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Vor der Flagge des Vaterlands

Vor der Flagge des Vaterlands

Titel: Vor der Flagge des Vaterlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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er
    war der Herr über mein Leben. Ein Wink von ihm, und ein
    Revolverschuß hätte mich ihm zu Füßen niedergestreckt . . .
    Warf man meinen Leichnam dann in die Lagune, so wäre
    er durch den Tunnel ins Meer vor Back-Cup getrieben wor-
    den.Nach diesem Auftritt ließ man mich unbehelligt, wie
    vorher. Keine besondere Maßnahme wurde in bezug auf
    mich getroffen. Ich konnte zwischen den Felsenpfeilern
    umherwandeln bis zum äußersten Ende der Höhle, die –
    das liegt auf der Hand – keinen anderen Ausgang als den
    Tunnel hatte.
    Als ich, eine Beute von tausenderlei Gedanken, die diese
    neue Lage in mir erregte, in meine Grotte am Ende von Bee-
    Hive zurückgekehrt war, sag’ ich für mich:
    »Wenn Ker Karraje auch weiß, daß ich der Ingenieur Si-
    mon Hart bin, soll er doch nie erfahren, daß mir die Lage
    von Back-Cup ganz genau bekannt ist.«
    Was die Absicht betrifft, mir die Pflege Thomas Rochs
    anzuvertrauen, glaub’ ich, daß Graf d’Artigas sie niemals im
    Ernst gehabt hat, da ihm meine Identität bekannt war. Ich
    beklage das in gewisser Hinsicht, denn es ist unzweifelhaft,
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    daß der Erfinder der Gegenstand aufdringlichster Anfech-
    tung sein, daß Ingenieur Serkö jedes Mittel versuchen wird,
    um in Besitz des Rezepts für den Explosivstoff und des Zün-
    ders zu kommen, wovon er bei seinen späteren Raubzügen
    den schonungslosesten Gebrauch zu machen wissen wird.
    Im Lauf der nächsten 14 Tage habe ich meinen früheren
    Pflegebefohlenen nicht ein einziges Mal zu Gesicht bekom-
    men. Dabei hat mich, ich wiederhole es, niemand an meinen
    täglichen Spaziergängen gehindert. Über den materiellen
    Teil des Lebens hier hab’ ich mich in keiner Weise zu bekla-
    gen. Meine Mahlzeiten kommen mit militärischer Pünkt-
    lichkeit aus der Küche von Graf d’Artigas . . . ein Name und
    Titel, dessen ich mich noch nicht entwöhnt habe und den
    ich ihm zuweilen beilege. Ich bin ja was Essen und Trinken
    betrifft nicht anspruchsvoll; es wäre jedoch ungerecht, dar-
    über eine einzige Klage zu erheben. Die Art der Ernährung
    läßt, dank den Vorräten, die bei jeder Reise der ›Ebba‹ er-
    neuert werden, keinesfalls etwas zu wünschen übrig.
    Es ist auch ein Glück, daß es mir in den langen Stunden
    der Untätigkeit stets möglich war, wenigstens zu schreiben.
    Ich habe in mein Notizbuch also die kleinsten Vorkomm-
    nisse seit der Entführung aus Healthful House eintragen
    können und führe meine Notizen Tag für Tag weiter. Diese
    Arbeit werd’ ich fortsetzen, solange mir nicht die Feder aus
    der Hand gerissen wird. Vielleicht dient sie in Zukunft dazu,
    die Geheimnisse von Back-Cup zu enthüllen.
    5. bis 25. Juli. – 3 Wochen sind verstrichen, und noch
    ist mir kein Versuch geglückt, mich Thomas Roch zu nä-
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    hern. Sicherlich hat man vorgesorgt, ihn meinem Einfluß zu
    entziehen, so unwirksam dieser bis jetzt auch gewesen ist.
    Meine einzige Hoffnung besteht darin, daß Graf d’Artigas,
    Ingenieur Serkö und Kapitän Spade ebenfalls Zeit und
    Mühe verschwenden werden, ohne hinter sein Geheimnis
    zu kommen.
    Drei- oder viermal – wenigstens soweit ich es weiß –
    sind Thomas Roch und Ingenieur Serkö zusammen umher-
    gelaufen. Mir schien, als sie so um die Lagune spazierten,
    als ob der erste mit einer gewissen Aufmerksamkeit dem
    lauschte, was der zweite zu ihm sagte; dieser hat ihm die
    ganze Höhle gezeigt, ihn zu der elektrischen Kraftstation
    geführt und auch Einzelheiten von der Einrichtung des
    Tugs sehen lassen. Der geistige Zustand Thomas Rochs hat
    sich, seit er nicht mehr in Healthful House ist, offenbar ge-
    bessert.
    Thomas Roch hat in der Wohnung Ker Karrajes ein Zim-
    mer für sich. Ich zweifle gar nicht daran, daß er Tag für Tag,
    besonders von Ingenieur Serkö, beobachtet und belauscht
    wird. Wird er, wenn man ihm anbietet, seine Maschine mit
    dem ungeheuren Preis, den er dafür verlangt, zu bezahlen,
    Kraft genug haben, noch zu widerstehen? Ja, kennt er wohl
    überhaupt noch den Wert des Geldes? Die Schurken kön-
    nen ihn ja mit so viel Gold verwirren, das von dem viele
    Jahre hindurch zusammengeraubten Gut herstammt. Wird
    er sich, bei dem Zustand, in dem er sich befindet, nicht un-
    ter Umständen überreden lassen, die Zusammensetzung
    seines Fulgurators zu verraten? . . . Dann genügte es, nach
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    Back-Cup die nötigen Materialien einzuführen, und Tho-
    mas Roch hätte Muße, seine chemischen Arbeiten auszu-
    führen. Was die

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