Vorhang auf für eine Leiche
Schauspielern vorgestellt, angefangen mit dem Jungen, der den Helden als Kind spielt und im Eis einbricht, bis hin zu Phyllis Wyvern höchstpersönlich.«
»Du scheinst dich da ja bestens auszukennen.«
»Man muss mit der Zeit gehen«, erwiderte Daffy sichtlich stolz. »Außerdem wurden letztes Jahr bei den Fosters ein paar Außenaufnahmen gedreht, da hat Flossie mir alles brühwarm erzählt.«
»Wenn nur draußen gedreht wurde, hat sie bestimmt nicht viel mitgekriegt.«
»Du würdest dich wundern«, erwiderte Daffy vielsagend und widmete sich wieder ihrem Buch.
Um halb fünf klingelte es. Ich hatte auf der Treppe gesessen und den Elektrikern dabei zugeschaut, wie sie meilenweise schwarzes Kabel von der Eingangshalle bis in die entlegensten Winkel des Hauses verlegten.
Vater hatte uns angewiesen, in unserem Wohnbereich zu bleiben und die Leute nicht bei der Arbeit zu stören, und ich tat mein Möglichstes, seinem Wunsch zu entsprechen. Da die Osttreppe zu meinem Zimmer und zum Labor führte, konnte man sie streng genommen als Teil meines Wohnbereichs betrachten. Außerdem hatte ich nicht vor, die Filmleute bei ihrer Arbeit zu stören.
Sie hatten in der Eingangshalle mehrere Stuhlreihen aufgestellt, als wollten sie eine Versammlung abhalten. Ich musste mich zwischen den Stühlen hindurchschlängeln, um zur Tür zu gelangen.
Bei dem Krach und dem ganzen Gewusel der Arbeiter hatte Dogger die Klingel offenbar überhört.
Ich öffnete die Tür – und vor mir stand zu meinem Erstaunen unser Vikar Denwyn Richardson.
»Tag, Flavia«, sagte er, klopfte sich die Flocken von seinem dicken schwarzen Mantel und stampfte wie ein Droschkengaul mit den Füßen, »wie schön, dich zu sehen. Darf ich reinkommen?«
»Selbstverständlich«, antwortete ich, doch als ich beiseitetrat, überkam mich eine bange Vorahnung. »Sie bringen doch keine schlechten Nachrichten von Vater, Herr Vikar?«
Obwohl der Vikar einer der ältesten und engsten Freunde unseres Vaters war, stattete er Buckshaw nur sehr selten einen Besuch ab, und ich wusste, dass ein unerwarteter Vikar vor der Tür ein schlechtes Zeichen sein konnte. Vielleicht hatte Vater in London einen Unfall gehabt. Vielleicht war der Zug aus den Gleisen gesprungen und in einem verschneiten Feld umgestürzt. Falls ja, hätte ich eigentlich nicht die Erste sein wollen, die davon erfuhr.
»Grundgütiger, wo denkst du hin!«, erwiderte der Vikar. »Dein Vater ist doch heute nach London gefahren, oder nicht? Ein Briefmarkentreffen oder etwas in der Art?«
Auch das war typisch für Geistliche: Sie wussten über alles und jeden Bescheid.
»Kommen Sie denn nicht herein?«, fragte ich, weil mir nichts Besseres einfiel.
Als er über die Schwelle trat, merkte der Vikar anscheinend, dass ich staunend an ihm vorbei auf seinen müden alten Morris Oxford blickte, der auf dem Vorplatz stand und für sein Alter erstaunlich gut in Schuss war. Eine Schicht Schnee auf Dach und Haube ließ ihn wie eine übertrieben mit Zuckerguss vollgekleisterte Hochzeitstorte aussehen.
»Winterreifen plus Schneeketten«, sagte der Vikar mit gedämpfter Stimme. »Das Geheimnis eines jeden erfolgreichen geistlichen Amtes. Den Tipp habe ich vom Bischof, aber erzähl’s nicht weiter. Er hat ihn sich bei den amerikanischen Soldaten abgeschaut.«
Ich lachte und schlug die Tür zu.
»Lieber Himmel!«, sagte er, als er das Kabelwirrwarr und den Wald aus Scheinwerfern erblickte. »So hatte ich mir das nicht vorgestellt.«
»Wussten Sie davon? Von den Dreharbeiten, meine ich?«
»Aber ja. Dein Vater hat vor einiger Zeit davon gesprochen. Er hatte mich allerdings gebeten, Stillschweigen zu bewahren, was ich natürlich getan habe. Aber als jetzt der riesige Konvoi durch Bishop’s Lacey gerollt ist und die Karawanserei ihr Lager auf Buckshaw aufgeschlagen hat, ist es wohl die längste Zeit ein Geheimnis gewesen, was? Ich muss gestehen, Flavia, als ich hörte, dass Phyllis Wyvern herkommt, in Fleisch und Blut sozusagen, hier nach Buckshaw, da habe ich meine eigenen Pläne geschmiedet. Es geschieht nicht oft, dass wir uns über einen so erlauchten … so strahlenden … Gast freuen dürfen, und, tja, letztendlich muss man das Mahlgut mahlen, das einem zur Verfügung gestellt wird. Wobei ich keinesfalls gesagt haben möchte, dass Phyllis Wyvern in irgendeinem Sinne des Wortes Mahlgut wäre, aber …«
»Ich habe sie heute Morgen kennengelernt«, kam ich ihm zu Hilfe.
»Tatsächlich?! Da wird Cynthia aber
Weitere Kostenlose Bücher