Vorerst gescheitert – Wie Karl-Theodor zu Guttenberg seinen Fall und seine Zukunft sieht
dosierte Auftreten in solchen Formaten dazu beitragen, der zunehmenden Politik-Ermüdung der Bevölkerung entgegenzuwirken.
Können Sie es verstehen, wenn Leute sagen: Der ist doch ohnehin vom Schicksal geküsst worden, wozu brauchte der noch einen Doktortitel, den er sich dann auch noch auf solche Weise erworben hat?
Ja, aber als ich damals die Doktorarbeit angefangen hatte, hat mir das wissenschaftliche Arbeiten auch Spaß gemacht.
Wozu brauchten Sie diesen Titel? Sie hatten doch schon einen.
Soll ich etwa das wissenschaftliche Arbeiten sein lassen, bloß weil ich einen ererbten Adelstitel habe? Was ist das für eine Logik? Es ist natürlich von besonderer Ironie, dass ich dann so unelegant gescheitert bin.
Würden Sie sagen, dass Sie ein privilegierter Mensch sind?
Ich durfte mit vielen Segnungen aufwachsen, und das war einer der Gründe dafür, dass ich gesagt habe, man |62| muss von diesem Glück auch etwas zurückgeben. Man könnte ja mit derselben Berechtigung sagen: Der hat ja schon alles, der muss ja nicht in die Politik gehen – auch diesen Spruch gibt’s. Ich glaube aber, dass daraus sogar eine Verpflichtung erwächst, wenn man mit etwas mehr Glück aufwachsen durfte als andere.
Das betont auch Ihr Vater gern, dass seine Söhne etwas zurückgeben müssten.
Es hat in unserer Erziehung auf jeden Fall eine Rolle gespielt. Und ich erziehe meine Kinder wieder so.
Ist Adel für Sie gleichbedeutend mit Elite?
Nein, aber einige Adlige haben den Anspruch, Elite zu sein. Aber das muss nicht bedeuten, dass es auch alle wirklich sind.
Sehen Sie Ihre Familie und sich selbst als Elite?
Auf jeden Fall gab und gibt es dort den expliziten Anspruch, Elite sein zu wollen.
Ist das für Sie Vermessenheit, eine Bürde oder eine Auszeichnung?
Es erzeugt sicherlich Druck. Aber das muss ja auch nicht falsch sein.
Kommt drauf an, was der Druck mit dem Einzelnen macht.
Ich würde diesen Druck jedenfalls nicht zwingend als Ursache für das Scheitern an der Doktorarbeit sehen. Aber ohne diesen selbst gesetzten Anspruch hätte ich vielleicht einen etwas klareren Blick gehabt – und das Promotionsprojekt angesichts der Doppelbelastung aufgegeben.
|63| Ihre Biographie wirkt stellenweise wie die eines Menschen, der ein Geltungsbedürfnis hat.
Ich frage mich, weshalb ich diesen Eindruck hinterlasse.
Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Die Kollegen vom »Stern« haben Ihre Abi-Zeitung ausgegraben. Darin heißt es, Sie hätten »ohne weiteres zum Ausredenbaron gekrönt werden können« – obwohl es eigentlich hätte auffallen müssen, dass Ihre Mutter laut Entschuldigungsschreiben »innerhalb von zwei Monaten etwa fünf Kinder bekam«.
Ja, es gab eine Zeit, in der ich in jugendlicher Revolutionsstimmung ziemlich exzessiv geschwänzt habe. Aber das hat doch nichts mit Geltungsbedürfnis zu tun.
Waren das pubertäre Wirren?
Ja, und es waren Wirren, die sich dann nach einer gewissen Zeit wieder gelegt haben.
Dann gibt es Passagen in der Biographie, die Eckart Lohse und Markus Wehner über Sie geschrieben und an der Sie ja mitgewirkt haben, …
… ja, diese Biographie ist leider doch mit einigen Unwahrheiten gespickt …
… in dieser aufschlussreichen Biographie jedenfalls ist zu lesen, dass Sie in Ihrem Lebenslauf Praktika zu Berufserfahrungen aufgepumpt hätten.
Wenn ich in New York bin und dort ein Praktikum mache, aber gleichzeitig für den Familienbetrieb unterwegs bin, kann ich das doch berufliche Erfahrung nennen.
Und das Praktikum bei der »Welt«?
|64| Das war zunächst ein Praktikum, dann habe ich darum gebeten, ob ich noch eine Weile als Freier schreiben darf, und diese Bitte wurde mir für etwa zwei bis drei Monate erfüllt.
Im Pressearchiv findet man nicht so viele Artikel von Ihnen, Wehner und Lohse haben für die Zeit vom Mai bis zum Oktober 2001 acht Beiträge für die »Welt« gezählt, vier davon hätten Sie gemeinsam mit anderen verfasst.
Jeder Zeitungsnovize wäre wohl glücklich, acht Artikel in einer namhaften Tageszeitung veröffentlichen zu dürfen. Es waren nicht exorbitant viele Artikel unter meinem Namen. Aber einige weitere Artikel sind auch nur mit »ktg« oder bei entsprechender Agenturverarbeitung mit »DW« signiert.
Hat Ihnen denn dieser Ausflug in den Journalismus Spaß gemacht?
Ja, durchaus. Ich wollte danach zwar nicht Journalist werden, aber ich fand die Erfahrung bereichernd.
Inwiefern?
Insofern, als ich in dieser Zeit auch sehr viel über menschliche Stärken und
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