Vorgetäuscht: Liebesroman (German Edition)
dem anderen und hörte damit erst auf, als ich mit der Highschool fertig war. Besonders gerne mochte ich Detektivgeschichten und Museumseinbrüche. Ich erinnere mich auch an die Beat-Schriftsteller und dass sie mir unheimlich gut gefallen haben. Ich weiß nicht, warum ich mit dem Lesen dann aufgehört habe. Geschrieben habe ich nur für die Schule – und ab und an ein Gedicht für meine Freundin.
Wie seine Freundin wohl war, fragte ich mich. Ich verspürte einen kurzen, aber heftigen Stich Eifersucht.
Als er fertig war, bat ich ihn, das Ganze laut vorzulesen, und das tat er und korrigierte dabei die Tippfehler.
»Was lesen Sie heute?«, fragte ich ihn.
»Im Wesentlichen die Kunst- und Freizeitbeilage der
New York Times
. Mehr Zeit habe ich nicht.«
»Und was schreiben Sie?«
»Schecks.«
Dann gab ich ihm ein kurzes Stück von Donald Murray zu lesen:
Zwischen Zwiebeln und Orangen, oder wie ein Junge zum Mann wird
. Nachdem er es durchgelesen hatte, unterhielten wir uns über Murrays Stil und seine sinnlichen Beschreibungen sowie über unsere Vorstellung, eine eigene Geschichte zu schreiben, wenn wir die eines anderen lesen. Devin sollte eine eigene Geschichte in Murrays Stil verfassen. Er schrieb über sein erstes sexuelles Abenteuer im Alter von fünfzehn. Nachdem er sie vorgelesen hatte, wandte ich mich ab und trank einen Schluck Wasser. Etwas lief mir aus dem Mund am Kinn herab. MeineWangen hatten sich gerötet, und das fiel ihm auf, als er vom Bildschirm hochsah.
»Entschuldigung, ich wusste nicht, dass Ihnen das peinlich ist.«
»Ich kann jedenfalls erkennen«, sagte ich, »dass Sie das mit der sinnlichen Beschreibung gleich gelernt haben. Und Sie haben ein interessantes Wort benutzt, um die Begegnung zu beschreiben:
lasziv
. Woher haben Sie das?«
»Ich hab ein paar Sexbücher gelesen, als ich mich selbstständig gemacht habe.«
»Das haben Sie in Ihrer Erzählung gar nicht erwähnt.«
»Wusste nicht, dass so was auch zählt.«
»Alles zählt.«
Ich machte mir gedanklich die Notiz,
lasziv
noch mal nachzuschlagen, wenn ich nach Hause kommen würde.
Devins Uhr piepte, die erste Stunde war rum. Er stand auf und trank den letzten Schluck seines Biers.
»Okay, Andi. Ziehen Sie das T-Shirt aus.«
Ich war entgeistert. »Was?«
»Sie haben mich doch verstanden.« Er richtete eine Fernbedienung auf die Stereoanlage. Club Music plärrte aus den Lautsprechern in allen vier Ecken. Er suchte weiter, und jedes Mal erklangen Songfetzen aus den Lautsprechern, einige von ihnen kannte ich sogar. »Was für eine Musik mögen Sie denn?«, fragte er, immer noch auf der Suche von einer Station zur nächsten.
»Beatles, Hendrix, Clapton, Nat King Cole, Diana Krall, Norah Jones, John Mayer …«
Er starrte mich an und zog eine Augenbraue hoch.
»Ich stehe auf Gitarre und Klavier.«
»Bei was für einer Musik fühlen Sie sich sexy?«, fragte er.
Ich dachte nach. »Keine Ahnung. Darüber habe ich nie nachgedacht.«
»Das ist Ihre erste Hausaufgabe: Hören Sie sich Ihre CDs anund erstellen Sie eine Liste von Songs, bei denen Sie sich sexy fühlen oder in Stimmung kommen.«
Er ging zu dem CD-Regal neben der Stereoanlage, strich mit einem Finger daran herunter und zog eine CD-Hülle heraus. Als er sie öffnete, fiel die CD heraus und trudelte wie eine überdimensionale Münze über den Boden. Er hob sie wie ein Frisbee auf, und aus irgendeinem Grund störte es mich, als ich die Fingerabdrücke auf der glänzenden Oberfläche sah. Ich nahm meine CDs immer behutsam an den Rändern hoch. Sekunden später schmetterte Etta James
I Just Wanna Make Love to You
. Devin programmierte die Anlage auf Wiederholung. Dann führte er mich zu einem großen Spiegel.
»Als Erstes«, begann er, »möchte ich, dass Sie sich gut dabei fühlen, Ihren Körper bei Tag zu zeigen. Nichts macht einen Mann nervöser als eine Frau, die irgendwelche Hemmungen hat.«
»Warum?«
»Es ist, wie in eine Schlangengrube zu fallen«, erklärte er mir. »Wenn wir versuchen, irgendwas zu sagen, damit sich die Frau besser fühlt, sagen wir bestimmt irgendwas Dummes, wodurch sie sich noch schlechter fühlt; sagen wir aber gar nichts, ist es noch schlimmer, denn dann fragt sich die Frau, was wir denken, und antwortet an unserer Stelle, und dabei kommt natürlich immer etwas Falsches heraus.«
»Was denken Sie?«
»Mann, hoffentlich fragen Sie mich nicht, ob Sie fett aussehen.«
»Und wenn sie fett ist?«, fragte ich prompt. »Ich meine, wenn sie
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