Vor der Flagge des Vaterlands
wäre, mich an Bord
des Tugs zu verbergen oder in den Laderaum der ›Ebba‹
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zu schlüpfen, um dort bis zur Ankunft in einem Hafen ver-
steckt zu bleiben! . . . Vielleicht hätt’ ich dann fliehen . . . die
Welt von dieser Räuberhorde befreien können!
Ja, ja, das ist der Gedanke, womit ich mein Hirn zermar-
tere . . . fliehen . . . um jeden Preis aus diesem Schlupfwin-
kel fliehen! . . . Eine Flucht ist aber nur durch den untersee-
ischen Tunnel möglich. Ist es nicht reine Torheit, daran zu
denken? . . . Ja, Torheit . . . schon fast Wahnsinn . . . und doch
gibt es kein anderes Mittel, aus Back-Cup zu entkommen.
Während mich noch diese Gedanken beschäftigen, teilt
sich das Wasser der Lagune etwa 20 Meter vom Hafen-
damm . . . der Schlepper taucht empor. Sofort wird sein Lu-
kendeckel aufgeschlagen und der Maschinist Gibson betritt
zusammen mit einigen Leuten die Plattform. Andere laufen
auf den Uferfelsen herbei, um eine Wurfleine aufzufangen.
Diese wird erfaßt, eingeholt und der Apparat liegt nun wie-
der am gewohnten Platz.
Diesmal segelt die Goélette also ohne die Hilfe des
Schleppers, der nur ausgefahren ist, um Ker Karraje mit
seinen Begleitern nach der ›Ebba‹ zu befördern und diese
durch die Wasserstraßen des Eilands zu lotsen.
Das bestärkt mich in der Annahme, daß die Reise keinen
anderen Zweck hat, als einen amerikanischen Hafen anzu-
laufen, wo Graf d’Artigas die zur Zusammensetzung des
Sprengmittels nötigen Stoffe erhalten und in einer Fabrik
die Maschinenteile bestellen kann. An dem für die Rück-
fahrt vereinbarten Tag wird der Tug dann wieder den Tun-
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nel durchfahren, die Goélette in ihr Versteck bugsieren und
Ker Karraje wird nach Back-Cup zurückkehren.
Offenbar sind die Absichten des Schurken mitten in der
Ausführung, und die Sache geht schneller, als ich angenom-
men habe.
3. August. – Heute hat sich in und auf der Lagune ein
merkwürdiges Ereignis abgespielt, das sich nur selten wie-
derholen dürfte.
Gegen 3 Uhr nachmittags entsteht ein etwa 1 Minute
lang anhaltendes Aufwirbeln des Wassers, das dann 2 bis
3 Minuten aussetzt und darauf in der Mitte der Lagune wie-
der beginnt.
Von der fast unerklärlichen Erscheinung herangelockt,
laufen eine Anzahl von den Seeräubern das Ufergelände hi-
nunter. Sie sehen höchst verwundert aus und lassen auch,
wie es mir scheint, wiederholt einen Schreckensruf verneh-
men.
Der Tug ist nicht Ursache dieser auffälligen Bewegung
im Wasser, denn der liegt jetzt am Hafendamm vertäut. Die
Annahme, daß ein anderes Tauchschiff durch den Tunnel
gelangt sein sollte, wäre doch gar zu unwahrscheinlich.
Fast gleichzeitig ertönen Rufe auf dem gegenüberliegen-
den Ufer. Einige Männer wenden sich in mir unverständ-
licher Sprache an die ersteren, und nach dem Austausch
einiger Worte laufen diese hastig nach der Seite von Bee-
Hive zurück.
Sollten sie etwa ein Seeungeheuer im Wasser der Lagune
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bemerkt haben und jetzt Waffen holen, um es anzugreifen,
oder Fanggeräte, um sich seiner zu bemächtigen?
Ich habe richtig geraten, denn einen Augenblick darauf
seh’ ich sie, mit Gewehren für Sprenggeschosse und Har-
punen mit langen Leinen bewaffnet, wieder zum Ufer hi-
nablaufen.
Wirklich, es ist ein Walfisch – von der Art der bei den
Bermudas so häufigen Kaschelotts oder Pottwale – das sich
nach dem Passieren des Tunnels jetzt in der Tiefe der La-
gune tummelt. Kann ich daraus, daß das Tier gedrängt wor-
den sein dürfte, im Innern von Back-Cup Schutz zu suchen,
wohl schließen, daß es von Walfängern verfolgt worden
ist?Einige Minuten verstreichen, ehe der Wal wieder an die
Oberfläche der Lagune heraufkommt. Man sieht seine un-
geheure grünlich glänzende Masse sich bewegen, als ob das
Tier gegen einen furchtbaren Feind kämpfte. Bei seinem
Wiederauftauchen steigen zwei Wasserstrahlen geräusch-
voll aus seinen Spritzlöchern empor.
»Ist das Tier in den Tunnel eingedrungen, um der Verfol-
gung durch Walfänger zu entgehen«, sag’ ich mir da, »dann
muß sich ein Fahrzeug in der Nähe von Back-Cup befinden.
Vielleicht liegt eines nur wenige Kabellängen vom Ufer ent-
fernt. Seine Boote müssen durch die westlichen Wasserstra-
ßen bis zum Fuß des Eilands vorgedrungen sein, und ich . . .
ich kann mich ihnen nicht mitteilen!«
Doch wenn das ginge, wäre es mir möglich, durch die
Felsenwand von Back-Cup zu
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