Vor meinen Augen
Geburtstagsfeier kommen?«
»Du machst noch eine Party?«
»Ja, warum denn nicht?«
»Ja … nein … klar. Es ist nur, ich weiß nicht, du feierst ja ganz schön oft, aber sicher, super. Ja, ich komme.«
Sie lächelte, als ich das sagte, als hätte ich ihr einen tollen Wellness-Gutschein geschenkt statt nur ein Top.
Ich lächelte zurück. Mein Kuckuckslächeln.
»Ist irgendwas?«, fragte sie.
»Nein. Nichts.« Ich wollte sie fragen, wie es bei Dan gewesen war, am Freitag als ich zu den Haywoods musste. Ich wollte über das Nachsitzen jammern. Aber es war, als ob die Worte zusammen mit all den anderen Dingen, die ich ihr nicht sagte, in meinem Hals steckenblieben. Wie so oft. Ich dachte daran, was Katherine gesagt hatte, dass ich apathisch sei. Aber Katherine versteht nicht, dass es so viel besser ist. Ich setzte ein strahlendes Lächeln auf, zu strahlend, nach der Überraschung in Abis Augen zu urteilen. Ich sagte: »Alles ist bestens. Ich habe bloß diesen Aufsatz nicht geschrieben.«
Megan kam herüber. Sie musste meinen letzten Satz gehört haben, denn sie fing an, über ihren blöden Aufsatz zu reden. Sie hatte darüber geschrieben, wie ihr Hund gestorben war. Ich konnte es kaum glauben. Dann fingen sie und Abi an, über Dans Party zu reden. Auch wenn ich zuerst gedacht hatte, ich wollte es wissen – als Abigail sagte, sie hätte sich den ganzen Abend mit Dan unterhalten, drehte sich mir der Magen um. Ich wünschte, sie würde den Mund halten.
Kalila saß allein am Nebentisch. Auch wenn ihr Kopftuch ihr Gesicht im Schatten ließ, hätte ich schwören können, dass sie mir einen mitleidigen Blick zuwarf.
Sonntag, 26. Februar
Gestern Abend ging ich in Emilys Zimmer. Ich öffnete die Tür und stand eine Weile da, bevor ich eintrat. An der einen Wand waren lauter viereckige Spiegel. Ich konnte mich in all diesen Vierecken sehen wie in lauter Bildschirmen. Es kam mir vor, als wartete ich auf etwas, als ob Emily vielleicht gleich aus dem kleinen Badezimmer käme, ein Handtuch um das nasse Haar geschlungen, und mich anmeckern würde, gefälligst zu verschwinden.
Ich ging zu ihren CDs, die alle auf dem blauen Holzregal standen, und fing an, sie durchzusehen. Ich hatte mich damit noch nicht einmal zwei Minuten beschäftigt, als Mum hereinkam. Sie sagte: »Was tust du hier drin?«
Ich zuckte mit den Schultern.
Sie ging auf mich los und fing an zu schreien: »Lass die Sachen in Ruhe! Fass nichts an. GAR NICHTS!«
Ich stand einfach nur da und war total geschockt.
Sie packte meine Arme und zerrte an mir. Ich schrie sie an, sie solle mich loslassen, und versuchte ihr klarzumachen, dass ich nur eine CD hatte ausleihen wollen. Wir langten bei der Tür an und ich hielt mich am Rahmen fest. Sie zerrte an mir, aber ich hielt mich weiter fest. Auf einmal wurde sie ganz schlaff. Dann ließ sie mich los und starrte mich an, als sei ich eine Fremde.
Ich schluchzte: »Ich wollte nur eine CD ausleihen.«
Sie sagte: »Du sollst nichts von hier wegnehmen.«
»Warum?«
»Es ist mein Ernst«, sagte sie.
»Du wünschst dir, ich wäre es gewesen«, erwiderte ich, ganz ruhig.
Ihr Gesicht fiel in sich zusammen, als hätte ich ihr einen Schlag in den Magen verpasst und sie bekäme keine Luft mehr. Bevor sie irgendetwas sagen konnte, rannte ich zurück in mein Zimmer, schlug die Tür zu und lag wie erstarrt auf dem Bett.
Mum klopfte vorsichtig, und als ich nicht antwortete, sagte sie durch die Tür: »Du weißt, dass das nicht stimmt, oder?«
Ich bekam keinen Ton heraus.
Sie sagte: »Es tut mir leid. Es tut mir leid, was gerade passiert ist. Ich wünschte, ich könnte es leichter für dich machen.« Ich dachte, sie hätte gleich danach gesagt: »Für uns beide«, aber sie muss angefangen haben zu weinen, denn es war schwer, ihre Worte zu verstehen. »Hör mal, ich weiß, ich sollte mich um deinetwillen besser zusammennehmen. Ich verspreche, dass ich mich mehr zusammenreißen werde, Soph.«
Ich wollte etwas sagen; ich wollte es wirklich.
Sie klopfte noch einmal und flüsterte mit erstickter Stimme: »Kann ich reinkommen, Sophie?«
Ich dachte, sie würde vielleicht die Tür aufstoßen, doch sie tat es nicht. Sie kam nicht herein. Ich hasse sie. Und ich hasse Emily dafür, dass das alles passieren musste. Ich kann nicht glauben, dass ich das gerade geschrieben habe. Aber es stimmt.
Dienstag, 28. Februar
Rosa-Leigh und ich beschlossen, heute zu Fuß nach Hause zu laufen, weil es nicht ganz so kalt war wie sonst.
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