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Vor der Flagge des Vaterlands

Vor der Flagge des Vaterlands

Titel: Vor der Flagge des Vaterlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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waren die Leute auf dem östlichen Uferge-
    lände von Back-Cup angesiedelt gewesen. Hier hatte man
    Holzhütten und steinerne Häuser errichtet. Die Leute be-
    fanden sich da in sehr günstiger Lage, das fischreiche Was-
    ser auszubeuten, hauptsächlich Pottwale zu fangen, die in
    der Nähe der Bermudas in den Monaten März und April
    sehr zahlreich vorkommen.
    Nichts hatte bis dahin die Ruhe und Gewerbstätigkeit
    der Fischer gestört. Sie beschwerten sich nicht über ihre
    harte Existenz, die durch den leichten Verkehr mit Hamil-
    ton und Saint George einigermaßen gemildert wurde. Ihre
    soliden, als Kutter getakelten Fahrzeuge führten Fische aus
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    und dafür verschiedene Dinge, die zum Familienunterhalt
    nötig waren, wieder ein.
    Warum also hatten sie dieses Eiland überhaupt und, wie
    bald bekannt wurde, mit der Absicht verlassen, nicht wieder
    dahin zurückzukehren? . . . Das kam daher, daß ihre Sicher-
    heit dort nicht mehr wie früher gewährleistet war.
    2 Monate vorher waren die Leute nämlich zuerst über-
    rascht und dann geängstigt worden, als sie im Innern von
    Back-Cup dumpfe Detonationen vernahmen. Gleichzei-
    tig umgab sich der Gipfel des Eilands – sagen wir: der Tas-
    senboden – mit Rauch und Flammen. Daß dieser Felsblock
    vulkanischen Ursprungs war und sein Gipfel einen Krater
    bildete, vermutete kein Mensch, denn seine Abhänge fie-
    len so schroff ab, daß ihr Erklimmen unmöglich gewesen
    wäre. Jetzt konnte freilich niemand mehr daran zweifeln,
    daß Back-Cup ein alter Vulkan war, der die Ansiedlung an
    seinem Fuß mit einem nahe bevorstehenden Ausbruch be-
    drohte.
    Im Lauf dieser beiden Monate nahm das Getöse im In-
    nern immer mehr zu; es kam schon zu Stößen, die das ganze
    Rückgrat des Eilands erschütterten; aus dem Gipfel schos-
    sen, besonders in der Nacht, unter Donnerrollen Flammen
    empor, kurz, es häuften sich die Anzeichen plutonischer Tä-
    tigkeit in der unter der Meeresoberfläche liegenden Grund-
    feste, die alle einen nahe bevorstehenden Ausbruch erwar-
    ten ließen.
    Da sich die Fischer nun einer drohenden Katastrophe
    ausgesetzt sahen, bei der ihnen das Ufergelände keinerlei
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    Schutz gegen etwaige Lavaströme bot, und da sie sogar eine
    vollständige Zerstörung Back-Cups befürchten mußten,
    zögerten sie nicht länger, von hier zu fliehen. Sie schafften
    all ihr Hab und Gut auf die Fischerbarken und fuhren mit
    Kind und Kegel ab, um in Southampton Harbour Zuflucht
    zu suchen.
    Auf den Bermudas erschrak man nicht wenig über die
    Nachricht, daß ein seit Jahrhunderten erloschener Vul-
    kan am Westende der Gruppe jetzt wieder aktiv war. Doch
    während die einen erschraken, regte sich in anderen eine
    begreifliche Neugier. Im übrigen lohnte es sich ja, die Er-
    scheinung genauer zu beobachten, um die Überzeugung zu
    gewinnen, daß die Fischer bei ihrer Darstellung der Sache
    nicht übertrieben hatten.
    Back-Cup, das als vereinzelter höherer Felsblock im
    Westen des Archipels aufragt, steht mit diesem durch eine
    regellose Reihe, von Osten her unzugänglicher Eilande und
    Klippen in Verbindung. Da sein Gipfel nur etwa 100 Meter
    hoch ist, kann man es weder von Saint Georges noch von
    Hamilton aus sehen.
    Ein Kutter brachte uns, einige Naturforscher und mich,
    von Southampton Harbour aus nach dem Uferland, auf dem
    die verlassenen Hütten der bermudischen Fischer standen.
    Das Krachen im Berginnern war noch immer hörbar
    und aus dem Krater wirbelte eine Dampfwolke hervor.
    Für uns gab es nun keinen Zweifel mehr: der alte Vulkan
    von Back-Cup hatte sich am feurigen Erdinnern sozusagen
    wieder entzündet, und man mußte von einem Tag zum an-

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    dern befürchten, daß es zu einer Eruption mit all ihren ge-
    wöhnlichen Folgen kommen würde.
    Vergeblich versuchten wir zur Mündung des Vulkans
    zu gelangen. Der Aufstieg erwies sich als unmöglich, denn
    die steilen, glatten und schlüpfrigen Abhänge boten Hand
    und Fuß keinen Halt, stiegen sie doch bis zu einem Win-
    kel von 80 Grad an. Nie hatte ich etwas Öderes gesehen, als
    diese Felsenwand, auf der nur vereinzelt etwas wilder Klee
    an Stellen nistete, wo sich eine dürftige Humusschicht ge-
    bildet hatte.
    Nach vielen fruchtlosen Versuchen wollten wir das Ei-
    land wenigstens umwandern. Doch außer dem Teil, wo die
    Fischer früher ihre Hütten errichtet hatten, erwies sich der
    Fuß des Blocks im Norden, Süden und Westen wegen abge-
    stürzter Felstrümmer

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