Vorhofflimmern
erwähnt.
Desiderio trat gut gelaunt an den Patienten heran, während
meine eigene Laune in Höchstgeschwindigkeit in den Keller rauschte.
So ein Mist! Hätte ich gewusst, dass er die Wunde nähen
sollte, dann hätte ich meinen Kollegen herein geschickt.
Andererseits war es ja nur eine Frage der Zeit, bis wir
irgendwie miteinander arbeiten mussten.
Na schön, da musste ich jetzt durch.
Desiderio schenkte meiner Anwesenheit keine besondere
Beachtung. Er begutachtete fachmännisch die Verletzung von Herrn Meier und
erklärte ihm schließlich dasselbe Prozedere, das ich ihm schon geschildert
hatte.
„So, Herr Meier. Diese Wunde muss ich nähen. Keine Sorge,
dazu werde ich Ihnen eine lokale Betäubung verpassen. Das ist zwar ein wenig
unangenehm, aber immer noch besser, als Ohne. Sind irgendwelche Allergien bekannt?“
„Nein“, antwortete ich anstelle des Patienten und drückte
Desiderio die vorbereitete Lokalanästhesie in die Hand. „10ml Lokalanästhesie.
Tetanusschutz besteht. Ich hoffe, ein 3/0er Faden ist okay.“
Er nickte und nahm die Spritze entgegen. „Natürlich.“
Ich war unsagbar froh, dass er in Anwesenheit eines Patienten
seine Avancen unterließ. Er gab sich professionell und leger, so wie es unter
Arbeitskollegen eben sein sollte. Trotzdem blieb ich auf alles gefasst. Man
konnte ja nie wissen.
Mit Argusaugen verfolgte ich jeden seiner Handgriffe. Das war
nicht unbedingt persönlich gemeint, aber ich hatte schon zu viele
Anfängerfehler bei jungen Ärzten erlebt, als dass ich einem neuen Assistenten
sofort blindlings alles zutrauen würde.
Bei Desiderio schien meine Vorsicht unbegründet. Ich merkte
sofort, dass er genau wusste was er tat und er schon einiges an Erfahrung
mitbrachte.
Eigentlich musste ich sogar zugeben, dass mir seine Arbeit
sogar sehr gut gefiel.
Er hantierte schnell und sicher, und hatte Herrn Meier im
Handumdrehen wieder zusammengeflickt. Ich und der Patient waren also
gleichermaßen zufrieden, als er uns schon nach kurzer Zeit mit einem dicken
Verband verlassen durfte.
Kaum hatte sich jedoch die Tür hinter ihm geschlossen, spürte
ich wieder dieses Kribbeln im Nacken, das nur bedeuten konnte, dass Desiderio
mich beobachtete.
Zu früh gefreut!
Verbissen versuchte ich die Blicke in meinem Rücken zu
ignorieren und beseitigte schweigend die Hinterlassenschaften der
Wundversorgung. Als ich alles im Mülleimer verstaut, desinfiziert und die
Papierauflage der Liege erneuert hatte, musste ich mich wohl oder übel meinem
Schicksal stellen.
Betont lässig drehte ich mich zu Desiderio und hob fragend
eine Augenbraue.
Er lehnte mit verschränkten Armen an einem Schrank und
bemühte sich gar nicht erst so zu tun, als hätte er mich nicht die ganze Zeit
über angegafft.
„Hast du mir jetzt lange genug auf den Hintern geglotzt?“,
fragte ich patzig. Dass ich mich dabei lieber an der eigenen Nase packen
sollte, musste er ja nicht wissen.
„Hm...“ Er tat so, als müsste er ernsthaft über meine Frage
nachdenken. „Nein, ich glaube ich könnte das durchaus noch etwas länger
durchziehen.“
Frechheit!
„Sagt dir eigentlich der Begriff ´Sexuelle Belästigung am
Arbeitsplatz` etwas?“
Er gluckste. „Natürlich. Wobei ich schon sagen muss, dass du
die Erste wärst, die mir so etwas zur Last legen würde.“
„Ha! Das glaube ich gerne“, schnaubte ich.
„Allerdings finde ich, dass zu einem solchen Vorwurf doch
etwas mehr gehören sollte. Es ist ja schließlich auch kein Verbrechen eine
schöne Blume eingehend zu betrachten, oder?“
Wie bitte?
Für einen Moment war ich sprachlos. War das gerade ein
Kompliment, oder was?
Lena, lass dich ja nicht einlullen!
Schnell legte ich einen finsteren Gesichtsausdruck auf. „Tja,
ich bin aber nicht irgendein Gestrüpp, sondern eine Frau. Und Frauen können
sich durchaus durch Blicke belästigt fühlen.“
„Also, mit Gestrüpp hätte ich dich nun wirklich nicht
verglichen“, meinte er und grinste verschmitzt. Mit was er mich denn nun verglich,
überließ er meiner Fantasie. Wahrscheinlich hatte es mit fleischfressenden
Pflanzen zu tun. Nach einer kleinen Pause fuhr er fort: „Sag mal, Lena, hast du
heute Abend schon was vor?“
„Tja, Desi - re...“
„Desiderio.“
„Wie auch immer... jedenfalls bin ich leider für die nächsten
fünf Monate ausgebucht.“
„Ein Glück, dass ich sechs Monate hier bleiben werde.“
Ich stöhnte. „Okay, dann bin ich eben für die nächsten...“
„Das ist wirklich
Weitere Kostenlose Bücher