wir sehr bald am Ziel sein.
    Wir befinden uns also nicht mehr weit von einem Ha-
    fen, und nach einigen Stunden wird die Goélette darin vor
    Anker gehen.
    Nun . . . und der Segler, der an der Backbordseite von uns
    lag? . . . Er muß noch an derselben Stelle sein, da seit gestern
    Abend Windstille herrschte.
    Meine Blicke fliegen nach dieser Richtung hinaus . . .
    Der Dreimaster ist verschwunden, das Meer verlassen
    und überhaupt kein Schiff draußen auf hoher See, kein Se-
    gel am Horizont, weder nach Norden noch nach Süden hin
    zu sehen.
    Ich überlege mir die Sache hin und her, dennoch kann ich
    mir davon schließlich nur eine, auch bloß unter Vorbehalt
    anzunehmende Erklärung geben. Die ›Ebba‹ müßte näm-
    lich während meines Schlafs ihre Fahrt wieder aufgenom-
    men und den durch die Windstille an seine Stelle gebannten
    — 134 —
    Dreimaster hinter sich gelassen haben, dann könnte er von
    der Goélette aus nicht mehr gesehen werden.
    Übrigens hüte ich mich weislich, Kapitän Spade oder
    Ingenieur Serkö deswegen zu fragen; sie würdigten mich
    doch keiner Antwort.
    Gerade jetzt begibt sich Kapitän Spade nach dem Sig-
    nalapparat und drückt auf einen der Knöpfe der oberen
    Platte. Fast sofort erhält die ›Ebba‹ einen stärkeren Antrieb
    und nimmt, bei noch immer eingebundenen Segeln, ihre
    gewöhnliche Geschwindigkeit wieder an, wobei sie immer
    den Kurs nach Osten einhält.
    2 Stunden später erscheint Graf d’Artigas in der Trep-
    penkappe der Kajüte und begibt sich an seinen gewohnten
    Platz in der

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