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Vorhang auf für eine Leiche

Vorhang auf für eine Leiche

Titel: Vorhang auf für eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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neidisch sein, wenn sie das hört. Na ja, vielleicht nicht neidisch, aber doch ein klein bisschen eifersüchtig.«
    »Ist Phyllis Wyvern etwa die Lieblingsschauspielerin von Mrs Richardson?«
    »Ich glaube eher nicht. Aber Cynthia ist eine Cousine von Stella Ferrars, die wiederum den Roman Der Schrei des Raben geschrieben hat, die Vorlage für den Film, der hier gedreht werden soll. Eine Cousine dritten Grades zwar nur, aber doch immerhin eine Cousine.«
    »Tatsächlich?« Ich wollte meinen Ohren kaum trauen.
    »Ja, kaum zu glauben, was? Ich kann es selbst nicht so recht begreifen. Stella ist seit jeher das schwarze Schaf der Familie gewesen, bis sie einen Gutsbesitzer heiratete, sich im Hochland niederließ und dort eine endlose Serie von Reißern verfasste, von denen Der Schrei des Raben nicht der letzte sein wird. Cynthia wollte gern vorbeikommen und Miss Wyvern ein paar Tipps geben, wie sie die Rolle der Heldin am besten spielen sollte.«
    Fast hätte ich laut »Pffft! «gemacht, verkniff es mir aber zum Glück.
    »Und deshalb sind Sie gekommen? Um mit Miss Wyvern zu sprechen?«
    »Äh, ja«, antwortete der Vikar, »aber nicht über dieses Thema. Weihnachten ist, wie du mich zweifellos schon mehr als einmal hast sagen hören, eine der besten Gelegenheiten, nicht nur etwas zu bekommen, sondern auch etwas zu geben. Darum hege ich die Hoffnung, dass Miss Wyvern sich einverstanden erklärt, für uns ein paar Szenen ihrer größten Triumphe aufzuführen – natürlich alles für einen guten Zweck. Das Kirchendach zum Beispiel, meine Güte …«
    »Soll ich Sie mit Miss Wyvern bekannt machen?«, fragte ich.
    Ich dachte, der gute Mann würde auf der Stelle einen Herzinfarkt bekommen. Er biss sich auf die Unterlippe und kramte ein Taschentuch hervor, wie um seine Brillengläser zu säubern. Als er merkte, dass er die Brille gar nicht dabeihatte, putzte er sich stattdessen die Nase.
    »Wenn du meinst«, sagte er.
    »Ich hoffe nur, dass wir nicht stören«, fügte er hinzu, als wir die Treppe hochgingen. »Ich spiele nicht gern den Bittsteller, aber manchmal bleibt einem nichts anderes übrig.«
    Damit meinte er Cynthia.
    »Unser letztes Unternehmen war ein ziemlicher Reinfall, was? Deshalb müssen wir uns jetzt umso größere Mühe geben.«
    Damit spielte er natürlich auf Rupert Porson an, den verstorbenen Puppenspieler, dessen Aufführung vor einigen Monaten im Gemeindesaal mit einer jähen Tragödie und einer verspotteten Frau geendet hatte.
    Bun Keats saß auf dem oberen Treppenabsatz auf einem Stuhl und hatte das Gesicht in den Händen vergraben.
    »Oh je«, sagte sie, als ich ihr den Vikar vorstellte. »Tut mir furchtbar leid, aber ich habe leider schlimme Migräne.«
    Ihr Gesicht war weiß wie hart gefrorener Schnee.
    »Sie Ärmste«, sagte der Vikar und legte ihr die Hand auf die Schulter. »Sie haben mein vollstes Mitgefühl. Meine Frau leidet ebenfalls an dieser Malaise.«
    Cynthia? Migräne? Das würde allerdings einiges erklären.
    »Manchmal hilft ihr eine warme Kompresse«, fuhr er fort. »Die gute Mrs Mullet kann Ihnen sicherlich eine machen.«
    »Ach, es geht schon …«, setzte Bun Keats an, aber der Vikar war die Treppe schon wieder halb hinuntergegangen.
    »Oje!«, sagte sie zerknirscht. »Ich möchte niemandem zur Last fallen, aber in diesem Zustand kann ich kaum noch klar denken.«
    »Das macht dem Herrn Vikar nichts aus«, versicherte ich ihr. »Er ist ein famoser Kerl, der immer nur an andere denkt. Eigentlich ist er vorbeigekommen, um Miss Wyvern womöglich zu einem Auftritt zu überreden, bei dem ein paar Spenden für die Kirche herausspringen würden.«
    Ihr Gesicht wurde noch weißer, falls das möglich war.
    »Auf keinen Fall! Das darf er sie nicht fragen. Sie hat eine richtige Allergie gegen solche Wohltätigkeitsveranstaltungen. Hat wahrscheinlich mit irgendwas in ihrer Kindheit zu tun. Sag ihm das lieber gleich, bevor er dieses Thema anschneidet. Andernfalls gibt es eine sehr unerfreuliche Szene!«
    Der Vikar kam schon wieder zurück, wobei er erstaunlicherweise zwei Stufen auf einmal nahm.
    »Lehnen Sie sich zurück, gute Frau, und schließen Sie die Augen«, sagte er in einem säuselnden Tonfall, den ich von ihm gar nicht kannte.
    »Miss Keats hat gesagt, dass Miss Wyvern indisponiert ist«, teilte ich ihm mit, während er das zusammengefaltete Handtuch auf Buns Stirn legte. »Da wäre es vielleicht besser, wenn wir nicht …«
    »Selbstverständlich. Selbstverständlich!«
    Ich würde

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