Vor Vampiren wird gewarnt
»Eric hatte seit sehr, sehr langer Zeit niemanden mehr wie dich, Sookie. Ich glaube zwar, dass er vernünftig genug ist, um auf Kurs zu bleiben, aber du musst auch an seine Verantwortung denken. Dies ist eine gefährliche Zeit für uns paar Leute aus seiner ursprünglichen Crew, die nach Sophie-Annes endgültigem Tod noch übrig geblieben sind. Wir Shreveport-Vampire gehören jetzt noch viel enger zu Eric, da er der einzige überlebende Sheriff des alten Regimes ist. Wenn Eric untergeht, gehen wir alle unter. Und wenn es Victor gelingt, Eric in Misskredit zu bringen oder irgendwie seine Basis hier in Shreveport anzugreifen, werden wir alle sterben.«
Ich hatte die Situation selbst noch nie in so unheilvolle Worte gefasst. Und Eric mir gegenüber auch nicht. »Ist es wirklich so schlimm?«, fragte ich benommen.
»Er ist eitel genug, dass er vor dir gern als starker Mann dastehen möchte, Sookie. Und in der Tat, Eric ist ein großartiger Vampir, und sehr pragmatisch. Aber in letzter Zeit ist er nicht mehr so pragmatisch - nicht, wenn es um dich geht jedenfalls.«
»Willst du damit sagen, dass Eric und ich uns nicht mehr sehen sollten?«, fragte ich ganz direkt. Normalerweise war ich heilfroh, dass ich die Gedanken der Vampire nicht lesen konnte, manchmal war es aber auch frustrierend. Ich war daran gewöhnt, mehr über die Gedanken und Gefühle der Leute zu wissen, als ich wissen wollte, und nicht daran, mich fragen zu müssen, ob ich recht hatte.
»Nein, das nicht.« Pam wirkte nachdenklich. »Ich könnte es nicht ertragen, ihn unglücklich zu sehen. Und dich auch nicht«, fügte sie nachträglich hinzu. »Aber wenn er sich deinetwegen Sorgen macht, reagiert er nicht so, wie er reagieren würde... reagieren sollte...«
»Wenn es mich nicht gäbe.«
Eine Weile lang sagte Pam nichts. »Ich glaube«, begann sie schließlich, »dass Victor dich bisher nur aus einem Grund nicht entführt hat, um Eric zu erpressen, und zwar weil Eric dich geheiratet hat. Victor versucht immer noch, seinen Arsch zu retten, indem er sich an die Spielregeln hält. Er ist noch nicht so weit, offen gegen Felipe zu rebellieren. Er wird auch weiterhin versuchen, sich für alles, was er tut, zu rechtfertigen. Aber Felipe gegenüber bewegt er sich mittlerweile auf dünnem Eis, weil er beinah zugelassen hat, dass du umkommst.«
»Vielleicht erledigt Felipe ja den Job für uns«, sagte ich.
Pam dachte kurz nach. »Das wäre ideal«, erwiderte sie dann. »Aber darauf werden wir noch warten müssen. Felipe wird nichts überstürzen, wenn es darum geht, einen seiner Stellvertreter zu töten. Das würde nur seine anderen Stellvertreter beunruhigen und verunsichern.«
Ich schüttelte den Kopf. »So ein Pech. Denn Felipe würde es doch überhaupt nichts ausmachen, Victor umzubringen.«
»Und würde es dir etwas ausmachen, Sookie?«
»Ja, allerdings.« Wenn auch nicht so viel, wie es sollte.
»Du würdest Victor also lieber im Eifer des Gefechts töten, nachdem er dich angegriffen hat, statt den Mord an ihm so zu planen, dass er sich dagegen nicht wirksam wehren kann?«
Okay, so formuliert, ergab meine Einstellung nicht allzu viel Sinn. Ich sah ein, dass es vollkommen lächerlich war, sich noch lange Gedanken über die Umstände zu machen, wenn man sowieso gewillt war, jemanden zu töten, oder den Mord an jemandem plante.
»Es sollte eigentlich keinen Unterschied machen«, sagte ich leise. »Tut es aber. Trotzdem muss Victor weg.«
»Du hast dich verändert«, erwiderte Pam nach kurzem Schweigen. Sie wirkte nicht überrascht, schockiert oder angewidert. Aber glücklich klang sie auch nicht, wenn wir schon dabei sind. Es klang eher so, als würde sie feststellen, dass ich meine Frisur verändert hatte.
»Ja«, sagte ich. Wieder sahen wir eine Zeit lang einfach nur zu, wie der Regen niederging.
Plötzlich rief Pam: »Guck mal!« Auf dem Standstreifen der Autobahn parkte eine glänzend weiße Limousine. Ich verstand nicht, warum Pam so aufgeregt war, bis ich den Mann bemerkte, der trotz des Regens in vollkommen nonchalanter Haltung mit vor der Brust verschränkten Armen am Auto lehnte.
Als wir auf gleicher Höhe mit dem Wagen, einem Lexus, waren, winkte die Gestalt uns mit lässiger Geste heran. Wir wurden gebeten, rechts ranzufahren.
»Mist!«, schimpfte Pam. »Das ist Bruno Brazell. Wir müssen anhalten.« Sie fuhr auf den Standstreifen und hielt vor dem anderen Wagen. »Und Corinna«, sagte sie erbittert. Ich blickte in den Außenspiegel
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