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Vor Jahr und Tag

Titel: Vor Jahr und Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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denn man wußte ja, daß man allein war.
    In diesem Fall jedoch kannte Carl bereits den Namen. Mit dem Anruf wollte er bloß ihre Adresse verifizieren. Wahrscheinlich war sie bei der Arbeit, soweit er wußte, war sie Krankenschwester. Er konnte sich also Zeit lassen, das Haus gründlich auf den Kopf stellen, das Buch, das Hayes wollte, in Ruhe suchen. Falls er’s nicht fand, meinte Hayes, sollte er die Bude sicherheitshalber abfackeln. Vielleicht lag das Buch ja in einem Bankschließfach, aber die Leute waren selten so vorsichtig, wenn es um ihre Wertsachen ging; sie suchten sich einfach ein ihrer Meinung nach sicheres Versteck in ihrem Haus.
    Er ging zu seinem Auto zurück und holte den Stadtplan heraus, den er sich zuvor gekauft hatte. Karen Whitlaws Straße fand er schnell, in maximal fünfzehn Minuten konnte er dort sein. Genug Zeit, um seinen Job zu erledigen und seinen Nachmittagsflug noch zu erwischen.
    Er fuhr langsam durch das Wohnviertel und hielt Ausschau nach Anzeichen für eine örtliche Straßenwacht und nach Leuten, die in ihren Gärten arbeiteten oder den Rasen mähten. Die Häuser waren eher klein und schon ein wenig alt. Er sah nur vereinzelt ein paar Kinder spielen, und die meisten Autos vor den Garagen waren große, unförmige Kastenwägen, was ihm verriet, daß die Mehrzahl der Häuser von älteren Leuten bewohnt wurde, deren Kinder längst flügge waren, oder von jungen Pärchen, die sich ihr erstes Heim gekauft und noch keine Kinder hatten. Die Häuser ohne Auto vor der Garage gehörten wahrscheinlich den jungen Pärchen, die gerade bei der Arbeit waren.
    Das konnte gut oder schlecht sein. Es war zwar kaum jemand zu Hause um diese Tageszeit, aber die, die’s waren, waren höchstwahrscheinlich alte Leute. Und alte Leute waren neugierig. Sie kannten die Autos sämtlicher Bewohner aus der Nachbarschaft, und ein unbekanntes würde ihnen auffallen. Außerdem hatten sie nichts Besseres zu tun, als den ganzen Tag am Fenster zu sitzen und rauszuglotzen.
    Nun, ein paar alte Leutchen konnten ihn nicht davon abhalten, in ein Haus reinzukommen, in das er wollte. Der Trick dabei war, falls man gesehen wurde, so zu tun, als hätte man jedes Recht, hier zu sein. Noch besser war jedoch, wenn ihn keiner sah. Er war gut darin, den Unsichtbaren zu spielen; deshalb hatte ihn Hayes ja auch angeheuert.
    Er fuhr herum, bis er einen kleinen Supermarkt fand, und parkte seinen Mietwagen ein wenig abseits davon. Da man ihn dennoch von drinnen gesehen haben konnte, ging er hinein, um sich eine Cola zu kaufen, wobei er jedoch sorgfältig jeden Blickkontakt vermied und nichts tat, das ihn erinnernswert machte. Er ließ seinen Wagen stehen und ging raschen Schrittes zu Fuß die drei Blocks bis zu Karen Whitlaws Haus.
    Als er bei ihrer Straße ankam, begann er, durch die Hinterhöfe zu schleichen, sich immer hinter Hecken und Zäunen haltend. Die Leute warfen allen möglichen Müll in ihre Hinterhöfe, was ihm eine hervorragende Deckung bot. Gewöhnlich waren Hunde sein größtes Problem. Hunde waren einfach nervtötend. Er konnte einen von den kleinen Bastarden in einem Haus japsen und heulen hören. Carl duckte sich hinter ein Gebüsch und wartete ab, bis sich das Getöse gelegt hatte.
    Schließlich erreichte er das Whitlaw-Haus. Reinzukommen war ein Kinderspiel. Das Schloß an der Hintertür hätte nicht mal einen einigermaßen aufgeweckten Zehnjährigen abgehalten; innerhalb weniger Sekunden war es offen. Gott, wenn die Leute wüßten.
    Als erstes machte er eine Runde durchs Haus und sah in den üblichen Verstecken nach: dem Gefrierfach im Kühlschrank, auf Schränken, unter Stühlen. Er wußte nicht, wie das Buch aussah; das wußte keiner. Such einfach nach einem kleinen Notizbuch, hatte Hayes gesagt. Wahrscheinlich alt und abgerissen.
    In keinem dieser Verstecke befand sich jedoch ein altes, abgerissenes Notizbuch. Also begann Carl methodisch, das Haus von oben bis unten auf den Kopf zu stellen. Er sah in jede Schublade und nahm sie auch heraus, um zu sehen, ob dahinter oder darunter etwas festgeklebt war. Er fühlte die Vorhänge ab, um zu sehen, ob in den Säumen etwas eingenäht war, und auch sämtliche Kissen überprüfte er nach ausgebesserten Nähten oder verdächtigen Ausbuchtungen. Er brachte nichts durcheinander; das taten nur blutige Amateure. Die wahre Kunst bestand darin, rein und wieder raus zu kommen, ohne eine Spur zu hinterlassen. Er schlitzte keine Möbelstücke auf und legte alles wieder dorthin

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