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Vor Nackedeis wird gewarnt

Vor Nackedeis wird gewarnt

Titel: Vor Nackedeis wird gewarnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Charles
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hintereinander, die beiden Oberhemden.
    Der Pfarrer von Dymstable legte die Feder aus der Hand. Sanft fragte er: »Susan, würde es dir etwas ausmachen, mir zu erklären, warum du Handtücher, Hosen und Hemden aus dem Fenster wirfst?«
    »Ich werfe sie aus dem Fenster, weil ich nur ein Shorty an und nicht die Absicht habe, so nach draußen auf den Rasen zu gehen«, meinte Susan. »Draußen sind zwei junge Männer, die völlig ohne Kleider sind und mich gebeten haben, ihnen Hosen und Hemden zu besorgen, weil die Polizei hinter ihnen her ist. Als Christin habe ich schließlich die Verpflichtung, ihre Blößen zu bedecken, oder?«
    »Ach, so ist das«, meinte der Pfarrer und griff erneut zur Feder. Diese Erklärung erschien ihm durchaus einleuchtend.
    Dann dachte er doch ein wenig nach und stutzte.
    »Warum sind die beiden nackt?« fragte er.
    »Keine Ahnung. Der eine ist Donald, der andere ein Fremder. Ein dürrer Bursche mit spitzen Knien. Für Donald lege ich jederzeit meine Hand ins Feuer.«
    Sie trat vom Fenster zurück.
    »O.K., Jungens«, rief sie. »Kommt rein und sagt Vater guten Tag, ja?« Donald Erasmus Havelock-Dobson sprang wie ein Ziegenbock durch das Fenster nach innen und sauste, gefolgt von Richard Widderby, dem Zukünftigen Parlamentsabgeordneten der Konservativen Partei, auf das offene Kaminfeuer zu.
    Interessiert betrachteten der Pfarrer und seine Tochter sie.
    »Also«, fragte Susan, »was ist denn eigentlich passiert?«

    Donald streckte sich in seinem Bett und seufzte beglückt. Der nicht endenwollende Alptraum war überstanden, und sie beide waren mehr oder weniger ohne Schaden entkommen.
    Schläfrig grunzte er: »Wirklich nettes Ding, diese Susan. Der Vater ist zwar eine verträumte, alte Ente, aber doch irgendwie in Ordnung. Dickie, mein Junge, unser Geheimnis ist in guten Händen. Du kannst dich morgen dem Wahlkomitee ohne einen Schatten von Angst stellen.«
    »Haatschii«, antwortete Richard Widderby.
    Donald verkroch sich in den Kissen. Verträumt meinte er: »Dieses Shorty, dieses Ding, das sie trug, stand ihr verdammt gut. Komisch, ich kenne sie seit Jahren, und mir ist nie auf gefallen, daß sie ein süßes Ding geworden ist, jetzt, wo sie älter ist. Und sie ist wirklich gewachsen, was? Verdammt... sie ist eine junge Frau... und eine sehr gut aussehende junge Frau.«
    Endlich waren die Schuppen von seinen Augen gefallen. Er schlief ein und träumte von hübschen Sachen, die man trotz des Bademantels hatte erkennen können. Und obwohl er nicht annähernd soviel von Susan hatte sehen können, wie sie zweifellos von ihm, hatte ihn das wenige, was zu sehen gewesen war, sehr angenehm berührt.
    Noch im Schlaf murmelte er: »Verdammt hübsches Biest.«
    Richard Widderby erwiderte: »Haaaaatschiiii!«

    Colette schleppte ein schweres altes Fahrrad zum hinteren Gartenweg von Haus Seeblick, sprang auf und strampelte mit einem todunglücklichen Gesichtsausdruck auf die kleine Brücke zu. In Gedanken formulierte sie einen Brief an ihre Mutter, in dem sie die Erlaubnis fordern wollte, sofort nach Hause zurückkehren zu dürfen.
    Auch bei Colette zeigten sich jetzt Spuren dieser Erlebnisse. Sie wurde von Heimweh geplagt und sehnte sich nach den engen Straßen ihrer Heimatstadt, den vertrauten Gerüchen, den Booten im Hafen und vor allem nach den Menschen, die ihre Sprache sprachen. Sie war knapp drei Wochen in England, aber sie fühlte sich unerwünscht und ganz sicher ungeliebt.
    Wütend trat sie in die Pedale, und das Fahrrad schoß in die Hauptstraße hinein, nur um Zentimeter an einem Motorrad vorbei.
    »Merde«, sagte sie. Warum fuhren diese Menschen nicht auf der richtigen Seite der Straße, so wie in Frankreich?
    Sie streckte ihren linken Arm heraus.
    Und bog rechts ein.
    Der Fahrer, der gerade überholen wollte, bog weder rechts noch links ein.
    Er wurde grün im Gesicht und stieg auf die Bremse.
    Colette drehte sich um und schaute ihn rachedurstig an. »Hammel«, schrie sie und radelte weiter.

    Richard Widderby saß am Steuer von Donalds altmodischem Vehikel und pfiff fröhlich durch die Lücke seiner vorderen Zähne. Wenn er auch sonst gar nichts besaß, so doch das Temperament eines Politikers, der Schicksalsschläge abschüttelt, um rechtzeitig zur nächsten Runde im Ring zu stehen und den Kampf frisch, fröhlich und frei wieder aufzunehmen, als sei überhaupt nichts geschehen.
    Am Vortag hatte er den absoluten Tiefpunkt erreicht. In einer feindseligen Umwelt nackt und wehrlos ausgesetzt

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