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Vorbei: Drei Erzählungen (German Edition)

Vorbei: Drei Erzählungen (German Edition)

Titel: Vorbei: Drei Erzählungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Joachim Schädlich
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warfen alles vor uns hin, steckten rote und weiße Fahnen auf, rutschten auf Knien heran und wedelten mit Palmzweigen.»
    «Schmerzlich», sagte Baxter.
    «Sie zeigten auf ihre Weiber und gaben uns Zeichen, mit den Weibern in ihre Hütten zu gehen. Die Weiber setzten sich vor uns auf die Erde und legten die Decken ab, in die sie gehüllt waren.»
    «Interessant, Herr Behrens», sagte Frau Cunningham, «aber mehr muß man über eine Schafweide auch nicht wissen. Wir können also zügig an diesem öden Eiland vorbeisegeln.»
    «Erlauben Sie, Frau Cunningham», sagte Bob, «aber als Kunsthistoriker interessiere ich mich sehr für die Statuen, die Herr Behrens Götzenfiguren zu nennen beliebt.»
    «Wir sind schon viel zu lange unterwegs», erwiderte Frau Cunningham. «Ich will endlich Louis wiedersehen. Was haben diese Statuen mit Louis zu tun?»
    «Mit Louis hat alles zu tun.»
    «Ach, machen Sie doch keine leeren Sprüche!»
     
    Kapitän Koster hatte ohnehin die Absicht, Paasch-Eiland zu besuchen, in Erinnerung an Admiral Roggeveen und aus Neugier auf die Insulaner. Er fand eine Anlegestelle in der Nähe von Hanga Roa, und im Laufe mehrerer Stunden wurde die halbe Besatzung der «Arend» an Land gebracht, allen voran Kapitän Koster.
    Dr.   Clark, Bob, Baxter und Behrens waren unter den ersten, die das Eiland betraten.
    Frau Cunningham weigerte sich, das Schiff zu verlassen. Auch Hammerton blieb an Bord. «Warum soll ich über diese Insel schreiben, wenn meine Briefe doch nicht auf die Post gegeben werden können.»
    Am Abend kamen alle zurück aufs Schiff.
    Frau Cunningham, die gehofft hatte, am nächsten Morgen ginge die Reise weiter, wurde enttäuscht. Am nächsten Morgen ging Kapitän Koster mit der anderen Hälfte der Mannschaft an Land. «Die Leute sollen sich in der milden Luft die Beine vertreten.»
    Behrens, Dr.   Clark, Bob und Baxter waren wieder dabei.
    Diesmal ging auch Hammerton mit; er war durch Bobs Bericht über die Moai-Figuren verlockt.
     
    Am dritten Tag verließ die «Arend» das Paasch-Eiland. Das Schiff machte große Fahrt, aber die Einöde des Wassers und die Gleichform der Tage waren schwer erträglich.
    Die Reisenden saßen gelangweilt beisammen. Behrens sagte: «Unter Admiral Roggeveens Kommando fuhren drei Schiffe: die ‹Arend›, die ‹Thienhoven› und die ‹Afrikaansche Galey›. Ich war auf der ‹Arend›. Wir passierten die Hunde-Insel, und in der folgenden Nacht segelten wir plötzlich zwischen völlig unbekannten Inseln, ohne darauf vorbereitet gewesen zu sein. Die ‹Afrikaansche Galey› hatte den geringsten Tiefgang. Sie fuhr des Nachts immer voraus, aber gerade nur so weit, daß wir ihre Feuer noch sehen konnten.
    Auf einmal hörten wir Notschüsse. Die ‹Afrikaansche Galey› gab Schuß um Schuß ab. Sie setzte alle ihre Laternen an die Mastbäume.
    Kapitän Koster gab für die ‹Arend› den Befehl, sofort zu wenden. Die ‹Galey› hatte Schiffbruch erlitten.»
    «Reizende Aussichten», sagte Hammerton.
    «Am nächsten Morgen sahen wir ringsumher Felsen und Inseln. Erst jetzt erkannten wir, wie nahe die ‹Arend› und die ‹Thienhoven› dem Schiffbruch gewesen waren.
    Der Rückweg aus dem Felsgewirr war nicht leicht zu finden. Erst nach fünf Tagen konnten wir uns durch allerlei Manöver aus dieser gefährlichen Lage befreien.
    Während dieser Tage wußten wir nicht, wie es der Besatzung der ‹Galey› ergangen war. Als aber ein Boot zu uns zurückkehrte, das von der ‹Thienhoven› ausgesandt worden war, erfuhren wir, daß alle Mann lebten, allerdings die meisten durch die scharfen Klippen verletzt. Die Leute hatte sich mühsam auf die Unglücksinsel gerettet.
    Wir fuhren mit Booten los, um die Schiffbrüchigen abzuholen. Die ‹Afrikaansche Galey› lag zertrümmert; wir hatten nicht nur das Schiff verloren, sondern auch die Waren.
    Zurück auf der ‹Arend›, stellten wir fest, daß fünf Leute von der ‹Galey› fehlten, ein Quartiermeister und vier Matrosen. Sie hatten sich an Land mit den Offizieren zerstritten und, gut Holländisch, mit Messern arg zerstochen. Kapitän Rosendahl, der die ‹Galey› verloren hatte, wollte die Messerstecher henken lassen. So wagten sie es nicht, wieder an Bord zu kommen.
    Schließlich fuhr ich selbst mit einigen Leuten zu ihnen. Sie beschossen uns, und wir trauten uns nicht an Land. Aber nach einer Weile landeten wir doch. Ich rief ihnen zu, sie sollten mitkommen, es werde ihnen nichts geschehen. Sie glaubten mir nicht.

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