Vor Katzen wird gewarnt
mit all der Polizei und Leonards schrecklicher Nervosität
am Telefon.«
»Polizei?«
»Mein lieber Junge«, er war
voller Mitgefühl. »Wußten Sie denn nicht, daß Clive ermordet worden ist?«
»Nein«, sagte ich gleichmütig.
»Die Polizei war zuerst bei
Leonard, dann kamen die Beamten zu mir. Ich nehme an, Leonard hat ihnen allen
möglichen Unsinn erzählt. Aber trotzdem«, er zuckte verständnisvoll die
Schultern, »vermutlich war der arme Kerl von Panik erfaßt. Der Lieutenant
schien alles Interesse zu verlieren, als ich ihm erzählte, ich hätte Clive seit
Wochen nicht mehr gesehen — seit jener Party nicht mehr, als er plötzlich
beschloß, sich auf fruchtbarere Weiden zurückzuziehen.«
»Als er zu Reid zog?«
»Genau!« Alsops Lächeln war
vage. »Ich hatte wirklich versucht, es ihm hier komfortabel zu machen, aber er
wollte nicht bleiben. Vielleicht hatte der Swimming-pool die falsche Form und
beleidigte seinen Sinn für Ästhetik. Solche Dinge sind immer schrecklich schwer
zu beurteilen.« Er trank sein Glas leer und stellte es auf den Tisch zwischen
uns. »Der Mörder des armen Clive, erzählte mir der Lieutenant, hat versucht,
seine Tat wie einen Selbstmord wirken zu lassen. Nur ist ihm das nicht
sonderlich gut gelungen. Ich konnte den Beamten nicht viel helfen, aber der
Lieutenant schien recht zufrieden zu sein, als ich Clives Cousine erwähnte. Ein
Mädchen namens Zoe Parnell. Leonard muß vergessen haben, ihren Namen zu nennen.
Sicher ganz verständlich. Ich meine, er war schrecklich aufgeregt, als er
hinterher am Telefon mit mir sprach. Schließlich hat das Mädchen die ganze Zeit
über, als Clive dort war, bei ihm gewohnt.«
»Glauben Sie, daß Reid Jordan
umgebracht hat?« fragte ich rundheraus.
»Mein lieber Junge...« Er sah
bei dem Gedanken schmerzlich drein. »Gewiß nicht. Oh, ich habe Charlie Sterns
wundervolle Theorie über Leonard und seinen Größenwahn gehört, aber ich glaube
sie nicht. Meiner Ansicht nach ist Leonard durchaus in der Lage, jemanden im
Zorn umzubringen, schon weil er seine eigenen Kräfte unterschätzt, aber ich
glaube niemals, daß er kaltblütig morden könnte. Das sieht Leonard einfach
nicht ähnlich.«
»Kannten Sie Lester Anderson —
der damals Selbstmord begangen hat?«
»Ja, ich kannte ihn. Ein netter
Bursche, aber ich hielt ihn immer für ein bißchen labil. Das gehört auch zu
Charlies Theorie, nicht wahr?« Er lachte unbeschwert. »Ich muß schon sagen, wenn
es sich um Phantasievorstellungen handelt, ist Charlie unschlagbar. Aber
eigentlich ist ja Charlie selber ein reines Phantasiegebilde. Er führt das
Leben eines feudalen Lords aus dem fünfzehnten Jahrhundert. Wissen Sie? Als ihm
seine Besitztümer langweilig wurden, begann er, Leute zu sammeln, und solange
er sie besitzt, besitzt er sie völlig. Ich finde so etwas heutzutage, wo alles
sozialisiert und langweilig ist, recht faszinierend. Sie nicht?«
»Was meinen Sie mit >er
besitzt Leute« fragte ich.
»Haben Sie seinen Mann, John,
kennengelernt?« Er wartete, bis ich den Kopf geschüttelt hatte. »Das ist
wirklich ein Erlebnis. Er sieht aus, als ob er zweieinhalb Meter groß wäre, und
ist gebaut wie ein Gorilla. Wenn einer der Leute, die Charlie gehören, sein Mißvergnügen erregt, dann läßt er John das ausüben, was er
als >disziplinäre Maßnahmen< bezeichnet. Ich glaube, der einzige Grund,
weshalb er John nach diesem Zwischenfall im Restaurant damals nicht hinter
Leonard hergeschickt hat, war der, daß Charlie fürchtete, Leonard könnte
hinterher als Sieger aus dem Ganzen hervorgehen.«
Ich trank den Rest der
bernsteinfarbenen Flüssigkeit und zündete mir dann eine Zigarette an. Wenn Iwan
Alsop versuchte, mir etwas mitzuteilen, so brauchte ich entschieden entsetzlich
lange, um dahinterzukommen, um was es sich handelte.
»Worauf ich hinaus will«, sagte
er, als ob er gerade meine Gedanken gelesen hätte, »ist, daß Charlie selber
durchaus als Paranoiker mit Größenwahnvorstellungen bezeichnet werden könnte.
Deshalb kann seine fixe Idee, was Leonard anbetrifft, nicht weiter
wundernehmen. Andererseits kann man ihn auch nicht einfach ignorieren. Er ist
viel zu gefährlich, um ignoriert zu werden.«
»Derjenige, der Jordan
umgebracht hat, ist offensichtlich bemüht, Reid den Mord in die Schuhe zu
schieben«, sagte ich. »Halten Sie Stern dessen für fähig?«
»Mein lieber Junge«, sein
Lächeln war herablassend, »Charlie ist buchstäblich zu allem fähig. Er haßt
Leonard seit
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