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Vor Jahr und Tag

Titel: Vor Jahr und Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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irgendwo was zu essen zu besorgen?« erkundigte er sich leichthin. »Ich hatte heute noch kein Mittagessen.« Das war eine Lüge, aber was schadete es, wenn er damit erreichte, was er wollte. Rückblickend ärgerte es ihn, daß er die Anzeichen nicht schon erkannt hatte, als sie in seinem Büro auftauchte. Sie war gespannt gewesen wie ein Drahtseil und stand kurz vor einem Zusammenbruch; nur ihre eiserne Selbstdisziplin hatte sie noch aufrecht gehalten. Er hätte sich am liebsten in den Hintern getreten. Gewöhnlich durchschaute er die Menschen besser.
    »Essen?« meinte sie in einem vagen Tonfall, als hätte sie nicht die leiseste Ahnung, was das Wort bedeutete. Dann riß sie sich mit sichtlicher Anstrengung zusammen. »Selbstverständlich hab ich nichts dagegen.«
    »Wir werden was in einem Drive-In mitnehmen. Mögen Sie lieber mexikanisch, Hamburger, Brathühnchen, rote Bohnen mit Reis, Pizza -?«
    »Mexikanisch ist in Ordnung«, antwortete sie, weil das das erste war, das er genannt hatte.    
    Ein Cop kennt jedes Restaurant in der Stadt, und so fuhr er zu einem winzigen, klapprigen Stehimbiß, der früher mal eine Grillstube gewesen war. Es gab da nur das Drive-
    Up-Fenster, durch das einem der Besitzer leckere Burritos und Enchiladas zureichte. Schon bald darauf waren sie wieder unterwegs, und er beobachtete, wie ihre Wangen allmählich wieder Farbe bekamen, während sie gemütlich an ihrem Burrito kaute.
    »Wie lang dauert die Fahrt?« erkundigte sie sich.
    »Ungefähr eine halbe Stunde, bei dem Verkehr.« Er verzog einen Mundwinkel zu einem halben Lächeln. »Ich könnte ja das Blaulicht einschalten, aber das versuch ich zu vermeiden, außer wenn ich einen Mordshunger hab oder wirklich dringend auf die Toilette muß.«
    Ein überraschtes, kleines Lachen sprudelte aus ihr heraus. Sie legte rasch die Hand über den Mund und blinzelte ungläubig, als könne sie nicht fassen, daß er mit ihr scherzte und auch nicht, daß sie tatsächlich gelacht hatte. Ihre großen braunen Augen wirkten vor Überraschung beinahe eulenhaft.
    Wegen dieser Augen beschloß er, noch eins draufzusetzen. »Sie werden bemerken, daß ich mich aus Respekt vor Ihnen besonders korrekt ausgedrückt habe, statt zu sagen, wenn ich wirklich dringend pissen muß.«
    Sie lachte wieder und sah ebenso überrascht drein wie beim ersten Mal. »Äh - ja, das hab ich bemerkt«, stammelte sie. »Vielen Dank.«
    Marc verbarg seine Befriedigung. Mit diesen harmlosen kleinen Scherzen hatte sich das Verhältnis zwischen ihnen schon gewandelt. Es herrschte jetzt nicht mehr der kühle Geschäftston, sondern ein etwas persönlicherer Ton, und sie wirkte sichtlich entspannter. Das war auch nötig; denn so, wie sie aussah, brauchte sie dringend Schlaf. Als sie mit ihrem Burrito fertig war, nahm er ihr das Einwickelpapier aus der Hand, wobei er absichtlich ihre Finger streifte, und stopfte es in die Tüte zu seinem eigenen. »Warum lehnen
    Sie sich nicht einfach zurück und machen die Augen zu, bis wir dort sind?«
    »Ich fürchte, ich würde einschlafen, wenn ich das täte.« Sie sah hinaus auf den Straßenverkehr. »Ich hab zur Zeit Nachtschicht und konnte -«
    Sie hielt inne, und er beendete den Satz für sie. »Und Sie konnten nur ein paar Stunden schlafen, bevor ich anrief.« Das erklärte eine ganze Menge. Sie war wirklich todmüde.
    »Ich hab versucht, Sie anzurufen, als ich nach Hause kam, aber es war zu früh, und Sie waren noch nicht im Büro.«
    »Hat denn die Voice Mail nicht funktioniert?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, und ich hab’s eine ganze Zeitlang klingeln lassen.«
    Er unterdrückte einen Fluch und langte nach seinem Handy, tippte wütend eine Nummer mit dem Daumen ein. Karen beobachtete ihn nervös; sie sah andauernd Patienten, die in Unfälle verwickelt worden waren, weil sie während des Fahrens auch noch telefonierten. Detective Chastain hielt die Augen auf die Straße gerichtet und die linke Hand fest am Steuer. Er ist ein ausgezeichneter Fahrer, dachte sie, er fährt so glatt und mühelos, man merkt gar nicht, wie schnell er fährt.
    Er unterbrach die Verbindung mit einem weiteren wütenden Daumendruck. »Die Voice Mail funktioniert nicht, tut mir leid. Ich werd’s überprüfen, wenn ich im Büro bin; als Detective kann ich’s mir nicht leisten, unerreichbar zu sein. Inzwischen machen Sie ruhig ein Nickerchen, wenn Sie wollen. Ich wecke Sie schon auf, wenn wir da sind.«
    Sie wollte widersprechen, war aber viel zu müde und

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