Vor Vampiren wird gewarnt
wegen irgendwelcher Streitereien. Wir werden das, was Basim dir erzählt hat, überprüfen.« Er wandte sich an Pam. »Dieses neue Mädchen, Heidi, sagt doch, sie sei Fährtenleserin.«
»Du hast eine neue Vampirin?«, fragte ich.
»Eine, die Victor uns geschickt hat.« Eric hatte einen grimmigen Zug um den Mund. »Denn sogar von New Orleans aus leitet Victor - angeblich - Louisiana mit fester Hand. Er hat Sandy, die unsere Mittlerin sein sollte, nach Nevada zurückgeschickt. Ich vermute, Victor war der Ansicht, dass er nicht genug Kontrolle über sie hatte.«
»Wie kann er New Orleans wieder auf die Beine bringen, wenn er so viel in Louisiana herumreist wie Sandy?«
»Ich nehme an, dann überträgt er die Leitung Bruno Brazell«, sagte Pam. »Bruno tut so, als wäre Victor in New Orleans, selbst wenn er nicht da ist. Der Rest von Victors Leuten weiß meist gar nicht, wo er sich aufhält. Seit er alle Vampire, die er in New Orleans finden konnte, getötet hat, müssen wir uns auf die Informationen unseres einzigen Spions verlassen, der das Massaker überlebt hat.«
Ich wäre natürlich gern zu der Frage abgeschweift, wer dieser mutige und furchtlose Vampir war, der inmitten des feindlichen Lagers für Eric spionierte. Aber ich musste bei meinem Hauptthema bleiben: bei der Geheimniskrämerei des neuen regierenden Oberbosses von Louisiana. »Victor steht also gern selbst an vorderster Front«, sagte ich. »Er will alles mit eigenen Augen sehen und alles selbst machen, anstatt sich auf die Kette der Untergebenen zu verlassen.«
»Genau«, sagte Pam. »Und die Kette der Untergebenen kann sehr wörtlich gemeint und aus schwerem Eisen sein unter Victor.«
»Pam und ich haben uns schon auf der Fahrt hierher über Victor unterhalten. Ich frage mich, warum Felipe de Castro Victor zu seinem Repräsentanten in Louisiana ernannt hat?« Victor hatte auf mich eigentlich ganz okay gewirkt die zwei Mal, die ich ihm persönlich begegnet war - was aber nur bewies, dass man Vampire nie nach ihrem guten Benehmen und freundlichen Lächeln beurteilen sollte.
»Dazu gibt es zwei Theorien«, sagte Eric und streckte seine langen Beine von sich. Vor meinem geistigen Auge blitzte das Bild auf, wie diese langen Beine auf knittrigen Laken ausgebreitet dalagen, und ich musste mich zwingen, mich wieder auf das Thema des Gesprächs zu konzentrieren.
Eric lächelte mir mit hervorblitzenden Fangzähnen zu (er bekam natürlich mit, welche Gefühle ich empfand), ehe er fortfuhr. »Die eine besagt, dass Felipe Victor so weit wie irgend möglich von sich weg haben will. Ich glaube, dass Felipe Victor einen saftigen Brocken Fleisch hingeworfen hat, damit der nicht in Versuchung kommt, gleich nach dem ganzen Steak zu greifen.«
»Während andere von uns glauben«, ergänzte Pam, »dass Felipe Victor eingesetzt hat, weil der eben sehr effizient ist. Und dass Victors Ergebenheit Felipe gegenüber womöglich echt ist.«
»Wenn die erste Theorie stimmt«, sagte Eric, »gibt es kein echtes Vertrauen zwischen Felipe und Victor.«
»Wenn die zweite Theorie stimmt«, meinte Pam, »und wir gegen Victor vorgehen, wird Felipe uns töten.«
»Jetzt verstehe ich langsam, worauf ihr hinauswollt«, sagte ich und sah von erster Theorie (nackter Oberkörper mit Jeans) zu zweiter Theorie (reizendes Vintage-Kostüm). »Ich bin ja wirklich nur ungern so selbstbezogen, aber der erste Gedanke, der mir kam, war dieser: Victor wollte doch nicht zulassen, dass du mir hilfst, Eric, als ich dich brauchte - Pam, ich weiß übrigens auch, wie viel ich dir zu verdanken habe. Und das bedeutet ja wohl, dass Victor das Versprechen nicht respektiert, oder? Felipe hat mir nun aber mal versprochen, dass er seinen Schutz auch auf mich ausdehnt, was er besser auch tun sollte, da ich ihm das Leben gerettet habe, stimmt's?«
Beredtes Schweigen trat ein, während Eric und Pam über meine Ausführungen nachdachten.
»Ich glaube, Victor wird sein Bestes tun, dir so lange nicht offen zu schaden, bis er selbst König zu werden versucht - falls er das tut«, sagte Pam. »Wenn Victor beschließt, nach der Königswürde zu greifen, sind alle von Felipe abgegebenen Versprechen nur noch Worte ohne Bedeutung.« Eric nickte zustimmend.
»Das ist ja großartig.« Ich klang vermutlich etwas gereizt und selbstbezogen, aber genau so fühlte ich mich.
»Bei all dem gehen wir aber davon aus, dass es uns nicht gelingt, ihn vorher zu töten«, sagte Pam leise. Und dann schwiegen wir alle einen
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