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Vor meinen Augen

Vor meinen Augen

Titel: Vor meinen Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Kuipers
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Tisch aus und las ihn Megan und Zara LAUT VOR. Rosa-Leigh kam herein, sah, was los war, und holte mich aus der Cafeteria. Ich bin so bescheuert, ich fing an zu weinen. Dann entschuldigte ich mich dauernd bei Rosa-Leigh, weil ich so theatralisch war, aber sie sagte, ich sollte mich nicht für’s Traurigsein entschuldigen.
    Der Nachmittag verging echt langsam. Ich wünschte mir wirklich, ich hätte nicht Kunst gewählt. Ich hasse es. Hätte ich stattdessen lieber Kreatives Schreiben genommen! Im Bus zeigte ich Rosa-Leigh das Gedicht, das ich kürzlich über silberne Fische geschrieben hatte. Sie lächelte und nickte. Dann zeigte sie mir ein paar Gedichte, an denen sie arbeitet, und wir redeten darüber. Heute Abend hat sie mir noch ein paar Musikstücke von einer kanadischen Band geschickt, die ihr sehr gefällt. Die Sängerin hat eine besondere, echt coole Stimme.

Samstag, 25. März
    Als ich die Hoffnung eigentlich schon aufgegeben hatte, schickte Dan mir eine Mail mit diesem Text:

    Sophie, hast du Lust heute Abend zu mir zu kommen? Hier ist Party.

    Ich las die beiden Sätze mindestens eine Million Mal. Jetzt muss ich mir überlegen, was ich anziehen soll. Ich hoffe bloß, Abigail IST NICHT DORT. Ich rief bei Rosa-Leigh an und fragte sie, ob sie nicht mitkommen will. Ihr Dad fährt uns hin. Ich drückte das Telefon ganz stark an mein Ohr und hätte plötzlich am liebsten angefangen zu weinen, obwohl es nichts gab, worüber ich gerade hätte traurig sein müssen.

    Rosa-Leigh trug ein kurzes schwarzes Kleid über Jeans. Ihr Haar war offen und sie sah einfach wahnsinnig gut aus. Ich trug ein blaues Seidentop und Jeans, und Rosa-Leigh sagte, ich sähe auch richtig gut aus. Sie lieh mir ihre Jadeohrringe, es sind nur kleine, grüne Stecker, aber sie passen richtig gut zu meinen Augen.
    Ihr Dad setzte uns bei Dan ab. Durch die Vorhänge konnten wir die Umrisse von einer Menge Leute im Wohnzimmer sehen. Ich klopfte an der Haustür und jemand riss sie auf. Dans Haus war eines dieser Häuser, bei denen die Haustür direkt ins Wohnzimmer führt. All die Aufregung, die ich auf dem Herweg verspürt hatte, verschwand einfach so. Ich kam mir vor wie ein Ballon, aus dem die ganze Luft entweicht, nur ohne dieses Geräusch. Denn Abigail war auch da. Zusammen mit Megan und Zara.
    Abi sah mich mit Rosa-Leigh und stieß dieses künstliche Lachen aus. Dann beugte sie sich vor, um mit den beiden anderen zu tuscheln. Sie standen dicht gedrängt beisammen, damit ich nicht hören konnte, was sie sagten. Dan schlenderte herein. Er kam zu mir und umarmte mich. In meinem Bauch kribbelte es ohne Ende. (Außerdem gefiel es mir, dass Abigail und alle anderen die Umarmung sahen.) Er gab mir einen leichten Kuss auf die Wange, und ich bemerkte, dass er ziemlich stark nach Bier roch. Er legte den Kopf zurück, um mich anzusehen. Seine Augen waren gerötet und leicht glasig vom Alkohol, aber er war trotzdem richtig süß.
    »Ich freu mich, dass du da bist«, sagte er.
    Ich nickte, mein Herz machte einen Satz, und ich stellte ihn Rosa-Leigh vor. Rosa-Leigh sagte schnell hallo, dann zog sie mich weiter bis in die Küche. Da roch es nach süßlichem Punsch und Schweiß. Sie lehnte sich gegen die Anrichte, die mit Flaschen bestückt war und als Tresen diente, und zog ein Ist-das-der-Typ? -Gesicht.
    »Was?«
    »Er ist betrunken. Richtig betrunken.«
    »Ich mag ihn.« Während ich es aussprach, merkte ich, dass ich ihn wirklich mochte.
    Abigail kam in die Küche und sah uns. Sofort ging sie wieder raus und kehrte gleich darauf mit Dan zurück, hatte sich bei ihm untergehakt. Sie warf ihr krauses Haar nach hinten, sah mit Schmollmund zu ihm hoch und IGNORIERTE MICH VÖLLIG. Während sie anfing, für sie beide Drinks einzugießen, wankte er zu mir herüber.
    »Wie geht’s dir?«, fragte er.
    »Ähm, okay«, sagte ich. Ich bin ja so erbärmlich.
    Er lächelte und mein albernes Herz zappelte herum wie ein Fisch auf dem Trockenen. Er versuchte, etwas zu sagen, aber er verlor den Faden, weil er ein bisschen zu betrunken war. Und dann, ICH SCHWÖRE ES, drängte Abigail sich zwischen uns, obwohl er gerade mit mir reden wollte. Sie drückte sich gegen ihn und begann ihn GENAU VOR UNS zu küssen.
    Dan hob die Augenbrauen, als sei er schockiert, aber es hinderte ihn nicht daran, sie zurückzuküssen. Ein eifersüchtiger Schmerz durchfuhr mich, so sehr wünschte ich mir, dass er mich so küsste. Ich konnte gar nicht fassen, was da geschah. Am liebsten wäre ich in

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