Vorhofflimmern
mehr
Schwachsinn von mir zu geben.
„Tut mir leid, aber ich muss wieder arbeiten. Du hast
Frühdienst, oder? Dann sehen wir uns praktisch morgen nach der Visite. Ich kann
es kaum erwarten, dich wieder zu sehen, auch wenn es nur kurz ist.“
„Ja, geht mir genauso.“
„Also dann, kleine Kriegerin, mach dir noch einen schönen
Abend und träum von mir!“
„Das werde ich“, flüsterte ich noch, bevor mir eine
unbekannte Frau erklärte, dass die Verbindung beendet wurde.
„Und wie ich von dir träumen werde, mein Schatz “,
sagte ich zu der Automatenstimme und legte auf.
Kapitel 2 5
Der Montagmorgen war windig und
verregnet. Ein kalter Herbsttag, wie er im Buche stand. Obwohl ich diese Nacht
wieder kein Auge zugetan hatte, hüpfte ich mit einer völlig ungewöhnlichen
guten Laune in die Notaufnahme, die im krassen Gegenteil zu dem trübseligen Wetter
stand.
Der Grund, warum ich nicht schlafen hatte können, war Frank
gewesen. Vera hatte mir spät abends noch eine SMS geschrieben, in der sie
erklärt hatte, dass es ihm soweit gut gehe und dass aus ihrer Sicht die Dinge
bald schon wieder in Ordnung kommen würden. Obwohl mir in dieser Sache die
Hände gebunden waren, zerbrach ich mir ständig darüber den Kopf, ob sich Veras
Zuversicht bewahrheiten würde, oder ob ich in der Vergangenheit etwas hätte
besser machen können.
Der Grund, dass ich trotzdem himmelhochjauchzend in die
Arbeit kam, war natürlich Desiderio. Die ganze Nacht hatte ich meine Nase an
der Stelle vergraben, an der er in meinem Bett geschlafen hatte und hatte gierig
seinen Geruch eingesogen, der immer noch leicht in den Laken hing. Dass ich
dabei vermutlich aussah, wie ein verrückter Klebstoffschnüffler war mir
herzlichst egal. Wenn man nach einem Geruch süchtig werden konnte, dann war ich
es jetzt. Und ich stand dazu.
Als ich nun voller Vorfreude durch die Ambulanz schwebte
spähte ich aufgeregt in jedes Zimmer, in der Hoffnung ihm zu begegnen. Er war
nirgends zu entdecken und ich wusste natürlich, dass die Ärztemannschaft um
diese Zeit den Tag mit diversen Besprechungen und Visiten startete und er
deshalb nicht da war. Trotzdem war ich ein bisschen enttäuscht.
In der Schwesternküche wurde ich von meinen Kollegen begrüßt,
als wäre ich direkt aus einer Kriegsregion zurückgekehrt. Sandra hatte gute
Arbeit geleistet und die Sache mit meinem Überfall war inzwischen bis ins
kleinste Eck des Krankenhauses vorgedrungen. Das hatte ich zwar beabsichtigt,
als ich ihr davon erzählt hatte, aber meine Hoffnung, dass sich die erste
Aufregung dann bis heute gelegt hätte, erfüllte sich leider nicht.
Obwohl der Bluterguss an meiner Wange nur noch ein leichter
Schatten war, taten alle so entsetzt, dass ich zwischendurch mein Spiegelbild
kontrollierte, weil ich selber schon glaubte, dass das Veilchen wieder voll
zurück war. Das war es Gott sei Dank nicht und ich fand das Getue meiner
Kollegen langsam richtig albern.
„Bist du dir wirklich sicher, dass du schon arbeiten
willst?“, fragte Sandra, inzwischen zum vierten Mal.
So, jetzt reicht´s!
Ich rollte demonstrativ mit den Augen und stellte meine
Dieter-Tasse hart auf den Tisch.
„Sandra“, begann ich gepresst, „es ist alles in Ordnung. Mir
geht es gut, sonst wäre ich nicht hier. Außerdem würde mir Zuhause die Decke
auf den Kopf fallen, wenn ich noch länger herumgammeln würde. Der Alltag wird
mir da bestimmt besser tun.“
Diese Erklärung leuchtete ihr tatsächlich ein und sie gab
endlich Ruhe. Naja, sie beschränkte sich zumindest auf mitleidsvolle Blicke,
die ich gekonnt ignorierte. Das Schokocroissant, das sie mir zuschob,
entschädigte mich schließlich dafür. Manchmal durfte man sich ruhig bestechen
lassen.
Ein wenig später huschten die ersten Ärzte durch die
Notaufnahme, aber so sehr ich meinen Hals auch reckte, Desiderio konnte ich
nirgends sehen. War er schon nach Hause gegangen? Aber er hatte gesagt, dass
wir uns sehen würden! Und wenn er es vergessen hatte? Quatsch, der kommt schon
noch…
Meine Zuversicht schwand immer mehr und als wir dann langsam
die Arbeit in der Ambulanz aufnahmen, war ich schon beinahe am Boden zerstört.
Ich rügte mich zwar selbst, dass ich komplett überreagierte, aber trotzdem
hingen meine Schultern mit jeder Minute, die verstrich, immer weiter herunter.
Ich schlurfte gerade antriebslos am Arztzimmer vorbei, als
mich jemand am Arm packte und mit einem Ruck hineinzog. Mir entfuhr ein spitzer
Schrei der Überraschung, doch ehe
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