Vor der Flagge des Vaterlands
Kochen der Speisen. Für jetzt kann
ich nur sehen, daß er in einer benachbarten Aushöhlung
zur Erhitzung von Destillierkolben und zur Gewinnung
von Süßwasser gebraucht wird. Die Bewohner von Back-
Cup sind nicht genötigt, als Trinkwasser die reichlichen
Niederschläge zu sammeln, die auf das Eiland fallen. Einige
Schritte von der elektrischen Kraftstation befindet sich eine
große Zisterne, die ich, wenn sie auch deren Umfang nicht
erreicht, mit denen vergleichen kann, die ich auf den Ber-
mudas gesehen habe. Dort ging es um die Deckung des Be-
darfs einer Bevölkerung von 10.000 Seelen . . . hier nur um
die von 100 . . .
Ich weiß noch nicht, wie ich sie bezeichnen soll. Gewiß
haben ihr Anführer und sie selbst zwingende Gründe, im
Innern dieses Eilands zu hausen, doch welcher Art mö-
gen diese Gründe sein? . . . Wenn sich religiöse Eiferer in
die Mauern ihrer Klöster flüchten, um sich von der übrigen
Menschheit abzuschließen, so ist das ja erklärlich. Die Un-
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tergebenen von Graf d’Artigas haben aber keineswegs das
Aussehen von Benediktinern oder Karthäusern!
Bei der Fortsetzung meines Spaziergangs durch den Pfei-
lerwald komm’ ich nun zur Grenze der Höhle. Niemand hat
mich aufgehalten oder angesprochen, ja niemand hat sich
überhaupt um mich gekümmert. Dieser Teil von Back-Cup
ist höchst merkwürdig und hält einen Vergleich mit dem
aus, was die Höhlen von Kentucky oder den Balearen nur
an Naturwundern bieten. Aktivitäten von Menschenhand
sind hier natürlich nirgends zu erkennen. Überall sieht
man nur die Arbeit der Natur, und mit Erstaunen, gemischt
mit Entsetzen, denkt man an die tellurischen Kräfte, die so
wunderbare Bauwerke zustandezubringen vermochten. Auf
den jenseits der Lagune gelegenen Teil fallen die Lichtstrah-
len durch die Mittelöffnung nur in sehr schräger Richtung.
Des Abends von den elektrischen Lampen erhellt, muß er
jedoch einen zauberhaften Anblick bieten. Trotz meiner Be-
mühungen hab’ ich übrigens nirgends einen Gang entdeckt,
der mit der Außenwelt in Verbindung stände.
Zu bemerken wäre noch, daß das Eiland zahlreichen Vö-
geln, Regenpfeifern, Möwen und Seeschwalben Zuflucht
gewährt. Das sind die gewohnten Gäste der Bermudas.
Hier – so scheint es – hat man ihnen niemals nachgestellt,
sondern ihrer Vermehrung ruhig zugesehen, und so zeigen
sie sich auch in der Nähe der Menschen gar nicht scheu und
schreckhaft.
Back-Cup besitzt jedoch auch noch andere Tiere als jene
Seevögel. Seitlich von Bee-Hive befinden sich eingefriedete
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Plätze für Kühe, Schweine, Schafe und Geflügel. Die Ernäh-
rung ist also ebenso gesichert, wie für Abwechslung darin
gesorgt, wozu auch noch die Ausbeute der Fischerei zwi-
schen den Klippen draußen und in der Lagune des Inneren
selbst beiträgt. Fische verschiedener Art gibt es hier in er-
staunlicher Menge.
Um sich zu überzeugen, daß es den Bewohnern von
Back-Cup an nichts Notwendigem fehlt, braucht man sie
nur anzusehen. Es sind kraftstrotzende Leute, vom Hauch
der heißen Zonen tief gebräunte Seebären mit reichem
und von den Meerwinden fast zu sehr mit Sauerstoff ange-
reichertem Blut. Kinder und Greise gibt es hier nicht, nur
Männer im Alter von 30 bis 50 Jahren.
Warum haben sie sich aber zu einer solchen Lebensweise
bestimmen lassen, und kommen sie niemals aus dieser selt-
samen Zufluchtsstätte auf Back-Cup weg?
Vielleicht werd’ ich das bald durchschauen.
10. KAPITEL
Ker Karraje
Die von mir bewohnte Zelle liegt etwa 100 Schritte entfernt
von der Wohnung des Grafen d’Artigas, einer der letzten
dieser Reihe in Bee-Hive. Wenn ich sie nicht mit Thomas
Roch teilen darf, glaub’ ich doch, daß sie sich in der Nähe
von seiner befindet. Will man, daß der Pfleger aus Health-
ful House seines Pflegeramts bei dem Patienten der Anstalt
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auch weiterhin walte, so müssen die beiden Unterkunfts-
räume einander benachbart sein. Über diesen Punkt werd’
ich ja bald aufgeklärt sein.
Kapitän Spade und Ingenieur Serkö wohnen jeder für
sich ganz nah bei dem ›Palais d’Artigas‹.
Ein Palast? . . . Ja, warum soll man ihm nicht diesen Na-
men geben, da diese Wohnstätte mit einem gewissen Auf-
wand von Kunstfertigkeit hergestellt ist. Geschickte Hände
haben den Felsen so bearbeitet, daß er eine reichverzierte
Fassade bildet. Eine breite Tür vermittelt den Zutritt. Das
Licht tritt durch mehrere,
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