Vor Schmetterlingen wird gewarnt (German Edition)
einmal, um die Unterhaltung zu moderieren. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass ihr drei wahrscheinlich extrem fotogen seid.“ Er schien einen Moment nachzudenken. „Knifflig wird höchstens der Sound. Es ist immer schwierig, wenn man mehr als zwei Leute vor der Kamera hat.“ Dann winkte er ab. „Aber dafür haben wir ja Kyle. Er ist der beste Tonmann, mit dem ich je zusammengearbeitet habe.“
Mit ernster Miene lehnte er sich noch ein kleines Stückchen weiter nach vorn. „Pass auf, ich mache dir ein Angebot. Normalerweise ist so etwas für mich tabu. Wenn dir die Aufnahmen von dir nicht gefallen, werde ich dich komplett wieder aus der Dokumentation herausschneiden. Ich glaube zwar, dass ich deiner Miss Agnes absolut nicht gerecht werde ohne deinen Beitrag, aber du hast mein Wort darauf. Wenn es dir nicht gefällt, werde ich die Szenen schweren Herzens löschen. Ich werde es dir schriftlich geben“, versicherte er ihr rasch, ehe sie eine bissige Bemerkung zu seiner Glaubwürdigkeit machen konnte. „Die Dokumentation gibt dir jedoch die einmalige Chance, der Welt von dieser Frau zu erzählen, die einen solchen Einfluss auf dein Leben hatte. In jeder guten Dokumentation ist es das persönliche Wissen über die porträtierte Person, sind es die Anekdoten, die die Geschichte erst so richtig spannend machen.“
„Wozu brauchst du dann überhaupt eine Drehbuchautorin, wenn du glaubst, dass spontane Erinnerungen viel besser rüberkommen?“
„Ich gehe dieses Projekt wie ein Feature an. In Miss Agnes’ Leben gibt es sehr viele visuelle Aspekte. Außerdem habe ich ein so großes Budget wie noch nie. Ich drehe alle Interviews in HD, die Spielszenen mit den Schauspielern aber analog. Das verleiht dem Ganzen den satteren Farbton einer früheren Ära.“ Langsam richtete er sich wieder in seinem Sessel auf und sah sieeinen Moment lang nur an. „Ich hoffe sehr, dass du mitmachst. Aber selbst wenn nicht – würdest du mir trotzdem die Nummern deiner Freundinnen geben, damit ich sie dazubitten kann? Ich möchte unbedingt ein Bild der Frau entstehen lassen, die sich dreier Mädchen annahm. Nicht nur für einen Tee bei sich zu Hause, sondern für viele Teestunden und andere einflussreiche Momente über Jahre hinweg.“
Ava wusste, dass er recht hatte. Er bot ihr eine einmalige Chance. Sie gab es nur ungern zu, aber der Hauptgrund für ihre Weigerung war die Tatsache, dass man vor der Kamera angeblich fünf Kilo dicker aussah. Du meine Güte, wie blöd war das? In den vergangenen zehn Jahren hatte sie kaum an Cade gedacht. Und nun machte sie sich Sorgen, was er wohl von ihr halten würde, wenn er sie auf Film oder digitalisiert sah oder was auch immer. Was, zum Kuckuck, hatte das zu bedeuten?
„Ich mache es“, sagte sie, bevor ihre Eitelkeit den Sieg davontragen konnte.
„Du gibst mir ihre Telefonnummern?“
„Ich mache in deiner Dokumentation mit. Es ist vermutlich besser, wenn ich Jane und Poppy anrufe. Die zwei gehören nicht unbedingt zu deinen größten Fans.“
Er winkte ab. „Du musst es nicht beschönigen. Du kannst ruhig sagen, dass sie mich hassen.“
„Na schön, Sie hassen dich. Aber Miss Agnes haben sie geliebt. Für sie werden sie es wahrscheinlich tun, auch wenn die Anfrage von dir kommt. Es wird trotzdem besser sein, wenn ich ihnen erkläre, worum es geht.“
„Danke.“
Ava stand auf. „Dir ist hoffentlich klar, dass ich das nicht für dich mache, oder?“
„Oh, sicher. Das habe ich schon begriffen.“ Er stand ebenfalls auf. „Trotzdem danke. Bei meinen Recherchen über Miss Agnes gewann ich den Eindruck, dass sie nicht nur eine faszinierende Frau war, sondern auch einzigartig. Ich bin froh über jede Gelegenheit, so viele Facetten ihres Charakters zeigen zu können,wie ich in neunundneunzig Minuten unterbringen kann.“
„Langsam fange ich an, das zu glauben.“ Sie nahm seine Jacke von der Sessellehne und hielt sie ihm hin. „Nur deshalb habe ich zugestimmt.“
„Ja.“ Er grinste schief. „Dass du es nicht wegen meines umwerfenden Lächelns getan hast, habe ich mir schon gedacht.“
Hätte aber sein können, dachte Ava.
Damals, ehe er alles kaputt gemacht hatte, hätte das durchaus sein können.
5. KAPITEL
Ich war versucht, das Gespräch mit Poppy und Jane wegen des Interviews hinauszuzögern. Doch abgesehen davon, dass mir diese verdammte Ballonrate im Nacken sitzt, will ich wirklich, dass der Dokumentarfilm über Miss Agnes der beste wird, den die Welt je gesehen
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