Vorbei: Drei Erzählungen (German Edition)
sprechen. Jerusalem, Kurator des Collegium Carolinum, an welchem Winckelmann eine Anstellung zu finden gehofft, um der Konrektorstelle in Seehausen zu entkommen.
Jerusalem war nicht einmal bereit gewesen, Winckelmann zu empfangen.
Später wünschte Winckelmann, der «Pfaffe Bethlehem» möchte erfahren, daß der größte Kardinal in Rom, gegen den der Braunschweiger Abt ein Esel sei, ein bescheidener Bürger scheine gegen Jerusalems phantastischen Stolz.
Der Abt Jerusalem war der Erzieher des Erbprinzen von Braunschweig gewesen.
Winckelmann war erleichtert, als der Erbprinz für 14 Tage nach Neapel ging. Er habe beständig um den braunschweigischen Achilles sein müssen. Dieser Herr werde nach der Rückkunft noch ein paar Wochen in Rom bleiben.
Aus Neapel brachte der Erbprinz, der zwei Jahre zuvor die Prinzessin Augusta von Wales geheiratet hatte, eine zwanzigjährige Geliebte mit, Maria von Branconi, Witwe des Barons Francesco de Branconi.
Mit Maria von Branconi kehrte der Erbprinz im Sommer 1767 nach Braunschweig zurück.
Winckelmanns Dienste als Antiquario nobile für Durchlauchtige Prinzen ließen ihm selten eine ungestörte Stunde für die Arbeit, die ihn seit langem beschäftigte. Wenigstens nachts und am frühen Morgen saß er in diesen Tagen über den «Monumenti antichi inediti», seinem zweiten großen Werk.
Winckelmann schrieb es in italienischer Sprache.
Er wollte zweierlei: seine «Geschichte der Kunst des Alterthums» neu bearbeiten, für die Italiener, und, im zweiten Teil, mehr als zweihundert alte Werke, «schwer erklärbare oder rätselhafte», «ins Licht setzen»: Büsten, Statuen, Basreliefs, Gemmen, Gemälde, Vasen, Mosaiken.
Der Plan stand fest Ende 1761: «Erklärung schwerer Punkte in der Mythologie, den Gebräuchen und der alten Geschichte, alles aus unbekannten Denkmälern des Alterthums», die Denkmäler vorgestellt in Kupfern.
Vor den Stichen die Zeichnungen. Giovanni Battista Casanova, Bruder des sagenhaften Liebhabers, wurde Winckelmanns erster Helfer. Casanova sei der beste Zeichner in Rom, ein Mann, der das Geheimste der Kunst durchgeschaut habe.
Allerdings, im Herbst 1763 ging Casanova nach Dresden. Er ließ Winckelmann mit der Hälfte der Zeichnungen sitzen.
Im Sommer 1765 arbeiteten vier Kupferstecher für Winckelmann.
Winckelmann war sein eigener Verleger und trug alle Kosten allein.
Das große Werk erschien im April 1767.
Nach Ostern konnte dem Papst ein Exemplar überreicht werden.
Obgleich erschöpft von der Arbeit an den «Monumenti» und als Fremdenführer, dachte Winckelmann an eine Reise, die vierte, nach Neapel.
Der Prinz von Mecklenburg-Strelitz, August, hatte Winckelmann die Beziehung zu Sir William Hamilton, dem neuen englischen Gesandten am Hofe von Neapel, vermittelt.
Hamilton besaß eine große Sammlung griechischer Vasen. Er dachte daran, Winckelmann könnte, zusammen mit Hugues alias d’Hancarville, seine Vasen beschreiben. Er wollte Winckelmann nützlich sein beim Verkauf der «Monumenti» in England.
Mehr als Hamilton mit seinen Vasen zog Johann Hermann Riedesel Winckelmann nach Süden. «Er ist mein Freund, und mein Herz wallt ihm entgegen, so oft ich an ihn gedenke.»
Winckelmanns liebster Schüler, seit Riedesel 1763 in Rom geweilt.
Winckelmann hatte ihn gelehrt, die Kunst des Altertums mit Winckelmanns Augen zu sehen.
Riedesel, auf der Reise nach Sizilien, machte Halt in Rom, aber traf Winckelmann nicht an.
Der war in Porto d’Anzo, im Landhaus Albanis, wo er Erholung von seinen Schwindelanfällen suchte.
«Des Morgens stehe ich vor Tage auf, mache Feuer im Kamin von Myrtenholze, welches hier das häufigste ist; und alsdann die Cioccolate; lese drei Stunden, gehe längs dem Ufer der See und in den angenehmen Villen auf der Höhe des Ufers. Zu Mittag wird gut gegessen, in Gesellschaft einer alten Frau, die aber für allerlei Gesellschaft geschaffen ist. Meldet sich der Schlaf, wird Mittagsruhe gehalten.» «Dieses ist der Ort meiner Seligkeit.»
Seine Gesellschaft war die Fürstin Therese, geborene Borromeo, Witwe Carlo Albanis.
Riedesel schrieb nach Rom, was ihm im Süden vor Augen gekommen: Vasen im Museum des Prinzen Biscari, Vasen bei den Jesuiten in Palermo, Vasen bei den Benediktinern in Catania.
Winckelmann wollte die Vasen jetzt sehen.
Am 19. September 1767 fuhr er mit der Post aus Rom ab.
In Neapel wohnte Winckelmann bei d’Hancarville.
So oft er Lust hatte, ging er abends in das Haus von Sir William
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