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Vor der Flagge des Vaterlands

Vor der Flagge des Vaterlands

Titel: Vor der Flagge des Vaterlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Verschwinden ja
    schon bald bemerkt werden müssen, der Tug hätte eine An-
    zahl Leute zum Ufergelände befördert, das wäre bis in seine
    verborgensten Schlupfwinkel durchsucht worden, und da-
    bei hätte man mich wieder eingefangen, nach Bee-Hive
    zurückgebracht und mich diesmal sicherlich jeder Bewe-
    gungsfreiheit beraubt.
    Ich muß also jeden Gedanken an eine Flucht zurückwei-
    sen, so lange sich mir wenigstens keine verläßliche Aussicht
    auf ihr Gelingen bietet. Findet sich aber zufällig eine güns-
    tige Gelegenheit, dann werde ich sie mir nicht entgehen las-
    sen.Während ich so längs der Zellenreihen hinging, konnte
    ich mir auch einige der Leute von Graf d’Artigas ansehen,
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    die sich mit ihm zu dem einförmigen Leben in Back-Cup
    entschlossen haben. Ich wiederhole, daß ihre Anzahl, nach
    der der Zellen beurteilt, sich auf etwa 100 belaufen mag.
    Bei meinem Vorüberkommen lassen sie mich ganz un-
    beachtet. Eine genauere Betrachtung verrät mir, daß sie
    aus allen Ecken und Winkeln der Erde stammen dürften.
    Ich erkenne an ihnen kein Zeichen gemeinsamer Abstam-
    mung, nicht einmal allgemeine Spuren, die sie zu Nordame-
    rikanern, Europäern oder Asiaten stempeln könnten. Ihre
    Hautfarbe wechselt von Weiß über Kupferbraun bis zum
    Schwarz . . . doch eher zum Schwarz des Indischen Archi-
    pels, als zu dem Afrikas. In der Mehrzahl scheinen sie ma-
    laiischen Rassen anzugehören, denn dieser Typus tritt noch
    an den meisten hervor. Ich füge hinzu, daß Graf d’Artigas
    unzweifelhaft jener Sonderrasse der niederländischen In-
    seln im Stillen Ozean entstammt, daß Ingenieur Serkö Le-
    vantiner und Kapitän Spade ein Abkömmling Italiens ist.
    Sind diese Bewohner Back-Cups aber auch nicht durch
    das Band gemeinsamen Rassenursprungs verbunden, so
    sind sie es doch ganz bestimmt durch das gleicher Nei-
    gungen und Begierden. Welch entsetzliche Physiognomien,
    welch rohe Gesichter, welch wilde Typen! Es sind gewalt-
    tätige Naturen, die ihre Leidenschaften nie zu zügeln wuß-
    ten und die wohl vor keiner Greueltat zurückschrecken.
    Und warum – dieser Gedanke kommt mir eben – sollten sie
    nicht infolge einer langen Reihe von Verbrechen, Diebstäh-
    len, Brandstiftungen und gemeinsam ausgeführten Mord-
    taten darauf verfallen sein, sich in diese Höhle zu flüchten,

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    wo sie einer unbedingten Straflosigkeit sicher sein dürf-
    ten? . . . Graf d’Artigas wäre dann also nur der Anführer
    einer Verbrecherbande, deren zwei Leutnants Spade und
    Serkö bildeten, und Back-Cup wäre der Schlupfwinkel von
    Seeräubern! . . . Dieser Gedanke heftet sich immer fester
    in mein Gehirn ein, und ich wäre sehr erstaunt, wenn die
    Zukunft zeigte, daß ich mich damit doch getäuscht hätte.
    Was ich übrigens bei Gelegenheit meines ersten Rundgangs
    sehe, ist vollauf geeignet, meine Ansicht zu stützen und die
    schlimmsten Voraussetzungen zu rechtfertigen.
    Doch wer die Leute auch sein und welche Umstände
    sie hier zusammengeführt haben mögen, auf jeden Fall er-
    kennt man, daß die Genossen des Grafen sich seiner Ober-
    herrschaft rückhaltlos unterworfen haben. Hält sie aber
    eine strenge Disziplin unter seiner eisernen Hand, so ist als
    Ausgleich wahrscheinlich anzunehmen, daß dieser Art der
    Sklaverei, die sie auf sich genommen haben, auch gewisse
    Vorteile gegenüberstehen . . . doch welche? . . .
    Nachdem ich den Teil der Uferstrecke, unter der der
    Tunnel mündet, begangen habe, gelange ich an die andere
    Seite der Lagune. Wie ich es schon vorher erkannt hatte, be-
    findet sich hier das Lager für die Waren, die die Goélette
    von ihren Fahrten mitgebracht hatte. Die geräumigen, in
    den Wänden ausgebrochenen Höhlungen können eine be-
    trächtliche Zahl von Ballen aufnehmen und enthalten diese
    auch.
    Weiter hinten liegt die elektrische Kraftstation. Beim
    Vorbeigehen an ihren Fenstern bemerke ich mancherlei,
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    erst neuerdings erfundene Maschinen und Apparate, die
    wenig Platz einnehmen und höchst vervollkommnet sind.
    Da ist nichts von Dampfmaschinen, die die Verwendung
    von Steinkohle nötig machen und einen komplizierten Me-
    chanismus erfordern. Nein, wie ich es geahnt habe, sind es
    galvanische Batterien von außerordentlicher Leistungsfä-
    higkeit, die den Strom für die Lampen der Höhle und für
    die Dynamos des Tugs liefern. Derselbe Strom dient unver-
    kennbar auch häuslichen Zwecken, zur Heizung von Bee-
    Hive ebenso, wie zum

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