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Vor Vampiren wird gewarnt

Vor Vampiren wird gewarnt

Titel: Vor Vampiren wird gewarnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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des Mordes an Lorena eigentlich schlecht fühlen sollte. Wie ich diese Grübelei darüber, was moralisch das Beste wäre, hasste; denn meistens stimmte es sowieso nicht mit meinem Bauchgefühl überein.
    Im Endeffekt ging's bei dieser ganzen Selbstbefragung doch darum, dass ich Lorena, die jetzt Bill heilen könnte, getötet hatte. Bill war verwundet worden, als er mir zu Hilfe eilte. Ganz klar, ich hatte eine Verantwortung. Mir würde schon noch einfallen, was ich tun könnte.
    Als ich endlich bemerkte, dass ich mutterseelenallein im Dunkeln herumlief und eigentlich Todesängste ausstehen müsste (zumindest, wenn's nach D'Eriq ging), erreichte ich bereits meinen gut beleuchteten Hinterhof. Vielleicht waren mir die Sorgen um mein Seelenleben eine ganz willkommene Ablenkung von den körperlichen Qualen gewesen. Oder vielleicht fühlte ich mich besser, weil ich jemandem etwas Gutes getan hatte: Ich hatte Bill umarmt und geküsst, und das hatte ihm geholfen. Als ich an diesem Abend zu Bett ging, konnte ich jedenfalls, anstatt mich hin und her zu wälzen, plötzlich wieder auf der Seite liegen, so wie ich es am liebsten tat, und ich schlief einen traumlosen Schlaf - zumindest konnte ich mich am nächsten Morgen an keinen Traum erinnern.
    Auch die ganze nächste Woche lang genoss ich ungestörten Schlaf, sodass ich mich schon wieder ein bisschen mehr wie ich selbst fühlte. Es war zwar nur graduell, aber wahrnehmbar. Mir war noch nicht eingefallen, wie ich Bill helfen könnte, aber ich kaufte ihm eine neue CD (Beethoven) und legte sie dorthin, wo er sie finden würde, wenn er aus seinem Tagesruheort herauskam. Und ein paar Tage später schickte ich ihm eine E-Card. Nur damit er wusste, dass ich an ihn dachte.
    Jedes Mal, wenn ich mich mit Eric traf, war ich ein wenig glücklicher. Und schließlich hatte auch ich wieder meinen Orgasmus, einen so explosiven, als hätte ich mir alles für diesen einen Moment aufgespart.
    »Du ... geht's dir gut?«, fragte Eric und sah mich mit seinen blauen Augen an, ein halbes Lächeln auf den Lippen, als wäre er nicht sicher, ob er Beifall spenden oder einen Krankenwagen rufen sollte.
    »Mir geht's sehr, sehr, sehr, sehr gut«, flüsterte ich. Übertreibungen müssen erlaubt sein. »Mir geht's so gut, dass ich glatt zu einer Pfütze auf dem Boden dahinschmelzen könnte.«
    Sein Lächeln wurde sicherer. »Dann war es also gut für dich? Besser als in der letzten Zeit?«
    »Du wusstest, dass... ?«
    Er zog eine Augenbraue hoch.
    »Na klar, du wusstest es. Ich hatte bloß... es gab da ein paar Dinge, die sich erst klären mussten.«
    »Ich wusste natürlich, dass es nicht an mir als Liebhaber liegen konnte, geliebtes Eheweib«, sagte Eric, und auch wenn diese Worte ganz schön anmaßend waren, zeichnete sich in seinem Gesicht doch eindeutig Erleichterung ab.
    »Nenn mich nicht so. Du weißt, dass unsere sogenannte Ehe nur eine Strategie ist. Und um auf deine vorherige Bemerkung zurückzukommen: Als Liebhaber bist du erstklassig , Eric.« Ehre, wem Ehre gebührt. »Aber das Orgasmus-Problem bestand nur in meinem Kopf. Jetzt habe ich mich selbst kuriert.«
    »Du verscheißerst mich doch, Sookie«, murmelte er. »Aber ich werde dir beweisen, was für ein erstklassiger Liebhaber ich bin. Weil ich nämlich glaube, dass du noch mal kommen kannst.«
    Und wie sich herausstellte, konnte ich.

       Kapitel 1
    APRIL
    Ich liebe den Frühling aus all den naheliegenden Gründen. Ich liebe es, wenn die Blumen blühen (was früh geschieht hier in Louisiana); ich liebe die zwitschernden Vögel; ich liebe es, wenn die Eichhörnchen über meinen Hof flitzen.
    Und ich liebe das Heulen der Werwölfe in der Ferne.
    Nein, war nur ein Scherz. Aber der kürzlich verstorbene Tray Dawson hatte mir erzählt, dass der Frühling die liebste Jahreszeit der Werwölfe ist. Dann gibt es mehr Beute, sodass die Jagd schnell vorbei ist und mehr Zeit fürs Fressen und Spielen bleibt. Und da ich an Werwölfe gedacht hatte, überraschte es mich nicht, von einem zu hören.
    An jenem sonnigen Frühlingsmorgen Mitte April saß ich mit meinem zweiten Becher Kaffee und einer Zeitschrift auf meiner vorderen Veranda, immer noch in Schlafanzughose und Superwoman-Shirt, als der Leitwolf des Shreveporter Rudels mich auf dem Handy anrief.
    »Nanu«, rief ich, als ich die Nummer erkannte. Ich klappte das Telefon auf. »Hallo«, sagte ich verhalten.
    »Sookie«, erwiderte Alcide Herveaux. Ich hatte Alcide seit Monaten nicht gesehen.

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