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Vorhofflimmern

Vorhofflimmern

Titel: Vorhofflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Danninger
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neben ihn. Beiläufig strich ich mit meiner Hand über seine
Hüfte, bahnte mir einen Weg in seine Hosentasche und ließ seinen
Haustürschlüssel hineingleiten. Mr. Obercool zuckte bei meiner Berührung nicht
einmal mit der Wimper.
    „Ja, wird wohl eine Prothese werden“, antwortete er stattdessen,
ohne mich dabei anzusehen.
    Mist, der Gegenschlag war missglückt.
    Sandra kam lautstark mit einem alten Herrn zurück, darum
musste ich Wohl oder Übel auf meine nächste Chance warten und zog mich vorerst
zurück.
    Leider war Desiderio schneller und landete schon bald seinen
zweiten Treffer.
    Ich stand gerade auf Zehenspitzen im Lagerraum und mühte mich
damit ab, einen großen Karton auf einen Schrank zu hieven, für den ich genau
drei Zentimeter zu klein war. Durch meine Versuche war ich so sehr abgelenkt,
dass ich nicht bemerkte, wie er hinter mich trat. Als ein schlanker Arm an mir
vorbei langte und den Karton mühelos nach oben schob, erschrak ich so sehr,
dass ich wahrscheinlich umgefallen wäre, hätte er nicht gleichzeitig seinen
anderen Arm um meinen Bauch geschlungen.
    „Himmel Herrgott!“, entfuhr es mir. „Hast du in deinen Wurzeln
auch ein paar Indianer, oder warum kannst du dich so gut anschleichen?“
    „Gern geschehen“, flüsterte er nur und schenkte mir einen
Kuss in den Nacken.
    Schon war er wieder verschwunden und ich musste wirklich kurz
überlegen, ob ich mir diese Begegnung nicht einfach nur eingebildet hatte.
Einzig der kribbelnde Fleck, den seine Lippen auf meiner Haut hinterlassen
hatten, überzeugte mich von der Realität.
    Im Beisein Anderer wagte ich es kaum noch Desiderio
anzusehen. Zu verlockend war es, den Blick an ihm haften zu lassen, wenn er auf
ihn traf und zu groß die Angst davor, dabei erwischt zu werden. Ich empfand
unser kleines Versteckspiel als unheimlich aufregend und genoss dieses
prickelnde Gefühl, das mich den ganzen Tag über begleitete.
    Desiderio war bei diesen Spielchen ein wahrer Meister. Immer
wieder schaffte er es, mich scheinbar zufällig zu berühren, oder mir leise
Komplimente ins Ohr zu flüstern. Wenn er sich absolut unbeobachtet fühlte, dann
zog er mich einfach zu sich ran und küsste mich, bis ich mich wieder von ihm
losstrampelte.
    Ich hatte gerade einen Patienten aus dem Behandlungszimmer
entlassen, als er mich an die Wand drängte und seine Lippen abermals auf mich
herabsenkte.
    „Hör auf. Sandra hätte uns vorhin schon fast gesehen“, japste
ich heiser, in einem zugegebenermaßen ziemlich halbherzigen Versuch ihn
abzuwehren.
    Er erhob einen Mundwinkel zu seinem verheißungsvollen
Lächeln. „Wäre das denn wirklich so schlimm?“
    Wäre es das nicht?
    „Wenn Sandra das hier sieht, weiß innerhalb von einer Stunde
das ganze Krankenhaus Bescheid“, gab ich zu Bedenken.
    „Das weiß ich“, meinte er nur und begann damit meinen Hals zu
küssen.
    „Aber… das ganze Krankenhaus“, versuchte ich zu
argumentieren, was bei all den Schauern, die mir gerade über den Rücken jagten,
nicht ganz einfach war.
    „Ich weiß“, wiederholte er, ohne aufzuhören.
    War ihm das wirklich egal, oder klopfte er hier nur Sprüche,
weil er wusste, dass ich noch nicht dazu bereit war, die Sache offiziell zu
machen?
    Natürlich war ich einmal wieder viel zu feige, um seine
Aussage zu testen, darum schob ich ihn mit energischem Nachdruck von mir, als
ich eine Unfallliege vorbeirumpeln hörte.
    „Es ist besser, wenn wir noch warten“, bestimmte ich.
    Er legte den Kopf schief und sah mir tief in die Augen. „Wie
du willst. Von mir aus könnte es sofort die ganze Welt erfahren. Für mich gibt
es nichts zu verbergen. Aber wenn du dich dabei nicht wohlfühlst, dann ist das
in Ordnung.“
    Seine Stimme klang fest und ehrlich. Das, was er gerade
gesagt hatte, meinte er ernst. Pures Glück rann durch meine Adern und
verursachte ein Rauschen in meinem Kopf.
    Trotzdem hielt mich irgendetwas zurück und ich blieb bei
meiner Entscheidung.
    „Noch nicht“, flüsterte ich. Mit einem Räuspern riss ich mich
schließlich aus seinem Blick, bevor ich noch komplett darin unterging. „Wir
sollten vielleicht wieder einmal an die Arbeit gehen, meinst du nicht?“
    Er überging mich einfach und fragte stattdessen: „Kommst du
heute wieder zu mir?“
    „Sehr gerne.“
    „Ich muss nach der Arbeit noch was erledigen, also sagen wir…
so gegen 18 Uhr?“
    „So gegen, oder um?“
    „Okay, machen wir um 18 Uhr“, lachte er. Dann gab er mir
einen letzten Kuss auf die Stirn.

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