Vorerst gescheitert – Wie Karl-Theodor zu Guttenberg seinen Fall und seine Zukunft sieht
Schwächen lernen durfte, die es in diesem Geschäft gibt und die sich nur partiell von dem unterscheiden, was ich später im politischen Betrieb kennengelernt habe. Sie finden im Journalismus zum Beispiel die gleichen Schattierungen der Eitelkeit. Und es gibt auch interessante Formen der Intriganz, die sich durch eine Redaktion ziehen können und sich manchmal nicht von den Spielarten in der Politik unterscheiden. Es menschelt einfach genauso wie in anderen Berufen, wo ein gewisser Druck und ein gewisses |65| Machtbewusstsein herrschen. Das bekommen Sie sogar als Praktikant mit.
Haben Sie das Gefühl, dass Politiker und Journalisten wesensverwandt sind?
In gewissen Mustern ja, mit dem einzigen Unterschied, dass der Politiker sich nicht so gut aus der Schusslinie nehmen kann. Der Schutzwall um einen Journalisten ist meistens etwas ausgeprägter; man kann sich in diesem Beruf auch mal eine ganze Weile komplett zurückziehen, wenn man im Feuer steht. Das ist bei einem Politiker, der täglich auf ein gewisses Maß an öffentlicher Aufmerksamkeit angewiesen ist, etwas anderes.
Wie weit reicht Ihrer Meinung nach die Macht von Journalisten?
Die reicht bis zur Zerstörung von Menschen. Es gibt gottlob nur sehr wenige Journalisten, die das bewusst nutzen. Aber es geschieht immer mal wieder.
Stimmt es denn, dass Sie in der Berliner »Welt«-Redaktion schon mal mit »knickerbockerähnlichen Beinkleidern« auftauchten?
Nein, das ist kompletter Unsinn. Ich habe Lederhosen, aber die habe ich nie in Berlin in der Redaktion angehabt. Ich bin doch nicht lebensmüde …
»Ein Minister hat keine Holschuld« – Die Kundus-Affäre
Herr zu Guttenberg, Sie haben vorhin gesagt, man müsse Ihr politisches Wirken an den Fakten messen, nicht an der Doktorarbeit. Ich würde gern mit der Kundus-Affäre beginnen.
Einverstanden.
|66| Ganz kurz zum Ablauf: Als Oberst Georg Klein in der Nacht vom 3. auf den 4. September 2009 den Befehl gab, zwei von Taliban entführte Tanklaster in Kundus zu bombardieren, waren Sie noch gar nicht Verteidigungsminister. Kurz nach Ihrem Amtsantritt am 28. Oktober erklärte dann der Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, der Presse, Kleins Befehl sei »militärisch angemessen« gewesen. Das gehe aus dem Untersuchungsbericht der NATO, dem Comisaf-Bericht, hervor. Warum sind Sie wenige Tage später über diese Formulierung hinausgegangen?
Wie war noch mal die genaue Formulierung?
Sie haben hinzugefügt: »Selbst wenn es keine Verfahrensfehler gegeben hätte, hätte es zum Luftschlag kommen müssen«. Was hat Sie dazu bewogen?
Das, was mir von den Fachleuten in diesen Tagen geschildert wurde. Mir hat sich das damals so erschlossen. Ich war neu im Amt und ich habe mich briefen lassen und Einschätzungen eingeholt über das, was da vorgefallen war. Und ich habe diese Formulierung am Abend zuvor General Schneiderhan mitgeteilt, den Fachmann also bewusst noch mal darauf hingewiesen – und habe keine Widerrede bekommen. Wenn es später hieß, dieser Satz sei angesichts der tatsächlichen Umstände unpassend gewesen, hätten bei Fachleuten doch alle Alarmglocken schrillen müssen. Aber dann erwarte ich, dass man als Fachmann dem neuen Minister sagt, so geht das nicht.
Wollten Sie mit Ihrem Satz auch ein Signal an die Truppe in Afghanistan senden?
Nein, das war damals nicht ausschlaggebend. Die Formulierung war das Resultat dessen, was mir von den |67| Fachleuten meines Hauses in dieser Woche geschildert wurde. Und ich war auf deren Rat angewiesen, weil ich die fachlichen Kompetenzen nach so wenigen Tagen im Amt noch nicht hatte und auch nicht haben konnte.
Manche Stimmen im Verteidigungsministerium sollen Sie vor Schneiderhan und dem damaligen Staatssekretär Peter Wichert gewarnt haben; die beiden galten als die heimlichen Chefs. Warum haben Sie nicht von Anfang an gesagt, ich trenne mich von denen?
Weil es dazu keinen Anlass gab. Welche Stimmen da auch immer zu hören waren: Als Minister begegnet man solchen Gerüchten erst mal mit einem gesunden Misstrauen.
Weil es auch immer intrigante Stimmen gibt?
Ja. Man muss sich ja erst mal ein Bild machen von den Menschen, von denen man umgeben ist. Warum soll man sich gleich am Anfang von jemandem trennen, den man noch nicht einmal kennt? Ich hatte die beiden Herren nur in den Bundestagsausschüssen erlebt, wo sie gelegentlich als Experten auftraten. Aber ich kannte sie nicht als Mitarbeiter.
Stimmt es denn, dass Ihr Eindruck von den
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